Am Morgen dieses 27. Mai beginnt
Murphy den Arbeitstag wie immer. Er
hat den sechsten Schalter an der Stirnwand
des langen Raumes. Es ist ein Arbeitsplatz,
der abseits der anderen
liegt.
Mr Murphy führt das Hauptbuch der
First National Bank in Medicine Bow,
Wyoming. Gleichzeitig bekleidet er die
Stellung eines Aufpassers. Kein Vorgang
an irgendeinem der übrigen fünf Schalter
bleibt ihm verborgen. Er sieht alles
was die Kunden und alles, was seine
Kollegen tun.
Der 27. Mai ist ein Sonnabend. Mr
Murphy stolziert zu seinem Schalter,
bückt sich und zieht die Schrotflinte
mit den abgesägten Läufen aus dem
Extrafach.
Vielleicht ist es Murphys Gedanke
an die morgige Truthahnjagd, der die
seit 14 Tagen unbeachtet daliegende
Schrotflinte aus der Dunkelheit des Faches
ins helle Licht über dem Tresen befördert.
Robertson, der Kassierer, blickt zu
Williams, dem zweiten Buchhalter. Williams,
jung und ständig zu einem Spaß
aufgelegt, grinst. Er verzieht dabei kurz
die Mundwinkel. Ein Zeichen seiner
Verachtung Murphy gegenüber, den
Williams für einen Spießer hält.
Jetzt blicken auch der erste Buchhalter
und der Kontenschreiber March zu
Murphy hin. Und beide wissen genauso
Bescheid wie Robertson und Williams:
Mr Murphy wird also morgen auf
Truthahnjagd gehen. Daher ist er heute
guter Laune. Sie kennen Murphys Angewohnheiten
so genau, dass sie sich
für einzelne Wünsche, die sie für Murphys
»Gute-Laune-Tag« aufgehoben
haben, eine Bewillungschance einräumen.
An einem solchen Tag der Vorfreude
ist Murphy selbst bei Vorschüssen
nicht kleinlich.
Murphy ist verheiratet, hat drei Kinder
und eine Frau, die er sicher niemals
geheiratet hätte, wenn er einen Blick in
die Zukunft hätte werfen können.
Zwar ist seine Frau nicht anspruchsvoll,
aber sie behält ständig das letzte Wort.
Hat Mr Murphy zuerst aufgemuckt,
dann ist er nun längst zu einem jener
stillen Dulder geworden, die jedem
Streit ausweichen, indem sie das Haus
einfach verlassen. Es soll vorkommen,
dass der Hauptbuchhalter Murphy
nach einem solchen Streit erst lange
nach Mitternacht das Haus wieder betritt.
Irgendwer hat erzählt, Murphy nächtige
dann auf dem Sofa im Wohnzimmer,
das für seine Körperlänge jedoch
zu kurz geraten ist. Seine Laune an
einem derartigen Tag ist gefürchtet.
Ansonsten aber ist Mr Jim Murphy
ein Muster an Pünktlichkeit, Genauigkeit
und Arbeitslust.
Ist er ganz besonders guter Stimmung,
dann erzählt er manchmal von
seiner Dienstzeit bei der Armee, India-
Zwei wurden Freunde
Western G. F. Waco
nerkriegen und sonstigen Gewaltdingen.
Niemand aber – und das ist sicher für
Murphy beschämend, wenngleich er
das nicht weiß – traut ihm jene Heldentaten
zu, die er angeblich vollbracht
haben will.
Mr Jim Murphy, fast einsneunzig
groß, hager, manchmal von Magenschmerzen
geplagt, die auf den Ärger
mit seinem Weib zurückzuführen sein
sollen, klappt die Flintenläufe nach
unten. Dann nimmt er den Kasten mit
den Patronen aus der Tischlade und
steckt zwei neue Ladungen in die Kammern.
Als er die Waffe