1. Kapitel –
London,1681
Jack Bannister war nach seinem eigenen Dafürhalten der glücklichste Mensch auf Gottes weitem Erdenrund. Soeben hatte ihn der Pfarrer der Kirche St. Nicholas in Deptford, dem Ortsteil von London, in dem sich die meisten Werften und Faktoreien der großen Handelshäuser befanden, mit Marie-Claire, der Tochter von Captain Gilbert Magminot, vermählt. Nun schritt er, ganz stolzer Ehemann und seine strahlende, junge Frau am Arm, durch das von Entermessern, Degen und Säbeln gebildete Spalier seiner Schiffskameraden, die das Paar hochleben ließen.
Die Braut war von ihrem Vater zum Altar geführt worden und ihre Hand dort von diesem in die seine gelegt worden. Wie sehr hätte Jack sich gewünscht, dass auch seine Eltern an seinem schönsten Tag dabei gewesen wären. Aber sein Vater, ebenso einst Captain in der Royal Navy wie Magminot – dessen Vorfahren, wie der Name unschwer erahnen ließ, aus Frankreich stammten –, war in der letzten Seeschlacht gegen die Holländer gefallen, und seine Mutter bald darauf aus Gram über den Tod ihres geliebten Mannes verstorben.
Jack, der eigentlich mit Vornamen Joseph hieß, was aber nahezu in Vergessenheit geraten war, wäre damals als junger Seekadett plötzlich allein auf dieser Welt gestanden und sich bestimmt sehr einsam und verlassen vorgekommen, hätten ihn die Magminots nicht wie einen Sohn aufgenommen. Sie und die Familie Bannister waren seit Urzeiten befreundet, bewohnten als Nachbarn Kapitänshäuser nahe der großen, königlichen Werft von Deptford, und Jack und Marie-Claire hatten schon als kleine Kinder am Strand der hier langsam und breit dahinfließenden Themse Sandburgen gebaut.
Jetzt war Jack Bannister Lieutenant und Erster Offizier an Bord der nagelneuenGolden Fleece, die mit ihren schnittigen Linien und der starken Bewaffnung eine Mischung aus Handels- und Kriegsschiff darstellte und ein gänzlich neues Kapitel in den Annalen derRoyal African Company aufschlagen sollte. Er hatte großes Glück gehabt, denn nach dem Ende der Feindseligkeiten gegen Holland waren viele Schiffe der Royal Navy ins Dock verholt oder gleich ganz abgewrackt sowie ihre Offiziere auf Halbsold gesetzt worden. Von dem konnte man nur äußerst bescheiden – oder eigentlich gar nicht – leben.
Doch Gilbert Magminot war nach dem Krieg bei derRoyal African Company untergekommen, deren oberster Schirmherr James Stuart war, der Duke of York und Bruder von König CharlesII., der zuvor während der Seekriege gegen die Niederlande das Amt des Lord High Admiral innegehabt hatte. Jeder in der Flotte wusste, dass James sich dabei nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte und es nur Admiral Monck zu verdanken gewesen war, dass es dem legendären holländischen Flottenführer Michiel de Ruyter nicht gelang, die überlegenen englischen Streitkräfte auf See vernichtend zu schlagen.
Letztlich war ein unbefriedigendes Unentschieden zwischen den beiden rivalisierenden Handelsmächten herausgekommen. Der Duke of York hätte den Krieg gern weitergeführt, doch das starke und selbstbewusste englische Parlament zwang König Charles, den teuren Krieg zu beenden. Und auch die Holländer waren an dessen Weiterführung nicht interessie