: Christof Weigold
: Der Mann, der nicht mitspielt Hollywood 1921: Hardy Engels erster Fall
: Verlag Kiepenheuer& Witsch GmbH
: 9783462318234
: Hollywood - Hardy Engel ermittelt
: 1
: CHF 10.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 640
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»In jeder Hinsicht ganz großes Kino zum Lesen« WDR 2 Krimitipp. Hollywood in den Roaring Twenties - die Zeit der Stummfilme und der Prohibition, ein wahres Sündenbabel. Rätselhafte Todesfälle erschüttern die Stadt und bedrohen die noch junge Filmindustrie. Mittendrin: ein deutscher Privatdetektiv.Hardy Engel, ein gescheiterter Schauspieler, wird von der schönen Pepper Murphy beauftragt, das stadtbekannte Starlet Virginia Rappe zu finden. Kurz darauf stirbt Virginia unter mysteriösen Umständen, nachdem sie eine Party des beliebten Komikers Roscoe »Fatty« Arbuckle besucht hat. Dieser wird beschuldigt, sie brutal vergewaltigt und tödlich verletzt zu haben. Angefacht von den Boulevardzeitungen entwickelt sich der Fall zu einem Skandal, der ganz Hollywood in den Abgrund zu ziehen droht. Hardy Engel ermittelt in rivalisierenden Filmstudios und in der Kolonie der Deutschen rund um Universal-Gründer Carl Laemmle. Als er schließlich die Wahrheit herausfindet, die allzu viele Leute vertuschen wollen, ist nicht nur sein Leben in Gefahr.

Christof Weigold, geboren 1966, schrieb Theaterstücke und war von 1996 bis 1999 fester Autor bei der »Harald-Schmidt-Show« in Köln, für die er auch vor der Kamera stand. Seit 2000 arbeitet er als freier Drehbuchautor für Film und Fernsehen. 2018 erschien der erste Band der Reihe um den deutschen Privatermittler Hardy Engel, »Der Mann, der nicht mitspielt«. Er wurde für den Glauser-Preis nominiert und mit dem Preis des Mordharz-Festivals ausgezeichnet. 2019 folgte der zweite Band »Der blutrote Teppich«. Christof Weigold lebt in München.

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Nachdem ich mich schnell umgezogen hatte und in meinen zweiten Anzug geschlüpft war – brauner abgetragener Tweed, ein weißes – oder fast weißes – Hemd mit Zelluloidkragen zum Wechseln, rote Krawatte, dazu mein Strohhut –, überquerte ich den Sunset Boulevard und erwischte auf dem Hollywood Boulevard noch gerade so die Straßenbahn. Genau genommen musste ich dem rotorangenen Trolleywagen derPacific Electric hinterherrennen und aufspringen, während er dreimal warnend seine Glocke läutete –Clongclongclong.

DerBig Red Car war auch am Sonntag voller Leute wie mir, dicht gedrängt. Nicht alle rochen gut. Ich roch nicht gut. Wir fuhren den Hollywood Boulevard Richtung Osten entlang, den mehr Palmen als Häuser säumten und Ölbohrtürme, die an dieser Ecke überall wie Pilze aus dem Boden schossen. Die paar Gebäude, die dazwischenstanden, gaben ungeheuer an.

Wir passierten das monumental aufragendeHollywood Hotel mit seinen vielen Türmchen, das wie eine Ritterburg in das Nirgendwo gesetzt worden war.

Die Tram hielt an einer Kreuzung abrupt an, und ich taumelte gegen meinen Nebenmann. Er las denLos Angeles Examiner mit der Schlagzeile, dass Chaplin sich in New York auf derOlympic in Richtung seiner englischen Heimat eingeschifft hatte. Ein anderer Fahrgast erzählte dem Haltegriff über sich laut von den Zeiten, als Chaplin noch die Straßenbahn genommen und auf dem Weg ins Studio seine Ideen mit ihm besprochen hatte.

»Sieben Filme habe ich mit ihm gemacht, wir sind dann immer raus nach Westlake gefahren, das ganze Team mitsamt Equipment, und haben einfach im Park gedreht. Ein Tramp, eine Frau, ein Polizist und ein See, in den man fallen kann, mehr braucht man ja nicht. Abends kamen wir mit einem fertigen Film nach Hause. Noch gar nicht so lange her, nur ein paar Jahre.«

Die anderen sahen alle zwanghaft aus dem Fenster und dachten vermutlich: Hoffentlich werde ich nicht auch mal so. Auch ich sah weg, zu der Sektion für Farbige ganz hinten und auf die Werbetafeln, die über unseren Köpfen prahlerisch verkündeten:Ich gehe meilenweit für eine Camel.

Nun fuhren wir an einem Kino vorbei, in dem geradeDie drei Musketiere lief, mit einem handgemalten Reklamebild von Douglas Fairbanks als D’Artagnan über der gesamten Frontseite, und selbst an diesem sonnigen Nachmittag mit einer Schlange Wartender davor, die um den Block reichte. Ein kleineres Kino weiter unten annoncierte den neuesten Tom-Mix-Western derFox,Reiter in der Nacht.

Ein paar der den Boulevard entlang verstreuten einstöckigen Gebäude wurden abgebrochen, um Bauplatz für ein einzelnes, erheblich größeres und höheres zu schaffen. Presslufthämmer lärmten und der Automobilverkehr wurde um eine Absperrung herumgeleitet. Ein Schild verkündete, Mr Sid Grauman lasse hier ein neues großes Filmtheater errichten.

Am Ende würde aus dieser Ecke noch eine richtig feine Gegend werden