KAPITEL 2
Als ich die Augen aufschlug, war es Nacht, ich lag in einem riesigen Bett, mein Kopf schmerzte, und mir war übel. Die einzige Lichtquelle war eine Laterne vor dem Fenster. Was zum Teufel war passiert, und wo war ich? Ich versuchte aufzustehen, aber mein Körper war bleischwer und ich so schwach, dass ich nicht einmal den Kopf vom Kissen heben konnte. Ich schloss die Augen und schlief wieder ein.
Als ich das nächste Mal erwachte, war es immer noch oder schon wieder Nacht. Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte oder wie spät es war. Ich hob den Kopf. In dem Raum gab es keine Uhr, und ich sah weder meine Handtasche noch mein Telefon. Wieder wurde mir schwindelig, aber immerhin gelang es mir, mich aufzurichten. Ich setzte mich auf den Bettrand und wartete einen Moment, bis das Karussell in meinem Kopf zum Stillstand kam. Dann schaltete ich die kleine Lampe auf dem Nachttisch ein und stellte fest, dass ich mich offenbar in einem sehr alten und mir vollkommen unbekannten Gebäude befand.
Das Zimmer war elegant und sehr italienisch. Gegenüber dem massiven Holzbett befand sich ein imposanter Kamin, wie ich ihn bisher nur in Filmen gesehen hatte. An der Decke zogen sich alte Holzbalken entlang, die farblich mit den reich geschmückten Rahmen der raumhohen Fenster harmonierten. Ich erhob mich und trat hinaus auf den Balkon, von dem sich mir ein atemberaubender Blick auf einen großen Garten bot.
»Schön, dass Sie aufgewacht sind.«
Ich erstarrte, das Herz schlug mir bis zum Hals. Als ich mich umdrehte, stand ein junger Mann vor mir – offenbar ein Italiener, wie an dem leichten Akzent, mit dem er Englisch sprach, unschwer zu erkennen war. Langes dunkles Haar fiel ihm auf die Schultern, er hatte feine Gesichtszüge und volle Lippen. Ein hübscher Junge, so viel konnte man sagen. Er war kräftig und durchtrainiert, aber nicht sonderlich groß, und obwohl er einen tadellos sitzenden, teuren Anzug trug, wirkte er wie ein Teenager.
»Wo bin ich, und warum bin ich hier?«, blaffte ich ihn wütend an.
»Bitte machen Sie sich zurecht. Im Badezimmer finden Sie vor, was Sie brauchen. Ich komme gleich wieder zu Ihnen, dann werden Sie alles erfahren«, erwiderte er und verließ eilig das Zimmer. Fast hatte ich den Eindruck, dass er vor mir flüchtete, dabei wäre ich selbst am liebsten schreiend davongerannt.
Ich stürzte hinter ihm her, zur Tür, aber er hatte abgeschlossen. Ratlos fluchte ich in mich hinein.
Neben dem Kamin führte eine weitere Tür in ein herrschaftliches Badezimmer. Mitten im Raum stand eine große Wanne, in einer Ecke war die Toilette, daneben ein breites Waschbecken mit Spiegel, in der anderen Ecke befand sich eine mit Mosaikfußboden ausgelegte ebene Duschkabine, in der locker eine Fußballmannschaft Platz gefunden hätte. Das Bad war so groß wie Martins gesamte Wohnung. Martin … bestimmt machte er sich Sorgen. Oder vielleicht freute er sich auch, dass ich ihm endlich nicht mehr auf die Nerven ging. In meine Panik mischte sich Wut.
Wie mir der Blick in den Spiegel zeigte, sah ich außergewöhnlich gut aus, sonnengebräunt und ausgeruht. Die tiefen Augenringe waren verschwunden. Immer noch trug ich meine geblümte Tunika und meinen Bikini, die Sachen, die ich bei meiner überstürzten Flucht aus dem Hotel angehabt hatte. Wie sollte ich mich zurechtmachen ohne meine Kosmetiktasche? Ich zog mich aus und stieg unter die Dusche, danach hüllte ich mich in einen flauschigen weißen Bademantel und befand, dass müsste reichen.
Während ich noch im Zimmer nach Hinweisen suchte, die mir Aufschluss über meinen Aufenthaltsort geben konnten, ging die Tür wieder auf, und der junge Italiener trat ein. Mit einer schwungvollen Geste wies er mir den Weg. Das Haus lag im Halbdunkel, erhellt nur vom Licht der Laterne, das durch die vielen Fenster hereinfiel. Wir gingen durch endlose, mit Blumenvasen geschmückte Korridore und stiegen Marmortreppen hinab, bis der junge Italiener schließlich eine Tür öffnete, mich eintreten ließ und die Tür hinter mir wieder schloss. Offenbar handelte es sich um die Bibliothek, Bücherregale zogen sich die Wände entlang, hier und dort hingen Gemälde. In der Z