: Kai Meyer, Lisanne Surborg, Markus Heitz, Laura Lam, Eleanor Bardilac, Nora Bendzko, Boris Koch, Mic
: Fantastische Aussichten: Fantasy& Science Fiction bei Knaur #7 Ausgewählte Leseproben von Kai Meyer& Lisanne Surborg, Markus Heitz, Nora Bendzko, Laura Lam uvm.
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426462300
: Fantastische Aussichten
: 1
: CHF 0.50
:
: Science Fiction, Fantasy
: German
: 175
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Bist du bereit, dich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für dich! Auf dich wartet mit »Imperator« der Auftakt einer neuen Mystery-Serie, in der uns Kai Meyer und Lisanne Surborg in das Rom der 60er Jahre entführen - in eine Stadt der Filmstars und Verbrecher, der Starlets und Geisterbeschwörer - doch hinter dem Glamour lauert eine uralte Verschwörung ... Fiebere in Laura Lams »Das ferne Licht der Sterne« mit der Biologin Naomi Black und ihrer Adoptivmutter und Tech-Visionärin Valerie mit, die alles versuchen, um für die aussterbende Menschheit einen bewohnbaren Planeten zu finden - während eine der Frauen ein tödliches Geheimnis mit sich trägt. Oder begleite die Amazone Areto auf ihrem schicksalhaften Weg, nachdem die Göttin Artemis gerade sie, die keine Kriegerin ist, dazu auserwählte, das Amazonenvolk zu einen. Denn in Nora Bendzkos »Die Götter müssen sterben« steht der Trojanische Krieg kurz bevor, der den Amazonen den Untergang bringen könnte. Diese und weitere fantastische Geschichten von AutorInnen wie Markus Heitz, Nora Bendzko und Boris Koch findest du in der Leseproben-Sammlung zu den Fantasy-& Science-Fiction-Titeln des Knaur Verlags. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Kai Meyer& Lisanne Surborg, »Imperator« - Markus Heitz, »Die Meisterin: Alte Feinde« - Laura Lam, »Das ferne Licht der Sterne« - Eleanor Bardilac, »Knochenblumen welken nicht« - Nora Bendzko, »Die Götter müssen sterben« - Boris Koch, »Narrenkrone« - Micaiah Johnson, »Erde 0«

Kai Meyer hat rund siebzig Romane veröffentlicht, von denen viele auf die SPIEGEL-Bestsellerliste gelangten. Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet.
Rom1965

Vor dem Autofenster zogen barocke Paläste und antike Ruinen vorüber, aus dem Radio ertönten italienische Schlager. Anna hatte beide Arme um die Reisetasche auf ihrem Schoß geschlungen. Mit dem Fingernagel kratzte sie gedankenverloren an einem Hennafleck auf dem hellen Stoff.

Ihr Blick sprang von einem Torbogen zu einer Formation verwitterter Säulen. Die Überreste einer hohen, sandfarbenen Mauer zogen vorüber, davor hatte sich eine Gruppe Touristen versammelt. Dann rollte der Wagen aus dem chaotischen Verkehr einer Kreuzung durch ein altes Stadttor.

Anna ließ von ihrer Tasche ab, als sich vor ihr eine belebte, mehrspurige Straße auftat. Auf den breiten Gehwegen hielten die livrierten Portiers der Luxushotels Ausschau nach Limousinen mit Gästen. Unter den farbigen Markisen reihten sich runde Kaffeehaustische aneinander. Dort studierten Herren in teuren Sakkos rauchend ihre Zeitungen und nippten an Kaffeetassen, während ein paar Damen winzige Hunde spazieren führten oder einander in den Fensterscheiben beobachteten.

Die altehrwürdigen Straßenzüge Roms schlugen Anna derart in ihren Bann, dass ihr die amüsierten Blicke, die Bruno ihr vom Fahrersitz aus zuwarf, beinahe entgingen. Nicht zum ersten Mal fummelte ihr Onkel am Radio herum und entschuldigte sich dafür, dass alle anderen Sender entweder rauschten oder schwiegen.

Mit jedem Meter, den Brunos Fiat zurücklegte, wuchs Annas Verständnis für das, was ihre Mutter an dieser Stadt geliebt hatte. Zugleich fiel es ihr schwerer, zu verstehen, weshalb ihre Eltern Italien nach dem Krieg den Rücken gekehrt hatten.

Anna hatte heute zum ersten Mal in ihrem Leben einen Fuß auf römischen Boden gesetzt. Sie löste ihren Zopf und stellte fest, dass in ihrem Haar nicht nur der Geruch von Räucherstäbchen hing, sondern auch der vom Gras ihrer Mitreisenden, mit denen sie eingepfercht in einem Bus von London bis Italien gefahren war.

Die gute Laune, das Gefasel von Glück und Frieden und nicht zuletzt ihr eigenes Maskenlächeln hatten die Fahrt zu genau jener Tortur gemacht, die sie erwartet hatte. Folksongs hatten sich in quälender Endlosschleife in ihrem Kopf eingenistet. Und dass sich in einem rumpelnden Bus weder Hände noch Gesichter geschickt mit Henna bemalen ließen, war außer Anna niemandem aufgefallen.

Die rauchgeschwängerte Luft und das stete Brummen des Motors hatten sie die meiste Zeit dösen lassen. Irgendwo in Frankreich hatten ihre Mitreisenden begonnen, die stille Begleiterin mit neugierigen Fragen zu löchern. Sie war heilfroh gewesen, als sie an der italienischen Grenze endlich vom Bus in einen Zug umgestiegen war.

Vor dem Fiat scherte ein roter Sportwagen aus, und Bruno ergriff die Gelegenheit, seinen Wagen in die Parklücke zu setzen.

Wenn sie ehrlich zu sich war, war auch Bruno ein Fremder für sie. Aber er wusste Bescheid und stellte keine Fragen. Während der ganzen Fahrt vom Hauptbahnhof Roma Termini bis hierher hatte er kein einziges Mal ihren Vater erwähnt. Bruno war damals zur Urteilsverkündung nach London gekommen. Kurz darauf musste er beschlossen haben, dass sein Bruder Tigano für ihn nicht mehr existierte.

Er stieg aus, schlug die Autotür zu und stemmte stolz die Hände in die Hüften. Auf seinem Gesicht lag eine Begeisterung, die Annas Reisegruppe nicht einmal beim Singen zu klimpernder Gitarre gezeigt hatte.

»Da wären wir«, verkündete er, als sie neben ihm stand. »Das ist die Via Veneto, die Straße der Reichen und Schönen von Rom – und aus dem Rest der Welt. Hier werden du und ich eine Menge Zeit verbringen.«

Aus seiner Jackentasche kramte er eine Packung Zigaretten. Bruno Savarese war Mitte vierzig, kaum größer als Anna und überaus drahtig. Er redete gern, viel und schnell. Dabei unterstrich er seine Worte mit ausladenden Gesten, schon am Steuer und nun erst recht auf dem Bürgersteig. Er erschien ihr so anders als sein Bruder. Annas Vater war ruhig und ernst, fast verschlossen – ganz sicher niemand, dem irgendwer einen Mord zugetraut hätte. Ihre Mutter hatte oft gesagt, Anna sei ihm ähnlich.

»Anfang der Fünfziger, als die ersten Hollywoodleute in Rom aufgeschlagen sind, da war die Via Veneto einfach irgendeine Straße mit ein paar Hotels. Aber danach konnte es zehn Jahre lang keine andere mit ihr aufnehmen.« Bruno zählte die berühmten Straßen an den Fingern ab. »Nicht die Champs-Élysées, nicht die Fifth Avenue, nicht die –« Er hielt inne und suchte ihren Blick. »Hörst du mir zu?«

»Ja«, sagte Anna. »Ich hab nur daran gedacht, wie anders hier alles ist als in London.«

Gedankenverloren blickte sie an einer Fassade hinauf, in die eine Heiligenstatue eingelassen war. Direkt daneben warb ein Aufsteller in grellen Farben für den Jazzmusiker, der heute im benachbarten Club spielen würde. Eine Papierserviette aus einem amerikanischen Restaurant trieb über den Gehweg. Ein Stück die Straße hinauf umrahmten klobige Werbetaf