Kapitel 1
1951
Bill Meadow holt mich ab. Er lehnt lässig am Heck des Jeeps, etwas abseits der Rollbahn, in seiner braunen Uniform, die Sergeant-Abzeichen auf seinen Footballspielerschultern, das Haar wie geleckt, angestrahlt von der Augustsonne. Ich muss zugeben, er ist von Kopf bis Fuß der Inbegriff eines jungen, schneidigen Vertreters derUS-amerikanischen Streitkräfte, und weil er das weiß, achtet er darauf, mir genug Zeit zu lassen, ihn zu bewundern, ehe er sich vom Wagen löst und mir entgegenläuft, um mir den Koffer abzunehmen.
»How are you, Mrs. Amy? Pleasure to see you!« Auf Deutsch setzt er hinzu: »Willkommen in der alten Heimat!«
Ich habe damit gerechnet, dennoch versetzen die Worte mir einen Stich.
»Hardly«, gebe ich zurück. Ich habe doppelt recht damit. Weder ist dies meine Heimat, noch bin ich hier willkommen. Um es zu unterstreichen, bleibe ich beim Englischen. »Good to see you, too, Bill. Was macht der Colonel?«
»Wäre gern selbst zu Ihrem Empfang gekommen, Ma’am, aber wir hatten heute gleich mehrere Überraschungen.«
Bill verstaut meinen Koffer hinter dem Fahrersitz, während ich umständlich in den Jeep klettere. Hinter uns rollt die Douglas-Transportmaschine, mit der ich gekommen bin, langsam von der Landebahn. In der Luft liegt ein Teppich aus Öl- und Benzingeruch. Der Schatten vom Tower fällt über uns, und Wind fängt sich in meinem Schal, als wir losfahren, über planiertes Gelände, auf schnurgeraden Straßen, über rechtwinklige Kreuzungen. Links und rechts hat man Hallen mit Dächern aus Wellblech aus dem Boden gestampft und dazwischen jeden Baum und jeden Strauch herausgerissen. Flugzeughangar, Garagen, Kasernen. Betonblock neben Betonblock, säuberlich aufgestellt in präzise abgemessener Distanz, dazwischen Menschen in Uniform, deren Gesichter ich kaum erkennen kann. Alles ohne Schnörkel, reduziert auf seine Funktion, in klaren Linien. Das Gelände erscheint mir in seiner Trostlosigkeit vollkommen ehrlich.
Hier gefällt es mir.
»Überraschungen?«
Bill lacht. Er hat großartige Zähne. Das beste Gebiss, das ein wohlhabender Vater seinem Sohn bei einem Kieferorthopäden in Auftrag geben kann. Er muss jetzt um die dreißig sein, rechne ich nach. Ich habe ihn noch als schlaksigen Studenten erlebt und sollte vermutlich nostalgisch werden bei dem Gedanken, wie schnell die Kinder groß werden. Stattdessen fühle ich mich nur alt. Ich bin zweiundvierzig.
»Ungezieferbefall in einer Baracke.« Er grinst. »Generalreinigung, ein Haufen Umquartierungen, und jetzt weigern sich die Jungs aus Alabama und Louisiana, in Betten zu schlafen, in denen vorher schon ein Neger gelegen hat. Sagen wir mal, Ihr Mann ist gut beschäftigt heute.«
»Sind das die üblichen Probleme hier?«
»So ziemlich. Gibt immer Ärger be