: Vincent Kliesch
: Die Frequenz des Todes Auris - Nach einer Idee von Sebastian Fitzek
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426457382
: Ein Jula und Hegel-Thriller
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Akustische Forensik, ein undurchsichtiger Profiler und ein entführtes Baby: die rasante Fortsetzung des Nr.-1-Spiegel-Bestsellers »Auris« der Thriller-Autoren Vincent Kliesch und Sebastian Fitzek! »Hilfe, mein Baby ist weg! Hier ist nur Blut ...« Nach kurzen Kampfgeräuschen bricht der panische Notruf einer Mutter bei der Nummer 112 plötzlich ab. Wenn jemand aus diesem Tonfragment Rückschlüsse auf den Aufenthaltsort der Frau ziehen kann, dann der forensische Phonetiker Matthias Hegel - den einige nach wie vor für einen Mörder halten. True-Crime-Podcasterin Jula Ansorge ist es zwar gelungen, Hegel vom Mordverdacht an seiner Frau zu entlasten, doch dabei ist sie der dunklen Seite des genialen Profilers deutlich zu nahe gekommen. Als Hegel nun im Fall des entführten Babys erneut auf ihre Recherche-Fähigkeiten zurückgreifen will, weigert Jula sich zunächst. Doch kann sie das Baby und seine Mutter wirklich ihrem Schicksal überlassen? Und was ist mit den Informationen zu ihrem tot geglaubten Bruder Moritz, die Hegel ihr angeblich beschaffen will? Auch im zweiten Teil der Thriller-Reihe ziehen die Bestseller-Autoren Vincent Kliesch und Sebastian Fitzek wieder alle Register: Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint, und niemand bleibt so unschuldig, wie er es gern wäre. Rasante Spannung für die Fans außergewöhnlicher Thriller mit mehr als einer unerwarteten Wendung!

Vincent Kliesch wurde in Berlin-Zehlendorf geboren, wo er bis heute lebt. Im Jahre 2010 startete er mit dem Bestseller »Die Reinheit des Todes« seine erste erfolgreiche Thriller-Serie, weitere folgten. Die »Auris«-Reihe um den forensischen Phonetiker Matthias Hegel schreibt Vincent Kliesch nach einer Idee seines Freundes Sebastian Fitzek.

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Cecile

Von allen Geräuschen, die es vermögen, das Grauen anzukündigen, vernahm Cecile Dorm das vermutlich schlimmste. Es war kein heftiges Pochen an der Wohnungstür mitten in der Nacht. So wie letztens, als der Nachbar von schräg gegenüber im Pyjama vor ihrer Haustür gestanden hatte. Friedmann, der sonst nicht einmal grüßte, vermutlich, weil er sich für etwas Besseres hielt, hier in der Villengegend in Westend …die uns eigentlich eine Nummer zu groß ist, Schatz. Findest du nicht? Aber ihr Mann Jonathan mochte es, war hier groß geworden, wenn auch in einem Mietshaus ohne Garten. So gesehen hatten sie es nun in dem renovierungsbedürftigen, aber großzügigen Anwesen besser. Auch wenn es einsamer war als in ihrem Heimatdorf in Mahlow, wo Cecile früher nie schräg angeguckt worden war, wenn sie mal eilig im Jogginganzug, ungeschminkt und mit einem hastig gebundenen Verlegenheitszopf was fürs Frühstück holte. »Ist das nicht die Tante vom Jugendamt? Die Frau vom Nervenarzt? Der holt sich seine Irren nach Hause, heißt es. Ja, er hat jetzt sogar die Praxis vom Dachboden in den Keller verlegt. Ob er in der Klinik rausgeflogen ist? Und das Haus! Nicht mal einen Anstrich können die sich leisten.«

Das hatte ihr Friedmann, der sich seit seiner Pensionierung zu so etwas wie einem Nachbarschaftssheriff aufgeschwungen hatte, sogar einmal ins Gesicht gesagt: »Eine Schande, wie Sie die alte Villa verkommen lassen.« Damals jedoch, als er sie aus dem Schlaf gerissen hatte, war ihm die bröckelige Fassade nicht wichtig gewesen. Barfuß und mit einem nicht funktionierenden Telefon in der Hand stand er vor ihnen.

»Sie sind doch Arzt«, hatte er flehentlich zu Jonathan gesagt. »Bitte, mein Enkel erstickt!«

Der Vierjährige, den die Friedmanns für ihre Tochter babysitteten, hatte einen Pseudokrupp-Anfall erlitten. Cecile wickelte den Kleinen einfach in eine Decke und trug ihn nach draußen. Sein spastischer Hustenkrampf hatte sich schnell gelöst.

Jetzt hingegen war es kein ersticktes Röcheln, das Ceciles Herz dazu brachte, ihr gegen die Rippen zu schlagen wie ein Basketball aufs Turnhallenlinoleum. Auch kein Hupen, gefolgt von quietschenden Autoreifen, das sich rasend schnell auf sie zubewegte. Weder das Bersten von Fensterglas im Wohnzimmer, während sie nachts im Bett lag, noch das helle Knacken eines Knochens beim Aufprall nach einem Sturz. Das Geräusch, das sie so sehr ängstigte, war weit schlimmer als all das. Es kam direkt aus der Wiege, in die sie die kleine Selma zum Schlafen gelegt hatte. Das Geräusch war Stille. Nichts als absolute, erbarmungslose Stille.

Von dieser beängstigenden Ruhe war Cecile geweckt worden. Nur für einen kurzen Moment hatte ihre Erschöpfung die Oberhand gewonnen über das Beschützertier, das seit Neuestem in ihr wohnte. Die Bärenmama, die ihr Junges nicht für einen Augenblick aus den Augen lassen wollte, hatte versagt und war mit der Milchpumpe in der Hand auf dem Sofa eingeschlafen. Und das lag nicht einmal daran, dass Nachtruhe und Durchschlafen seit nunmehr sechs Wochen nicht mehr als entfernte Erinnerungen für sie waren. Nachts war sie alle zwei Stunden aufgestanden, um ein Fläschchen zuzubereiten, weil das wenige, das aus ihren Brüsten in die Pumpe tropfte, nicht einmal ein Mäusebaby hätte satt machen können. Einmal hatte Jonathan angeboten, ihr zu helfen, hatte mit schläfriger Hand und geschlossenen Augen müde nach ihr getastet, doch sie hatte abgewinkt. Er brauchte seinen Schlaf für die Patienten. Musste ausgeruht sein, durfte keine Fehler machen. Gerade jetzt, da er sich endlich – nach über einem Jahrzehnt als Arzt und Psychotherapeut in verschiedenen Berliner Kliniken – selbstständig gemacht hatte. Die Depressions-, Essstörungs- und Panikpatienten, die ihn hier zu Hause in seiner Praxis aufsuchten, hätten kein Verständnis dafür, wenn er es Cecile gleichtat und während einer der Therapiesitzungen einschlief. Wobei es aber gar nicht das Baby gewesen war, das Cecile in der vergangenen Nacht so beschäftigt hatte – in den zwei Stunden zwischen den Fläschchen, die sie Selma anreichte und während derer sie nur schwer zurück in den Schlaf finden konnte. Es war die Tatsache, dass si