Vorwort
Am 17. Juli 1918 – also vor genau 100 Jahren – wurden Zar Nikolaj II. Alexandrowitsch (50), seine Gemahlin Zarin Alexandra Feodorowna (46), die drei Töchter – Olga (22), Tatjana (21), Maria (19), Thronfolger Alexej (13) und einige persönliche Dienstboten der Zarenfamilie, in Jekaterinburg/Ural von den Bolschewiki ermordet.
Der Kommandeur des Erschießungskommandos, Jakow Jurowski, erklärte damals: »Wir haben etwas Großes vollbracht und die Dynastie ausgelöscht.«
Tatsächlich bedeutete das Massaker das Ende der mehr als 300-jährigen Romanow-Dynastie auf dem russischen Thron.
1613 hatte sie mit Michail Fjodorowitsch ihren Anfang genommen. 1918 fand sie mit Nikolaj II. – dem letzten russischen Zaren – ihr blutiges Ende.
Als er am 1. November 1894 den Thron bestieg, galt er als Hoffnungsträger der Regimekritiker. Doch schon bald stellte sich heraus, dass Nikolaj, wie sein Vater Zar Alexej III. Alexandrowitsch Romanow vor ihm, starr an der Autokratie festhielt und das riesige Reich als Alleinherrscher zu regieren gedachte. Die Forderung nach umfassenden politischen und sozialen Reformen ignorierte er weitgehend.
Nikolaj übersah die Zeichen der Zeit nach politischer Mitbestimmung des Volkes und er übersah die große Not in seinem Reich. Immer deutlicher schlugen ihm und seiner intriganten Hofkamarilla daher Hass und Verachtung entgegen.
Anstatt jedoch längst überfällige Reformen in Angriff zu nehmen, begann Nikolaj der Ablehnung der breiten Masse aus dem Weg zu gehen. Er zog sich mit seiner Familie in die Abgeschiedenheit seiner prächtigen Paläste zurück und verlor auf diese Weise noch mehr den Bezug zu den Problemen der Bevölkerung.
Er wusste es einfach nicht besser. Er hatte es nicht anders gelernt.
Als er das tödliche Attentat auf seinen Großvater, Zar Alexander II., miterlebte, war er zwölf Jahre alt. Aus Sicherheitsgründen hatte die Zarenfamilie nach dem Mordanschlag das festungsartige Schloss Gattschina bezogen, wo Nikolaj – völlig von der Außenwelt abgeschottet – aufwuchs.
Seine schulische Privaterziehung unterstand der Aufsicht des konservativ-klerikalen Juristen Konstantin Pobedonoszew, der großen Einfluss auf das Weltbild des Zarewitsch ausübte – er lehnte den westlichen Liberalismus ab und hob die Notwendigkeit autokratischer Machtentfaltung, legitimiert durch das Gottesgnadentum, stets hervor.
Die Regierungsgewalt eines Zaren – so lernte es der junge Nikolaj – wurde weder durch eine Verfassung noch durch eine gewählte Volksvertretung beschränkt. Er hatte die gesamte Staatsmacht inne. Und Gott, der ihn auf diese Position gehoben hatte, sorgte dafür, dass er die nötige Befähigung für sein Amt erhielt.
Das war die Herrschaftsauffassung Nikolajs, sie stellte er nicht infrage. Menschen, die Kritik an ihm, dem Zaren, übten und an ihm zweifelten, kritisierten seiner Überzeugung nach zugleich Gott und zweifelten an ihm. Und das bedeutete wiederum Blasphemie und durfte auf keinen Fall geduldet werden.
Unterstützt wurde dieses Weltbild von seiner Ehefrau Zarin Alexandra, die ihn in seiner wirklichkeitsfernen Auffassung vehement bestärkte.
Soziale Missstände, die schlechte Ve