1. Kapitel
Die überdachte Tuscawaras-Brücke ist ein Wahrzeichen von Painters Mill. Im Frühjahr und Sommer strömen Touristen die sonst kaum befahrene Landstraße entlang, um sie zu fotografieren, mit ihren Enkeln zu picknicken oder einfach über die alte Holzkonstruktion zu spazieren und sich vorzustellen, wie die Menschen hier vor einhundertfünfzig Jahren gelebt haben. An diesem Ort schlossen Paare den Bund fürs Leben, Kinder wurden gezeugt und Fotos fürs Highschool-Jahrbuch geschossen. Amische stehen regelmäßig mit ihrem Fuhrwerk auf dem Schotterplatz am Straßenrand, um Backwaren und frisches Gemüse an dieEnglischen zu verkaufen, die gern bereit sind, für eine Kostprobe desschlichten Lebens ein paar Dollar zu berappen.
Ich bin in den vergangenen Jahren schon unzählige Male über die Brücke gelaufen, habe ihre Konstruktion bewundert, ihre historische Bedeutung gewürdigt und auch nie vergessen, dass der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für unsere Stadt ist. Und welche Größenordnung er einnimmt, war klar und deutlich in der Stimme des Bürgermeisters, Auggie Brock, zu vernehmen, als er mich heute morgen anrief. In letzter Zeit ist die Brücke nämlich nicht mehr nur ein beliebtes Ausflugsziel für Einheimische und Touristen, sie wird zunehmend auch von Graffitikünstlern und diversen anderen Leuten aufgesucht, die dort ihren illegalen Aktivitäten nachgehen. Ich weiß jetzt schon, dass mir der Stadtrat spätestens heute Abend im Nacken sitzt.
Ich parke mit meinem Dienstwagen am Straßenrand und nehme einen letzten Schluck aus meinem Kaffeebecher. Beim Aussteigen begrüßt mich der Gesang eines einsamen Kardinals in den Kronen der Bäume, die auf dem Grünstreifen entlang des Painters Creek stehen. Im dunstigen Licht der Sonne sehe ich den schmalen Pfad, der hinunter zum Flussufer führt.
Auf dem Weg zur Brücke knirscht Schotter unter meinen Füßen. Als ich sie betrete, werde ich von Schatten umhüllt. Die Gerüche von uraltem Holz, vom schlammigen Nass des Flusses darunter und vom frischen Frühlingslaub begleiten mich beim Gang zur anderen Seite. In den Dachsparren über mir gurren Tauben, ihre Exkremente verschandeln die Fensterbänke der sechs Fenster in der Holzkonstruktion.
Auf halbem Weg zur