: Harlan Coben
: Seine dunkelste Stunde - Myron Bolitar ermittelt Thriller
: Goldmann
: 9783641178482
: Myron-Bolitar-Reihe
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dreizehn Jahre ist es her, dass Myron Bolitar - Ex-Basketballstar, Sportagent und zudem Privatdetektiv im Nebenberuf - seine College-Liebe Emily einen anderen heiraten sah. Um so schockierter ist er nun, als Emily wieder auftaucht und behauptet, dass Myron der Vater ihres dreizehnjährigen Sohnes Jeremy sei. Doch für lange Diskussionen bleibt keine Zeit. Denn Jeremy ist lebensbedrohlich erkrankt, und der einzige Mensch, der ihm helfen kann, ist spurlos verschwunden. Bolitar soll ihn aufspüren. Eine Suche, die ihn unversehens die längst verwischte Fährte eines Serienkillers kreuzen lässt - und bei der Bolitar mehr als eine Grenze überschreitet ...

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Thriller wurden bisher in 45 Sprachen übersetzt, erobern regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten und wurden zu großen Teilen verfilmt. Harlan Coben, der als erster Autor mit den drei bedeutendsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet wurde - dem Edgar Award, dem Shamus Award und dem Anthony Award -, gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Familie in New Jersey.

1

Eine Stunde bevor seine Welt zerplatzte wie eine reife Tomate unter einem Stöckelabsatz, biss Myron in eine frische Pastete, die verdächtig nach einem Klostein schmeckte.

»Und?«, erkundigte sich seine Mutter.

Myron kämpfte gegen den Würgereiz an, errang einen knappen Sieg und schluckte. »Nicht schlecht.«

Mom schüttelte enttäuscht den Kopf.

»Was ist?«

»Ich bin Anwältin«, sagte Mom. »Ich hatte gehofft, dass ich dich zu einem besseren Lügner erzogen hätte.«

»Du hast dein Bestes gegeben«, sagte Myron.

Sie zuckte die Achseln und deutete auf die, äh, Pastete. »Ich hab zum ersten Mal selbst gebacken,Bubbele. Da ist es schon in Ordnung, wenn du mir die Wahrheit sagst.«

»Es ist, als würde man in einen Klostein beißen«, sagte Myron.

»Einen was?«

»Auf Herrentoiletten. In den Pinkelbecken. Die liegen da drin, damit es nicht so stinkt.«

»Und du isst die?«

»Nein …«

»Braucht dein Vater deshalb immer so lange? Gönnt er sich eine kleine Leckerei? Und ich dachte, es wäre die Prostata.«

»Ich hab einen Witz gemacht, Mom.«

Das Lächeln in ihrem Gesicht breitete sich aus und erfasste auch ihre blauen Augen, die rot unterlaufen waren, obwohl sie Augentropfen benutzt hatte. Nur langes, anhaltendes Weinen konnte die Augen so hartnäckig rot färben. Normalerweise war Mom eine großartige Schauspielerin. Sie weinte nicht lange und anhaltend. »Ich auch, du Schlaumeier. Du hältst dich wohl für den Einzigen in der Familie mit Sinn für Humor?«

Myron schwieg. Er sah hinunter auf die, äh, Pastete, befürchtete – oder hoffte? –, sie würde wegkriechen. In den mehr als dreißig Jahren, in denen seine Mutter in diesem Haus lebte, hatte sie nie gebacken – nicht nach Rezept, nicht mit Backmischungen, nicht einmal diese Pillsbury-Knack-und-Back-Croissants aus den kleinen Versandrollen. Ohne ausführliche Anleitung konnte sie kaum Wasser kochen, und sie hatte auch so gut wie nie auf eine andere Weise Speisen zubereitet, auch wenn sie eine unglaubliche Celeste-Tiefkühlpizza zaubern konnte, wobei ihre flinken Finger über die Zifferntasten der Mikrowelle tanzten wie Nurejew durchs Lincoln Center. Nein, im Haushalt der Bolitars war die Küche eher ein Versammlungsort – gewissermaßen ein Wohnzimmer light – als ein Raum, in dem die Kochkunst beheimatet war. Auf dem runden Tisch lagen Zeitschriften, Kataloge und schmutzige weiße Kartons von chinesischen Take-away-Restaurants. Auf der Herdplatte passierte weniger als in einem Merchant-Ivory-Spielfilm. Der Herd war eine Requisite, ein reines Showelement, wie die Bibel bei Politikern.

Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.

Sie saßen im Wohnzimmer mit der in die Jahre gekommenen weißen Schlafcouch aus Kunstleder und dem blassblauen Läufer, dessen zottelige Oberfläche Myron an einen Klodeckelbezug erinnerte. Immer wieder warf Myron verstohlene Blicke aus dem Pano