Niemand, der ihn in dieser Nacht die Gehsteige von Jakobsberg entlangwandern sah, wusste, wer er wirklich war. Die Leute von früher waren weggezogen, ihren Träumen hinterher, und manche waren sicher auch abgekratzt, neue Mieter hatten ihre Möbel reingeräumt. Ein Klingelschild wurde abgeschraubt, ein Gesicht verblasste.
Der Ritter bog Richtung Zentrum ab. In dem Neonschild über dem Kino »Falken« leuchteten die Buchstaben F und N nicht mehr. Er ging an den Fenstern des ehemaligen Domus-Cafés vorbei, wo sich jetzt die Coop-Kassen befanden. Wenn er blinzelte, konnte er dort drinnen seine alten Kumpel noch um den runden Tisch sitzen sehen. Dann hatte er wieder eine Ahnung, wie das Leben sich von dort drinnen aus angefühlt hatte.
Er wusste noch genau, an welchem Fenster sie gesessen hatten, als sie das erste Mal zusammen dort gewesen waren. Der Duft ihres Haars, das ihr widerspenstig in die Augen hing, wie sie den Kopf in den Nacken legte, wenn es ihm gelang, sie zum Lachen zu bringen.
Ein eisiger Wind fuhr zwischen den scharfkantigen Innenstadtgebäuden hindurch und wusste nichts vom Frühling, wirbelte Müll und verstreute Erinnerungen auf.
War ja klar, dass niemand ein Café betreiben konnte, in dem die Leute halbe Tage lang bei einer Tasse Java zusammensaßen. Nicht mal in Kooperation konnte man das. Nicht in Zeiten wie diesen. Die Gesellschaft musste sich entwickeln. Entweder ging es voran oder den Bach runter.
Eine Gruppe Jugendlicher lärmte vorüber. Tief sitzende Hosen und Kapuzenjacken, auf dem Weg zur Söderhöjd. Um nicht mit ihnen zusammenzustoßen, wich der Ritter in den Gang zwischen Gemeindehaus und Angelos Kiosk aus. Ein paar Nachtschwärmer von der letzten S-Bahn tauchten aus den Tunneln auf und zerstreuten sich in alle Richtungen. Vor dem Riddar Jakob stand ein Wachmann und rauchte.
Und da plötzlich erblickte er sie. Oder vielleicht auch etwas später. Erst stolperten ein paar junge Frauen um die zwanzig aus der Kneipe und lachten. Discomusik dröhnte über den gepflasterten Platz, dann schloss sich die Tür wieder.
Riddar Jakob. Diese Kneipe oberhalb der S-Bahn-Unterführung hatte es schon immer gegeben. Er spürte ihre Anziehungskraft wie damals. Die Wärme dort drinnen und die dicken Rauchschwaden. Der bloße Gedanke an Bier in überschäumenden Gläsern ließ seine Beine zucken. Das Vibrieren der Saiten unter den Fingerspitzen der linken Hand in einem C-Moll-Akkord! Blues lag in der Luft,und jetzt hört zu, denn ich werde euch ein Lied über das bittere Leben und die wunderbare Liebe spielen … Der Ritter spannte die Finger an und krümmte sie in der Tasche, Zeigefinger auf der B-Saite, erster Bund, Mittelfinger auf der D-Saite, zweiter Bund. A-Saite unter der Ringfingerspitze, den kleinen auf E undWäng!, er hörte kristallklar, wie er anschlug.
Dann öffnete sich die Tür erneut. War sie das wirklich?
Das dunkle Haar flog um ihren Kopf, wie schön sie war. Ohne nachzudenken, trat er ein paar Schritte aus dem Schatten und hob die Hand.
»Na, hallo«, sagte er. »Grüß dich, Mädchen.«
Ihre Lederjacke stand offen und sie trug ein Paar Turnschuhe aus Stoff, es sah ein bisschen kalt aus.
»Wie geht’s?«, fragte er und strich sich mit zitternder Hand die Haare z