: Klaus Mann
: Mephisto. Roman einer Karriere
: SAGA Egmont
: 9788726479836
: 1
: CHF 11.60
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 367
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mephisto erzählt die Geschichte eines Mannes, der der Karriere wegen seine einstigen humanen Werte verrät: Im Zentrum steht der fiktive Schauspieler Hendrik Höfgen, der dem Schauspieler Gustaf Gründgens nachempfunden ist. Der Roman begleitet Höfgen von den Anfängen seiner Karriere 1926 bis zu seinem beruflichen Höhepunkt als Star des 'Neuen Reiches'. Erst spät erkennt er, dass er sich zum 'Affen der Macht' gemacht hat, indem er sich dem Nationalsozialismus anschloss. -

Klaus Mann (1906-1949) war ein deutscher Schriftsteller und ältester Sohn des berühmten Schriftstellers Thomas Mann. Nach seiner Emigration 1933 nahm er eine zentrale Rolle im literarischen Kampf gegen den Nationalsozialismus ein. Als Emigrant lebte er in Amsterdam, Zürich, Prag, Paris und ab 1936 in den USA, deren Staatsbürgerschaft er annahm. 1949 beging er Selbstmord.

I


H. K.

In den letzten Jahren des Weltkrieges und in den ersten Jahren nach der Novemberrevolution hatte das literarische Theater in Deutschland eine große Konjunktur. Um diese Zeit erging es auch dem Direktor Oskar H. Kroge glänzend, den schwierigen Wirtschaftsverhältnissen zum Trotz. Er leitete eine Kammerspielbühne in Frankfurt am Main: In dem engen, stimmungsvoll intimen Kellerraum traf sich die intellektuelle Gesellschaft der Stadt und vor allem eine angeregte, von den Ereignissen aufgewühlte, diskussions- und beifallsfreudige Jugend, wenn es die Neuinszenierung eines Stückes von Wedekind oder Strindberg gab oder eine Uraufführung von Georg Kaiser, Sternheim, Fritz von Unruh, Hasenclever oder Toller. Oskar H. Kroge, der selbst Essays und hymnische Gedichte schrieb, empfand das Theater als die moralische Anstalt: von der Schaubühne sollte eine neue Generation erzogen werden zu den Idealen, von denen man damals glaubte, daß die Stunde ihrer Erfüllung gekommen sei — zu den Idealen der Freiheit, der Gerechtigkeit, des Friedens. Oskar H. Kroge war pathetisch, zuversichtlich und naiv. Am Sonntagvormittag, vor der Aufführung eines Stückes von Tolstoi oder von Rabindranath Tagore, hielt er eine Ansprache an seine Gemeinde. Das Wort „Menschheit“ kam häufig vor; den jungen Leuten, die sich im Stehparkett drängten, rief er mit bewegter Stimme zu: „Habet den Mut zu euch selbst, meine Brüder!“ — und er erntete Beifallsstürme, da er mit den Schillerworten schloß: „Seid umschlungen, Millionen!“

Oskar H. Kroge war sehr beliebt und angesehen in Frankfurt am Main und überall dort im Lande, wo man an den kühnen Experimenten eines geistigen Theaters Anteil nahm. Sein ausdrucksvolles Gesicht mit der hohen, zerfurchten Stirn, der schütteren, grauen Haarmähne und den gutmütigen, gescheiten Augen hinter der Brille mit schmalem Goldrand war häufig zu sehen in den kleinen Revuen der Avantgarde; zuweilen sogar in den großen Illustrierten. Oskar H. Kroge gehörte zu den aktivsten und erfolgreichsten Vorkämpfern des dramatischen Expressionismus.

Es war ohne Frage ein Fehler von ihm gewesen — nur zu bald sollte es ihm klarwerden —, sein stimmungsvolles kleines Haus in Frankfurt aufzugeben. Das Hamburger Künstlerthe