: Majella Lenzen
: Das möge Gott verhüten Warum ich keine Nonne mehr sein kann
: DuMont Buchverlag
: 9783832185091
: 1
: CHF 6.50
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Wenn alle schweigen, wird sich nie etwas ändern.« Majella Lenzen war 40 Jahre lang Schwester Maria Lauda Über die Katholische Kirche wird viel geredet und noch mehr spekuliert, denn nur selten können wir hinter die Mauern des Vatikans oder der Klöster schauen. Informationen aus erster Hand gibt nun Majella Lenzen, sie bricht das Schweigen und berichtet von ihren Erfahrungen als Schwester Maria Lauda. 33 Jahre war sie im Dienst der Kirche in Afrika tätig. In Tansania baut die gelernte Krankenschwester ein Krankenhaus auf. Cholera, Malaria, Kaiserschnitte gehören zu ihrem Alltag. Als Provinzoberin in Simbabwe versucht sie die Ordensregeln zu erneuern und gerät in Konflikt mit der Kirche. Sie wird in eine von HIV stark betroffene Krisenregion versetzt, wo sie die kirchliche Aidsarbeit koordiniert. Als sie Kondome ins Rotlichtviertel von Morogoro transportiert, provoziert sie den finalen Skandal. Sie wird von ihrem Bischof in ein sozial prekäres Leben entlassen und von ihren Gelübden entbunden. Majella Lenzen erzählt mit Humor, Ironie und Demut von den abenteuerlichen Episoden ihres Lebens als Missionarin. Sie wankt nicht in ihrem Glauben, trotz der Ungerechtigkeit, die sie erlitten hat, sondern hofft auf eine bessere, eine aufrichtigere Kirche.

Majella Lenzen wurde 1938 in Aachen geboren, 1953 trat sie in das Internat des Ordens der Missionsschwestern vom Kostbaren Blut in Neuenbeken/Paderborn ein. 1959 legte sie das Gelübde ab. Als Krankenschwester baute sie von 1965 bis 1982 das Turiani Hospital in Tansania auf. Ab 1982 übernahm sie die Leitung der Ordensprovinz in Simbabwe. Von 1990 bis 1992 koordinierte sie die kirchliche Aids Arbeit in der Diözese Moschi. 1995 wurde sie von den Gelübden entbunden. 2009 erschien im DuMont Buchverla
Wie der Vater, so die Tochter, oder? (S. 111-112)

Meinen Eltern berichtete ich alles präzise, wie mein Vater mich gebeten hatte:»Am 17. Oktober 1968, abends um 19 Uhr, kamen Dr. Piet Willems (achtundzwanzig Jahre) und seine Frau Marike (dreiundzwanzig Jahre) sicher auf dem Flughafen der Hauptstadt Tansanias an. Dr. Willems wirkt noch genauso, wie Mutter und ich ihn in Zaandam kennenlernten, jetzt jedoch freier und nicht mehr so›abwägend‹. Seine Frau hat Schwierigkeiten mit der afrikanischen Hitze und den vielen kleinen Insekten, aber in Turiani ist ja alles mit engmaschigem Moskitodraht versehen. Wir hoffen, dass beide sich schnell eingewöhnen. Die vierzehn Kisten Seefracht, die sie vorgeschickt hatten, sind bereits in ihrem neuen Haus aufgestellt und warten darauf, ausgepackt zu werden.«

Für den Empfang des holländischen Arztehepaares waren Schwester Majellis und ich nach Dar es Salaam gefahren. Wir waren glücklich, dass es endlich so weit war. In den vergangenen Monaten hatten wir fast Unmögliches bewältigt, damit einem reibungslosen Neuanfang nichts mehr im Weg stand. Als ich nach gut einem halben Jahr in Deutschland nach Turiani zurückkehrte, musste ich feststellen, dass meine Mitschwestern zwar pflichtbewusst die Arbeit in der Ambulanz weitergeführt hatten, aber sonst war alles beim Alten geblieben. Das wurde jetzt schlagartig anders, denn wir wussten, dass ein neuer Arzt kam.

Es schien, als sei auf einmal eine Lawine von zu erledigenden Aufgaben losgetreten worden. Hinzu kam, dass die große Regenzeit in den vergangenen Monaten so heftig ausgefallen war, dass die Wege kaum befahren werden konnten. Schnellstens musste für ausreichend Nachschub von Waren wie Benzin, Dieselöl, Maismehl und Medikamenten gesorgt werden. Nach der ersten Nacht auf dem afrikanischen Kontinent hofften wir nun, dass unser neuer Arzt– ja, endlich war wieder einer da, kaum zu fassen– der weiteren Eingewöhnungsphase gewachsen war. Als Erstes machte ich eine Führung durch unser Krankenhaus.

Dabei ging es nicht nur um eine Art Bestandsaufnahme unserer momentanen Lage, sondern ich sah es auch als Feuerprobe für unsere Zusammenarbeit an. Würde er, der ausgebildete Mediziner, mich, die Krankenschwester und Leiterin des ordenseigenen Hospitals, an seiner Seite akzeptieren? Fand er das, was ich in der arztlosen Zeit getan hatte, akzeptabel? Und wenn nicht, wie würde er es mir dann sagen? Welche Kritikpunkte würde er haben? Ich hatte Angst vor dem, was mich möglicherweise erwartete, dennoch versuchte ichäußerlich ruhig zu bleiben.Ändern konnte ich jetzt nichts mehr, und bemüht hatte ich mich auf jeden Fall, alle anstehenden Aufgaben zu meistern.