: George Bernard Shaw
: Die törichte Heirat
: Books on Demand
: 9783753420981
: 1
: CHF 0.80
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 556
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
"Die törichte Heirat" ist ein 1885 erschienener Roman des irischen Schriftstellers George Bernard Shaw. Der Originaltitel lautet"The Irrational Knot". George Bernard Shaw, meist auf eigenen Wunsch nur Bernard Shaw genannt (geboren 26. Juli 1856 in Dublin, Irland; gestorben 2. November 1950 in Ayot Saint Lawrence, England), war ein irischer Dramatiker, Politiker, Satiriker, Musikkritiker und Pazifist, der 1925 den Nobelpreis für Literatur und 1939 den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch erhielt.

Erstes Kapitel


An einem schönen Aprilabend um sieben Uhr hatte man in einem Zimmer im ersten Stock eines Hauses in York Road, Lambeth, gerade das Gaslicht angezündet. Ein Mann, frisch gewaschen und gebürstet, stand auf dem Kaminteppich vor einem Pfeilerspiegel und band sich eine weiße Binde um zu seinem Gesellschaftsanzug. Er war ungefähr dreißig Jahre alt, gut gewachsen und von kräftigem Körperbau. Keine Spuren von Leidenschaften oder Sorgen lagen auf seinem Gesicht: er war voll Selbstbeherrschung und Ruhe und machte keine unbestimmten Bewegungen irgendwelcher Art. Selbst die weiße Binde veranlaßte ihn nicht, herumzufühlen, und er handelte mit einem gewissen Zielbewußtsein, mit einer folgerichtigen Kraftersparnis, die dem Unentschlossenen so schrecklich erscheint. Sein Gesicht war braun, aber das kastanienfarbene Haar machte ihn zu einem schönen Menschen.

Das Zimmer, ein Salon mit zwei Fenstern, war bestaubt und unsauber. Der Anstrich und die Tapeten waren seit Jahren nicht erneuert worden. Auch schien es, als ob man das Klavier, das nahe beim Kamin stand, während dieser Zeit niemals geschlossen hätte, denn das Innere war bestaubt, und am hintern Ende jeder Taste klebte der Schmutz. Auf einem Tisch zwischen den Fenstern stand etwas Teegeschirr zwischen einem Haufen Putzzeug, und ein Kerzenleuchter von Messing, der zurückgeschoben war, um einem halb auseinandergebreiteten Tuch Platz zu machen. Es gab noch einen andern Tisch nahe bei der Tür, der überladen war mit Drähten, Batterien, einem Galvanometer und andern elektrischen Apparaten. Der Kaminsims lag voll alter Briefe, und die beiden Teebretter von Doulton-Ware, die ihn schmückten, waren angefüllt mit allerlei Nähzeug, mit Knöpfen und verrosteten Schlüsseln.

Ein knisterndes, raschelndes Geräusch, als ob sich jemand anzöge,das für einige Minuten durch die Flügeltür zu hören war, hörte auf, und eine hübsche junge Frau trat herein. Sie hatte schweres, schwarzes Haar, schöne dunkle Augen, ein ovales Gesicht, einen reinen, olivenfarbenen Teint und einen elastischen Körper. Sie war nur halb angezogen in einem Unterrock, der nicht bis zu den Knöcheln reichte, und in einem Korsett von leuchtend roter Seide mit weißen Spitzen und Säumen, völlig unbekümmert um die Anwesenheit des Mannes schüttete sie sich eine Tasse Tee ein, trug sie zum Kaminsims und begann vor dem Spiegel ihr Haar zu ordnen. Er band, ohne sich umzusehen, seine Binde fertig, betrachtete sie einen Moment aufmerksam und sagte: »Hast du keine Stecknadel bei dir?«

»Es steckt eine in dem Nadelkissen auf meinem Tisch,« antwortete sie, »aber ich glaube, es ist eine schwarze. Ich weiß nicht, wo zum Kuckuck alle