: Fredrik Backman
: Wir gegen euch Roman
: Goldmann
: 9783641299477
: Ein Björnstadt-Roman
: 1
: CHF 8.00
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 736
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das kleine Björnstadt mitten in den skandinavischen Wäldern musste erleben, was es heißt, wenn ein ganzer Ort auseinanderbricht. Nun sieht sich die Stadt einer neuen Herausforderung gegenüber. Denn nicht nur ist der geliebte örtliche Eishockeyverein von der Schließung bedroht - fast noch schlimmer ist, dass der Klub der Nachbarstadt Hed, Erzrivale Björnstadts, als neuer Stern am Himmel des Sports gefeiert wird. Der gemeinsame Feind schweißt viele Björnstädter wieder zusammen, und aus der sportlichen Rivalität zweier Städte wird bald ein verbissener Kampf, der mit allen Mitteln geführt wird. Und in einem dramatischen Finale gipfelt ...

Fredrik Backman ist mit über 20 Millionen verkauften Büchern einer der erfolgreichsten Schriftsteller Schwedens. Sein erster Roman »Ein Mann namens Ove« wurde zu einem internationalen Phänomen; die Verfilmung mit Rolf Lassgård war für zwei Oscars nominiert, es gibt zudem ein Remake mit Tom Hanks. Auch Fredrik Backmans folgende Romane eroberten die obersten Ränge der Bestsellerlisten in Deutschland, Schweden, den USA und vielen anderen Ländern. Sein Werk wurde bisher in 46 Sprachen übersetzt und zu großen Teilen verfilmt. Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Solna bei Stockholm.

Kapitel 2 
»Es gibt drei Kategorien von Menschen«


Klack-klack-klack-klack-klack.

Die höchste Erhebung in Björnstadt ist ein Hügel, der am südlichen Ortsrand liegt. Von dort aus kann man alles überblicken, von den großen Einfamilienhäusern auf der Anhöhe über die Fabrik, die Eishalle und die Reihenhäuser in der Ortsmitte bis hinunter zu den Mietshäusern in der Senke. Auf dem Hügel stehen zwei Mädchen und schauen hinunter auf ihre Stadt. Maya und Ana. Sie werden bald sechzehn, und es ist schwer zu sagen, ob sie trotz ihrer Unterschiede beste Freundinnen sind oder gerade deswegen. Die eine liebt Musikinstrumente, die andere Schusswaffen. Ihre Abscheu gegen den Musikgeschmack der jeweils anderen löst ebenso wiederkehrende Streitereien aus wie ihr schon zehn Jahre währender Konflikt über Haustiere, und zuletzt wurden sie im vergangenen Winter während einer Geschichtsstunde beide vor die Tür geschickt, weil Maya geflüstert hatte: »Weißt du eigentlich, wer ein Hundeliebhaber war, Ana? Hitler!« Woraufhin Ana brüllte: »Und weißt du, wer ein Katzenliebhaber war?! Josef Mengele!«

Sie zoffen sich regelmäßig, lieben einander beständig, und seit sie klein waren, gab es immer wieder Tage, an denen sie das Gefühl hatten, zu zweit gegen den Rest der Welt zu stehen. Doch seit dem, was Maya im Frühjahr zugestoßen ist, haben die beiden jeden Tag dieses Gefühl.

Es ist Anfang Juni. In diesem Ort herrscht ein Dreivierteljahr lang Winter, aber für ein paar verzauberte Wochen ist gerade Sommer. Der Wald um sie herum badet im Sonnenlicht, die Bäume am Seeufer wiegen sich behaglich in der lauen Brise, aber die Blicke der Mädchen strahlen dennoch keine Zufriedenheit aus. Früher hielt diese Jahreszeit endlose Abenteuer für sie bereit; sie lebten draußen in der Natur und kamen erst spätabends mit zerrissener Kleidung, jeder Menge Schmutz im Gesicht und der Kindheit im Blick nach Hause. Doch das ist vorbei. Jetzt sind sie erwachsen. Für manche Mädchen ist das nichts, was man sich wünscht, sondern etwas, was man ihnen aufzwingt.

Klack. Klack. Klack-klack-klack.

Vor einem der Häuser steht eine Mutter. Sie lädt die Taschen ihres Kindes ins Auto. Wie oft tut man dies, bis sie groß sind? Wie viel Spielzeug sammelt man vom Fußboden auf, nach wie vielen Kuscheltieren fahndet man abends vorm Schlafengehen mit ganzen Suchtrupps, und wie viele einzelne Handschuhe gibt man im Kindergarten verloren? Wie oft denkt man, dass einem als Eltern im Zuge der Evolution eigentlich Schuhlöffel aus beiden Unterarmen wachsen müssten, um damit unter alle verdammten Sofas und Kühlschränke zu gelangen. Wie viele Stunden verbringen wir damit, im Hausflur auf unsere Kinder zu warten? Wie viele graue Haare auf unserem Kopf verdanken wir ihnen? Wie viele Leben opfern wir für ihr eines? Was braucht man, um eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein? Nicht viel. Nur alles. Einfach nur alles.

Klack. Klack.

Oben auf dem Berg wendet sich Ana gerade ihrer besten Freundin zu und fragt: »Weißt du noch, als wir klein waren? Und du immer Mutter und Kind spielen wolltest?«

Maya nickt, ohne die Stadt aus den Augen zu lassen.

»Willst du immer noch Kinder haben?«, fragt Ana.