: Sophie Tammen
: Harpunentod: Frau Scholles Gespür für Mord Ein Amrum-Krimi
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644007505
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Amrum kann tödlich sein. Polizeisekretärin Frau Scholle und ihr Hund Dolores ermitteln. Unterhaltsame Inselspannung von einer Bestsellerautorin, die wie keine andere den Flair von Inseln, Küste und Meer einfängt.  Gabriele Scholle mag ihren Job als Sekretärin bei der Kriminalpolizei. Die gute Seele des Büros hat ein feines Gespür für Ungereimtheiten. Ihr Rat ist immer gefragt. Nun verlangt ihr Mann jedoch, dass sie mit ihm in Rente geht. Auf keinen Fall! Kurzentschlossen reist sie mit ihrer Labradoodle-Hündin Dolores nach Amrum. Dort will sich die Zweiundsechzigjährige die Nordseeluft um die Nase wehen lassen und zu sich kommen. Sie zieht in die Ferienwohnung von Kapitän Behrendsen. Am nächsten Morgen macht sie auf einem Strandspaziergang eine grausige Entdeckung: Ein alter Mann sitzt tot in einem Ruderboot. In seiner Brust steckt eine Harpune. Ist es dieselbe, die der Kapitän am Vortag bei einer Führung über Walfang in der Hand hielt? Frau Scholle kann nicht anders, sie muss ermitteln. Behrendsen wäre ein guter Partner bei den Recherchen. Dumm nur, dass er einer ihrer Hauptverdächtigen ist.  Der erste Fall für die unwiderstehliche Polizeisekretärin Frau Scholle: Sie hat einen feinen Sinn für Mord - und auch ihre Labradoodle-Hündin hat eine besondere Spürnase.

Sophie Tammen ist das Pseudonym der Bestsellerautorin Anne Barns, deren Erfolgsromane (u.a. 'Apfelkuchen am Meer') oft an der deutschen Küste spielen. Auch in ihren Wohlfühlkrimis mit Frau Scholle spürt man die frische Meeresbrise und den Sand unter den Füßen. Wann immer die Autorin eine Auszeit braucht, reist sie nach Amrum. Dort hat sie längere Zeit gewohnt. Dabei hat sie Insel und Menschen ins Herz geschlossen.  

Kapitel 1


So hatte ich mir meinen Urlaub nicht vorgestellt. Mein Mann tourte mit unserem Wohnmobil durch Bayern, und ich stand an Deck einer Fähre. Zwischen Rolf und mir lagen gut tausend Kilometer, die Berge und, wenn ich angekommen war, auch die Nordsee. Ich sah es positiv: Endlich würde ich mal für mich sein! Nur Dolores begleitete mich.

In den letzten Wochen hatte es viel geregnet, aber pünktlich zu unserer Abfahrt war das Wetter besser geworden. Ich hielt mein Gesicht in die wärmende Morgensonne und sah zu der Insel hinüber, auf die wir zusteuerten. Amrum erwartete uns.

«Wir lassen es uns richtig gut gehen.» Ich beugte mich hinunter und strich über Dolores’ lockigen Kopf.

Sie wedelte mit dem Schwanz und sah mich mit ihren schönen braunen Augen unternehmungslustig an.

Zuerst hatte ich es für keine gute Idee gehalten, dass unser Sohn sich einen Hund anschaffte – einen, den er zum Trüffelsuchen ausbilden wollte. Typisch Max! Er hatte große Pläne mit Dolores gehabt. Doch am Ende hatte sich meine Befürchtung bestätigt. Dolores war in Bausch und Bogen durch die Trüffelsuch-Prüfung gefallen.

Kurz darauf trennte mein Sohn sich von seiner Freundin, und er hatte plötzlich keine Zeit und keinen Platz mehr für einen Hund. Die feinen Pilze blieben unter der Erde, Dolores bei mir.

Eine unerwartete Freude, wie ich feststellte. Die regelmäßigen Spaziergänge mit ihr taten mir gut. Außerdem half sie mir bei der Arbeit. Außerhalb des Kommissariats durfte ich mit niemandem über die Entwicklungen der Kriminalfälle sprechen, die ich als Polizeisekretärin bearbeitete. Es brachte aber meine Gedanken in Ordnung, wenn ich sie laut aussprach. Dolores entpuppte sich als gute Zuhörerin.

Wir waren uns ähnlich. Auch ich hatte Locken, war mal blond gewesen und ebenfalls durch eine wichtige Prüfung gerasselt. Es war nun schon über vierzig Jahre her, und trotzdem sah ich die Bilder immer noch deutlich vor Augen: die Stangen, um die ich rennen, und den Turnkasten, über den ich bei der Aufnahmeprüfung an der Polizeischule springen sollte. Warum ich plötzlich einen inneren Widerstand verspürte und einfach davor stehen geblieben war, weiß ich bis heute nicht. An mangelnder Kondition lag es nicht. Genau genommen war ich nicht durchgefallen, ich wollte nur einfach nicht mehr. So wie Dolores, als sie beim Trüffelsuchen störrisch geworden war und sich geweigert hatte weiterzugehen.

«Wir sind das perfekte Paar, Dolores», sagte ich, «wir werden die Zeit am Meer genießen. Jeden einzelnen Tag.»

Die Frau neben mir schaute zu uns herüber. Wahrscheinlich hatte sie mir zugehört und hielt mich für eine schräge alte Schachtel, weil ich mit meiner Hündin sprach. Aber ich irrte mich, denn sie sagte: «Dolores ist ein schöner Name. Meine Hündin hieß Judy, sie ist leider vor zwei Jahren gestorben.» Ihr Blick wurde traurig. Die Erinnerung schien ihr immer noch wehzutun.

«Oh, das tut mir leid.»

«Sie war perfekt, eine wunderhübsche Border-Collie-Dame mit Charme, Witz und Verstand. Wir haben viel zusammen erlebt.»

Das klang für mich eher wie die Beschreibung der besten Freundin. Wahrscheinlich gehörte diese Frau zu denen, die ihre Vierbeiner wie Menschen behandelten. Ich blickte zu Dolores hinunter. Sie fraß gern, schlief viel und liebte Gassigehen. Sie brachte gerne Bälle oder Stöckchen zurück, wenn ich sie warf. Dolores war eine stinknormale Hündin, keine Freundin.

«Darf ich sie streicheln?», fragte die Frau.

«Gerne. Sie ist lammfromm.»

Das war sie wirklich. Sie würde selbst einen Einbrecher schwanzwedelnd begrüßen, wenn er nur freundlich genug mit ihr sprach. Aber sie war mir lieber als eines von diesen kläffenden und zähnefletschenden Tieren, denen wir manchmal im Park beim Spazierengehen begegneten. Mit der Wasserpistole, in die ich