: Christina Henry
: Der Geisterbaum Roman
: Penhaligon
: 9783641290993
: 1
: CHF 11.60
:
: Fantasy
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine abgelegene Kleinstadt, eine blutige Mordserie und ein entsetzliches Monster: Der neue Fantasy-Horror-Roman von Christina Henry!
Als die Leichen von zwei Mädchen in der Stadt Smiths Hollow auftauchen, weiß die 14-jährige Lauren, dass die blutige Tat ungesühnt bleiben wird. Schließlich konnte die Polizei auch den Mörder ihres Vaters nicht finden, dessen Leiche ein Jahr zuvor im Wald gefunden wurde: Sein Herz war ihm herausgerissen worden, und zwar unter dem berüchtigten Geisterbaum. Warum musste Laurens Vater sterben? Wieso vergessen die Bewohner von Smiths Hollow, dass aus ihren Reihen immer wieder Mädchen verschwinden? Und welches blutige Geheimnis bewahrt der schreckliche und Lauren doch so vertraute Geisterbaum? Sie ahnt, dass sie in Gefahr ist - und dass sie die nächste ist, die ihr Leben verlieren soll ...
Düster, gruselig, einfach phantastisch - verpass nicht die anderen Bücher von Christina Henry wie »Die dunklen Chroniken« oder »Die Legende von Sleepy Hollow«.

Die Amerikanerin Christina Henry ist als Fantasy-Autorin bekannt für ihre finsteren Neuerzählungen von literarischen Klassikern wie »Alice im Wunderland«, »Peter Pan« oder »Die kleine Meerjungfrau«. Im deutschsprachigen Raum wurden diese unter dem Titel »Die Dunklen Chroniken« bekannt und gehören zu den erfolgreichsten Fantasy-Büchern der letzten Jahre. Die SPIEGEL-Bestsellerautorin liebt Langstreckenläufe, Bücher sowie Samurai- und Zombiefilme. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Chicago.

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Juni 1985


Mittwoch

Lauren warf einen Blick nach unten auf ihre Schuhe, die sich auf den Pedalen auf- und abbewegten, während sie mit ihrem Fahrrad Richtung Wald fuhr. Sie trug brandneue türkisfarbene High-Top-Sneaker; sie ähnelten den Chucks, die sie eigentlich gewollt hatte, waren aber markenlose Schuhe von Kmart. Auch wenn sie nicht über den kreisförmigen Aufnäher am Knöchel verfügten, sahen sie ziemlich cool aus. Dachte sie zumindest.

Sie mussten genügen, denn – wie ihre Mutter immer wieder sagte – sie konnten sich keine Markenkleidung leisten. Immerhin hatte sonst niemand an der Schule welche in Türkis. Die Farbe war so grell, dass sie praktisch in der Sommersonne leuchteten, aber bis zum Herbst, wenn die Schule wieder anfing, würden sie ausreichend abgetragen sein, damit sie sich nicht blamierte.

Wenn die Schule wieder losging, wäre sie schonfast fünfzehn(Ende November – noch fünf Monate), was bedeutete, sie würde zu den Älteren in der Jahrgangsstufe gehören; allerdings wäre sie immer noch jünger als Miranda, deren Geburtstag letzte Woche gewesen war. Miranda versäumte es nie, sie daran zu erinnern, weil es bedeutete, dass sie den Führerschein vor Lauren bekommen würde. Lauren machte das nichts aus, solange sie überhaupt in einem Auto zur Schule kam (auch wenn es nicht ihr eigenes war) statt mit dem Fahrrad.

Lauren wusste, dass es Mom nicht gefiel, wenn sie sich mit Miranda im Wald traf. Erst recht nicht seit letztem Jahr. Erst recht nicht, seit Laurens Vater tot in der Nähe der alten Jagdhütte aufgefunden worden war. Mom fand Lauren makaber, wenn sie sich auch nur in die Nähe des Platzes wagte, an dem ihr Vater ermordet worden war.

Doch Lauren interessierte die Meinung ihrer Mutter genauso viel, wie Laurens Mutter sich für ihre Meinung interessierte – nicht im Geringsten. Mom hatte Dad nie so geliebt, wie Lauren es getan hatte. Mom verstand nicht, was es für Lauren bedeutete, sich da aufzuhalten, wo er zuletzt am Leben gewesen war.

Miranda und Lauren trafen sich schon, seit sie ganz klein waren, unter dem Geisterbaum – so lange schon, dass sie nicht mehr wussten, wer als Erste auf die Idee gekommen war. Eine rief die andere an und sagte: »Wir treffen uns am alten Geisterbaum«, und dann fuhren sie beide los.

In den geheimen Schatten der Wälder erlebten sie Abenteuer: Sie errichteten Buden, planschten durch Bäche und kletterten auf Bäume und bauten Schaukeln aus Seilen. In der Nähe der alten Jagdhütte, versteckt im Wald, hatten sie ihr geheimes Basislager. Das war, lange bevor Laurens Vater dort aufgefunden worden war, und jetzt war es schon eine ganze Weile her, dass sie überhaupt dort gespielt hatten.

Im Laufe des letzten Jahres hatte sich viel verändert. Auf einmal wollte Miranda sich nicht mehr schmutzig machen, weshalb sie auch nicht mehr am Seil über den kleinen Bach schwingen wollte, der durch den Wald floss, oder im Laub herumrollen. Sie wollte vor allem Sachen machen, die Lauren eher nicht interessierten, wie sich die Nägel lackieren oder sich gegenseitig die Haare flechten oder über Jungs reden, die Miranda niedlich fand – ältere Jungs, immer, Jungs, die sich nicht im Geringsten für kleine Neuntklässlerinnen interessierten.

Dennoch trafen sie sich immer noch am liebsten am Geisterbaum. Das war der Ort, der nur ihnen gehörte.

Lauren sauste am Imperial Drive-In vorbei, dem Autokino am Stadtrand. Zwei Filme standen auf dem Programm&