: Krischan Koch
: Flucht übers Watt Ein Nordsee-Krimi
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423401319
: 2
: CHF 6.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kunstraub auf Nordfriesisch Kunststudent Harry Oldenburg klaut diverse Noldes aus dem Museum in Seebu?ll und flu?chtet Hals u?ber Kopf mit der erstbesten Fähre nach Amrum, wo er vorerst untertauchen will. Doch in der herbstlichen Inselidylle muss sich Harry einiger neugieriger und unbequemer Mitmenschen entledigen, sodass ihm das Pflaster auf Amrum zu heiß wird. Eine dramatische Flucht u?ber die Inseln und das Watt beginnt.

Krischan Koch wurde 1953 in Hamburg geboren. Die für einen Autor üblichen Karrierestationen als Seefahrer, Rockmusiker und Kneipenwirt hat er sich geschenkt. Stattdessen macht er Kabarett und Kurzfilme und schreibt seit vielen Jahren Filmkritiken u.a. für die>DIE ZEIT< und den>Norddeutschen Rundfunk<. Koch lebt mit seiner Frau in Hamburg und auf der Nordseeinsel Amrum, wo er mit Blick aufs Watt seine Kriminalromane schreibt.

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Viel scheint sich nicht verändert zu haben in den letzten achtzehn Jahren. Auf der »Uthlande« gibt es noch immer dieselben lappigen Fischbrötchen, die von kroatischen Obern in abgetragenen Kellneranzügen mit einem unbeteiligten, aber verblüffend friesisch klingenden »Moin« an den Tisch gebracht werden.

»Aber heute Abend will ich richtigen Fisch. Und Oysters. Versprochen?« Zoe runzelt die Nase unter ihrer Sonnenbrille.

»Wollen mal sehen, was uns erwartet«, sagt Harry. »Damals musste man sich die Austern selbst sammeln.«

Die Resopaltische unter den Bullaugenfenstern im Passagierraum der Fähre und die angestaubten Hydrokulturen zwischen den Sitzecken sind dieselben und auch die Leute: Familien mit Kleinkindern, Ehepaare aus dem Ruhrpott, die seit Jahrzehnten in die Pension »Wattblick« fahren und nach vier Wochen Freikörperkultur wie ihre eigene Ledertasche aussehen, Hamburger Ferienhäusler in Edel-Matrosenshirts von »Hilfiger« und ein paar Einheimische, die sich auf dem Festland mit neuen Kaffeemaschinen eingedeckt haben oder was man sonst für die Vermietung von Ferienwohnungen so braucht. Zumindest haben die Vogelkundler in den altmodischen Anoraks inzwischen graue Bärte. Und vielleicht ist der Fahrkartenkontrolleur der »Wyker Dampfschiffs-Reederei« etwas freundlicher geworden. Auf den Inseln gibt es neben Aquarellkursen mittlerweile auch Ayurveda. Und die Rentnerinnen haben alle Walkingstöcke dabei. So ganz ist die Zeit an der nordfriesischen Inselwelt dann doch nicht vorübergegangen.

Zum ersten Mal nach seiner dramatischen Flucht über die Nordsee in jenen stürmischen Herbsttagen vor achtzehn Jahren kehrt Harry Oldenburg nach Deutschland zurück. Er will Zoe, die er nach seinem ersten Kunstcoup in New York kennengelernt hat, seine norddeutsche Heimat zeigen: Hamburg, die Inseln und das Nolde-Museum in Seebüll. Er will das Grab eines alten Freundes in Keitum auf Sylt besuchen, das heißt, ein Freund war er eigentlich nicht. Vor allem hofft Harry auf Amrum ein Bild zu finden, von dem er Zoe viel erzählt hat und durch das sie damals überhaupt erst zusammengekommen sind. Und vielleicht gibt es ja auch noch die Stelle im Watt, wo man bei Niedrigwasser wilde Austern sammeln kann. Ohne jedes Schwanken gleitet die »Uthlande« über die sommerlich glitzernde Nordsee. Zoe ist ganz erstaunt über die Weite und die Ähnlichkeit mit der Atlantikküste in Maryland, wo sie seit ein paar Jahren leben, in einem Leuchtturm an der Chesapeake Bay. Am Horizont ziehen die wie auf das Wasser gesetzten Halligen vorüber. Harry spürt diese Hochstimmung, die er von früheren Nordseeurlauben kennt. Sie ergreift ihn, sobald er sich auf einer Fähre zu den Nordfriesischen Inseln befindet. Ein Schwung, der bald einer müden Schwere weicht. Ein paar Möwen segeln träge vor dem tiefblauen Himmel über dem oberen Sonnendeck, auf dem die beiden