1. Ekelhafte Zustände bei einem Katzen-Hoarder
Es war Hochsommer im Jahr 2018. Ich bekam eine Meldung über ein Messie-Haus in Niedersachsen. In diesem sollten zahlreiche Katzen schon seit einigen Jahren unter katastrophalen Zuständen vegetieren. Die Rollläden des Hauses sollten immer geschlossen sein, die Katzen im Dunkeln leben. Wahrscheinlich vermehrten sie sich unkontrolliert, waren krank und womöglich starben immer wieder Tiere. Der Whistleblower, der mich alarmiert hatte, berichtete, niemand wisse genau, wie viele Katzen in dem Haus seien und unter welchen Bedingungen sie dort lebten. Man munkele nur. Man könne nur erahnen, wie es im Inneren des frei stehenden Einfamilienhauses aussehen müsse. Das Veterinäramt sei bereits vor Monaten darüber informiert worden, dass in diesem Haus Katzen litten. Doch nichts sei geschehen. Der Tierhalter selbst wohne schon gar nicht mehr dort, sondern komme nur vorbei, um die Samtpfoten zu füttern.
Ich bat den Mann um mehr Informationen. Er schickte mir daraufhin Fotos, auf denen sehr verschwommen eine Katze hinter einem dreckigen Fenster sowie ein vermüllter Hauseingang zu sehen waren. Mehr nicht. Er sagte, er wolle mir das Haus lieber persönlich zeigen, ich solle unbedingt rasch kommen. Das ließ mich erst mal daran zweifeln, dass an den Vorwürfen tatsächlich etwas dran war. Beweise für eine schlechte Tierhaltung waren diese Fotos jedenfalls nicht. Und sie hätten überall aufgenommen worden sein können. Mir kam der Gedanke, dass mich möglicherweise jemand in eine Falle locken wollte. Nicht immer mache ich mir Freunde, wenn ich Tierquälerei aufdecke. Deshalb bin ich lieber vorsichtig. Ich bat meinen Zeugen um weitere Beweisaufnahmen. Es musste doch möglich sein, ein Rollo hochzuschieben und in das Haus hineinzusehen. Vor allem, da es unbewohnt war. Aber weitere Bilder bekam ich nicht. Und auch der Zeuge meldete sich eine Zeit lang nicht. Der Fall wirkte irgendwie suspekt auf mich.
Doch die Gedanken an die Katzen, die dort angeblich leben und sterben sollten, ließen mir keine Ruhe. Ohne meinem Informanten Bescheid zu geben – für den Fall, dass er mir tatsächlich auflauern wollte –, fuhr ich mit einem Tierschutz-Kollegen drei Stunden lang zu dem Haus mitten in Niedersachsen. Ich musste mir ein Bild vor Ort machen und versuchen, einen Blick auf die Katzen zu werfen. Es konnte doch nicht sein, dass mitten in einer ruhigen Straße, umgeben von Nachbarn, seit Jahren solch ein Elend herrschte. Wie schlimm dieses Elend tatsächlich war, würde mich schon bald überraschen.
Am helllichten Tag erreichten mein Helfer und ich das Haus. Wir parkten ein Stück die Straße runter und spazierten unauffällig zu dem Grundstück. Wir begegneten niemandem. Das Haus war umwuchert von Hecken. Die Rollläden waren tatsächlich alle heruntergelassen. Wir blickten uns um. Niemand war zu sehen, kein Auto kam. Dann liefen wir schnell an einer Seite des Hauses entlang in dessen Garten, wo uns das dichte Grün vor neugierigen Blicken schützte. Das Gartengrundstück war weder für die Nachbarn noch für Passanten auf der Straße einsehbar. Wir waren also erst einmal perfekt getarnt. Von hier gingen wir auf eine verdreckte Terrasse und standen vor der Hintertür des Hauses. Auch hier waren die Rollläden heruntergelassen. Auf und neben der Terrasse lagen Gerümpel und Müll herum – wie bei einer typischen Messie-Wohnung. Von Tieren allerdings gab es noch keine Spur. Mit Gummihandschuhen versehen versuchten wir die Rollläden der Terrassentür hochzuhieven. Diese waren ziemlich schwer, aber wir schafften es und konnten sie etwa zwanzig Zentimeter anheben. Gleichzeitig strömte ein widerlicher Geruch unter dem Rollo hervor. Mir wurde direkt schlecht. Keine Frage, das war der typische Geruch von Katzenfäkalien. Und zwar von viel Katzenfäkalien. Das Ekelgefühl musste ich unterdrücken, um nicht zu würgen. Ich wollte jetzt umso mehr ins Innere des Hauses schauen. Nun war klar, dass Tiere in dem Haus waren oder zumindest gewesen waren. Ich leuchtete mit meiner Kameralampe durch das Fenster, das so dreckig war, dass ich kaum etwas erkennen konnte. Nun verstand ich, warum auf dem Foto des Informanten nur verschwommen eine Katze zu sehen war und er mir nicht mehr Bilder geschickt hatte. Mein Adrenalinpegel stieg. Sollten tatsächlich Tiere hier drin gefangen und in Not sein? Ich konnte durch die trübe Sicht nur erahnen, was sich im Inneren des Hauses abspielte. Es gab keinerlei Lichtquelle darin.
Blick ins Katzenmessie-Haus
Plötzlich sprang eine Katze von innen ans Fenster. Sie blinzelte gegen das Licht meiner