Dr. Bernhard Sommerfeldt hatte eine gefälschte Heiratsurkunde besorgt und ein in Leder gebundenes Stammbuch. Er hieß darin Ernest Simmel, und sie war eine geborene Winterberg. Doch Frauke bestand auf einer romantischen Hochzeit. Am besten eine Trauung auf einer Insel in einem Leuchtturm. Sie wollte einen echten Standesbeamten für den Neuanfang.
Er sah ihre Enttäuschung, als sie im Stammbuch blätterte. Er hatte als gemeinsamen Familiennamen Simmel eintragen lassen, war aber sofort bereit, ihren neuen Namen anzunehmen, der natürlich genauso unecht war wie seiner.
Er hatte seinen Namen so oft im Leben gewechselt, es spielte keine Rolle mehr für ihn, wie er hieß. Wichtig war nur, dass er ihn sich merken konnte und nicht im Hotel mit einem Namen unterschrieb, der nicht im Ausweis stand.
Doch darum ging es ihr nicht. Namen waren auch für sie nur wie Bilderrahmen, die man wechseln konnte. Hauptsache, das Gemälde darin war echt.
Sie schmollte: »Ich war jahrelang Miet-Ehefrau für zig verschiedene Typen. Die meisten waren verheiratet und brauchten mich nur für den Urlaub, die Geschäftsreise oder als Übergang zwischen zwei Ehen …«
»Aber du warst doch auch mal richtig verheiratet.«
»Ja, mit einem Riesenarsch. Erinnere mich bitte nicht an den.«
Sie hob den rechten Arm und schlug dann mit der flachen Hand demonstrativ auf den Frühstückstisch. Die Teekanne hüpfte auf dem Stövchen. Die Tassen klirrten auf den Untertellern. Ostfriesische Rose. Ihr Lieblingsservice.
Die Möwe auf der Balkonbrüstung glaubte, der Wutanfall gelte ihr. Sie flatterte erschrocken weg.
Sommerfeldt biss in den Rosinenstuten und kaute langsam, um Zeit zu gewinnen.
Sie sagte trotzig: »Ich will eine richtige Hochzeit! Ein weißes Kleid! Einen Bräutigam, der mich über die Schwelle trägt und …«
»Aber«, wandte er ein, »das bedeutet, wir müssen Papiere beim Standesamt vorlegen. Abschriften aus Geburtsregistern, aus dem Personenstandsbuch, und wenn du auch noch kirchlich heiraten willst …«
Da lag wenig Zweifel in seiner Stimme. Es war mehr Spott, als könne das ja überhaupt nicht sein. »Dann bräuchten wir auch noch Tauf-, Firmungs- oder Konfirmationsbescheinigungen«, lachte er. »Außerdem Bestätigungen, dass wir ledig sind, und irgendein Geistlicher muss uns das alles auch noch glauben. Dazu kommt …«
Sie unterbrach seinen Redeschwall: »Natürlich will ich kirchlich heiraten.«
Er war baff. »Ich bin ein Serienkiller und du …« Er sprach es vorsichtshalber nicht aus.
»Na und? Träumen wir deswegen nicht vom Glück? Sollen wir immer nur finster gucken und keine Sehnsüchte mehr haben?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schob ihr Kinn vor: »Ich will eine Leuchtturmhochzeit. Nimm mich richtig oder gar nicht!«
Er gab zu bedenken: »Wir bräuchten dann auch Trauzeugen.«
»Und wenn schon. Haben wir keine Freunde?«
»An wen denkst du da?«
»Es müssen ja keine Gangster sein, die in deiner Klinik einen Drogenentzug gemacht haben oder denen du eine Schusswunde genäht hast.«
»Sondern?«
»Ich dachte eher so an ganz seriöse Leute.«
»Seriöse?« Er sprach das Wort aus, als suche sie dreibeinige Zyklopen.
»Ja, halt normale Menschen.«
Er guckte nur.
»Menschen wie dich und mich«, erklärte sie.
Er lachte: »Wir sind nicht seriös und auch nicht normal. Überhaupt ist mir schon das Wort suspekt.« Er verzog den Mund und sprach es angewidert aus: »Normal … Wen meinst du damit? Rupert?«
Jetzt hatte er sie erwischt.
»Du schlägst ausgerechnet einen Kommissar vor, dessen Miet-Ehefrau ich war?«
Sommerfeldt schüttelte den Kopf. »Du warst nicht die Ehefrau des Kommissars, sondern des Gangsterbosses, den er gespielt hat. Frederico Müller-Gonzáles.«
Sie winkte ab. »Kalter Kaffee.« Nach einer kurzen Zeit des Nachdenkens gestand sie: »Ich war mal richtig verknallt in ihn … glaub ich … bevor ich dich ken