Main Data
Author: Susanne Abel
Title: Stay away from Gretchen Eine unmögliche Liebe - Roman
Publisher: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN/ISSN: 9783423438315
Edition: 1
Price: CHF 9.90
Publication date: 03/18/2021
Content
Category: Narrative literature
Language: German
Technical Data
Pages: 496
Copy protection: Wasserzeichen
Devices: PC/MAC/eReader/Tablet
Formate: ePUB
Table of contents
Eine große Liebe in dunklen Zeiten Der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath macht sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta, die immer mehr vergisst. Als die Diagnose Demenz im Raum steht, ist Tom entsetzt. Bis die Krankheit seiner Mutter zu einem Geschenk wird: Erstmals erzählt Greta aus ihrem Leben - von ihrer Kindheit in Ostpreußen, den geliebten Großeltern, der Flucht vor den russischen Soldaten im eisigen Winter und ihrer Zeit im besetzten Heidelberg. Als Tom jedoch auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stößt, verstummt Greta. Zum ersten Mal beginnt Tom, sich eingehender mit der Vergangenheit seiner Mutter zu befassen. Nicht nur, um endlich ihre Traurigkeit zu verstehen. Es geht auch um sein eigenes Glück.

Susanne Abel stammt aus einem badischen Dorf an der französischen Grenze. Sie arbeitete bereits mit 17 Jahren als Erziehungshelferin und später als Erzieherin mit geistig behinderten Kindern und Jugendlichen. Im Anschluss studierte sie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin und realisierte als Regisseurin und Autorin zahlreiche Dokumentationen fürs Fernsehen. Mit ihrem gefeierten Romandebüt>Stay away from Gretchen< stürmte sie die Spiegel-Bestsellerliste. Die Autorin lebt in Köln.
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EINS.Juli 2015


»In zwei Minuten sind wir live!«, ruft der Aufnahmeleiter durch das Nachrichtenstudio.

Die Kameramänner setzen ihre Kopfhörer auf.

»Wo ist Toms Cola? Und Sabine mit der Krawatte?«

Anchorman Tom Monderath nimmt hinter seinem Moderationspult Platz.

»Wir sind noch am Innenminister dran – eventuell haben wir eine Liveschalte, die du spontan anmoderierst. Ich geb’s dir dann aufs Ohr«, sagt die Regisseurin über den Studiolautsprecher.

Tom nickt, zieht am Strohhalm, schlürft die eiskalte Cola und probt murmelnd den Eröffnungstext: »Überall im Land werden Temperaturrekorde gemessen. Unwetter legten heute weite Teile von Deutschland lahm. Vor allem für ältere und kranke Menschen ist die Hitze eine Gefahr …«

»Die Eins etwas closer, die Zwei macht die übliche Fahrt«, gibt die Regie an die Kameramänner durch, und über die Studiolautsprecher ertönt: »Noch mal Maske bitte!«

»Noch eine Minute!«

»… nachdem gestern die höchsten Temperaturen des Jahres gemessen wurden, kam es heute in vielen Krankenhäusern …«

Sabine, Toms Assistentin, richtet mit ungewöhnlich fahrigen Händen seinen Krawattenknoten über dem Hemd.

»Was ist los?«, fragt er leise und deckt mit seiner Hand das Mikro ab.

»Ich hab … mein Vater … Mein Vater ist tot, und ich …« Den Rest des Satzes verschluckt Sabine und dreht sich weg. Das Glas Cola fällt um. Braune Spritzer zieren Toms weißes Hemd.

»Scheiße!«

Seine Assistentin hilft ihm aus dem Blazer. Der Aufnahmeleiter läuft mit dem Ersatzhemd an den Kameramännern vorbei.

»Noch dreißig!«

»Sorry«, stammelt Sabine.

»Mach dir keinen Kopf. Kann ich irgendetwas für dich tun?«, fragt Tom, schlüpft in sein frisches Hemd und stopft es in die Hose.

»Noch fünfzehn, alle aus dem Bild!«

Der Musikticker setzt ein.

Sabine schüttelt den Kopf und richtet Toms Krawatte.

»Letzter Trailer … Achtung, in zehn …«

»Danke«, sagt Tom, streift ihre Schulter und nimmt Platz.

Sabine springt zur Seite.

»Und fünf, vier, drei, zwei …«

»Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es folgen die wichtigsten Meldungen vom 5. Juli 2015.«

*

»Guten Abend, mein sehr verehrter Schatz«, antwortet die vierundachtzigjährige Greta neun Kilometer rheinaufwärts von ihrem Fernsehsessel aus und prostet ihm mit einem Tässchen Pfefferminztee zu. »Nicht schlecht, die Krawatte heute. Aber ich weiß ja nicht, warum deine Haare so kurz sein müssen. Findest du wirklich, dass dir das steht?« Sie nimmt den Teller mit den Schnittchen von ihrem Dinett-Servierwagen, der genauso alt ist wie ihr zu großes Domizil, und beißt von ihrem Leberwurstbrot ab.

»Natomanöver in der Ukraine. Den Krieg in der Ukraine und Putins Kraftmeiereien kann der Westen nicht länger hinnehmen …«

»Putin, dieser Weiberheld«, sagt sie und pult ein Stückchen Gurke aus ihren Zähnen, hört nebenbei, wie die amerikanische Präsidentschaftskandidatin Clinton vor der zunehmenden militärischen Macht der Chinesen warnt. Auch dass der griechische Ministerpräsident Tsipras über Schulden verhandeln will, beachtet sie nicht weiter, denn wie jeden Abend wartet sie nur auf eines: den speziellen Spruch zur Nacht, mit dem sich der Moderator verabschiedet.

»›Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten‹, soll August Bebel gesagt haben. Ich

 
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