Kapitel 1
Der Mond schien hell in dieser Nacht. Klar war der Himmel und die Sterne glitzerten. Der große Baum vor dem Fenster warf seine Schatten in unser Zimmer. Mit jedem kleinen Windstoß bewegten sich die Äste. Kühl strich die Nachtluft über meinen Körper, die von dem geöffneten Fenster hereinströmte. Meine Haut reagierte sofort darauf. Ich zog die Decke über meine Schultern und genoss das wohlige Gefühl meiner eigenen Wärme.
Alles schlief. Es war still im Haus, nur ich war noch wach, drehte mich unruhig zur Seite, strich mein langes, braunes Haar aus meinem Gesicht und lauschte der Stille. Die Geräusche des Tages waren verklungen und würden in ein paar Stunden von Neuem erwachen. Klapperndes Geschirr aus der Küche, der Rasenmäher auf dem Grundstück und die Menschen, die hier lebten und arbeiteten, würden wieder zu hören sein. Doch jetzt war alles stumm, nur die Alarmanlage, die uns bewachte, tat fast unhörbar ihre Arbeit.
Ich hatte das Gefühl, allein im Raum zu sein und doch sah ich meine Zwillingsschwester in ihrem Bett liegen - auf der anderen Seite des Zimmers. Ihre Decke hatte sie um ihren Körper geschlungen, sie schlief ruhig und fest. Amy liebte es, auszuschlafen, während ich gerne früh aufstand. Erst wenn die Sonne schon die Mittagszeit einläutete, erwachte sie. Ihre Haare waren zerzaust, und sie schien noch eine Weile zu brauchen, bis sie endlich richtig wach wurde. Die übliche Dusche vertrieb ihr die Müdigkeit schlagartig. Bis sie zum Mittagessen erschien, waren die Spuren ihres tiefen Schlummers meist verschwunden. Sie besaß die gleichen großen Augen, die gleiche kleine Nase, den gleichen vollen Mund, wie ich. Ihre Haare hatten genau den gleichen Farbton und auch die Länge war identisch. Erst beim näheren Hinsehen konnte man wenige, feine Unterschiede erkennen. Wir glichen uns, für jeden sichtbar,