: Viveca Sten
: Mörderische Schärennächte Ein Fall für Thomas Andreasson
: Verlag Kiepenheuer& Witsch GmbH
: 9783462306910
: Thomas Andreasson ermittelt
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die gute Nachricht zuerst: Thomas Andreasson ermittelt weiter! Der letzte Fall hätte ihn fast das Leben gekostet, doch Thomas Andreasson kehrt zurück auf die Polizeistation in Nacka. Sein erster Fall nach langer Krankheit scheint eindeutig zu sein: Markus Nielsen wird erhängt in seinem Zimmer aufgefunden, und er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen.An einem kalten Septembertag wird der Student Markus Nielsen tot in seiner Wohnung in Nacka aufgefunden. Er hängt an einem Seil, das an der Deckenlampe befestigt wurde, und er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. Doch seine Mutter ist überzeugt, dass er ermordet wurde, und bittet die Polizei in Nacka, den Fall nicht zu den Akten zu legen. Auf der Wache ist die Situation angespannt, denn fast ein halbes Jahr nach seinem schweren Unfall ist Thomas endlich wieder im Dienst, doch es fällt ihm schwer, wieder Fuß zu fassen. Die Ermittlungen der Polizei führen zur Militärbasis auf der Insel Korsö, gleich neben Sandhamn gelegen. Nora Linde, Thomas' Freundin aus Kindertagen, versucht mehr über das Militärlager herauszufinden, das den Küstenjägern jahrzehntelang als Standort diente. Gibt es etwas in der Vergangenheit, das nicht herauskommen soll?Ein neuer spannender Fall von Viveca Sten, die mittlerweile eine riesige Fangruppe auch in Deutschland hat.

Viveca Sten war Chefjuristin bei der dänischen und schwedischen Post, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie wohnt mit Mann und drei Kindern vor den Toren von Stockholm. Seit sie ein kleines Kind war, hat sie die Sommer auf Sandhamn verbracht, wo ihre Familie seit mehreren Generationen ein Haus besitzt. Ihre Sandhamn-Krimireihe feiert weltweit Erfolge und wurde für das ZDF verfilmt.
Inhaltsverzeichnis

Kapitel 7


Thomas betrat den großen Konferenzraum, in dem sie für gewöhnlich ihre Morgenbesprechung abhielten. Er hatte gerade eben Maria Nielsen nach unten begleitet, und ihr trauriges Flehen klang ihm noch in den Ohren.

Der Alte saß wie üblich am Kopfende des Tisches, neben Karin Ek, der tüchtigen Assistentin. Am gegenüberliegenden Ende trank Erik Blom den letzten Schluck aus seiner Kaffeetasse. Das feuchte Haar und das immer noch gerötete Gesicht verrieten, dass er direkt aus dem Trainingsraum gekommen war. Sein Handy piepste kurz, und als er die Mitteilung las, schmunzelte er.

Thomas konnte sich gut vorstellen, dass es eineSMS von einer der zahllosen Freundinnen war, die den Weg des lebenslustigen jungen Polizisten kreuzten. Er selbst hatte nie ein solches Leben geführt.

Gerade als der Zeiger auf acht Uhr sprang, ging die Tür auf und Margit kam herein. Sie ging zu Thomas’ Seite vom Tisch und schlüpfte auf einen Stuhl.

»Sorry«, murmelte sie in Richtung des Alten. »Stau auf der Skurubron.«

Sie erhielt ein kurzes Nicken als Antwort.

Während die Kollegen die Aufgaben des Tages besprachen, wanderten Thomas’ Gedanken zu Maria Nielsen. Er hatte ihr halb versprochen, den Tod ihres Sohnes nicht ad acta zu legen. Nicht, weil er seine Meinung geändert hätte, sondern weil ihre Verzweiflung ihn berührte.

Plötzlich merkte er, dass es still im Raum geworden war.

»Bist du noch bei uns, Thomas?«, fragte der Alte.

Thomas versuchte, sich zusammenzureißen und ein Gesicht zu machen, als sei er ganz bei der Sache. Tatsächlich hatte er keine Ahnung, worüber sie gerade gesprochen hatten.

Wie so oft in der letzten Zeit fiel es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Es war, als wollte sein Gehirn nicht gehorchen. Manchmal ging ihm etwas durch den Kopf, und dann plötzlich dachte er an etwas ganz anderes.

»Natürlich«, sagte er.

»Gut, dann war es das für heute«, sagte der Alte.

»Moment noch«, sagte Thomas.

»Ja?«

Der Alte sah ihn an.

»Marcus Nielsen.«

Thomas’ Tonfall war forscher als beabsichtigt.

»Was ist mit ihm?«

»Sollten wir uns seine Todesumstände nicht etwas genauer ansehen?«

Der Alte sah ihn fragend an.

»Er hat sich erhängt«, sagte er.

»Seine Mutter war vorhin bei mir. Sie glaubt nicht daran.«

»Ich habe am Sonntag seine Familie besucht«, sagte Margit. »Keiner von ihnen wollte akzeptieren, dass er Selbstmord begangen hat. Angehörige tun das selten.«

»Ich würde jedenfalls gern noch ein paar Stunden an dem Fall arbeiten«, sagte Thomas.

In Margits Augen sah er etwas aufblitzen, das schwer zu bestimmen war. Mitgefühl, vielleicht. Oder Sorge, dass ihm das alles zu viel wurde?

Er war am Sonntag erst spät am Tatort erschienen, und das passierte ihm nicht zum ersten Mal. Er schlief immer noch schlecht, und manchmal nahm er Schlaftabletten, obwohl er dann am nächsten Tag müde war. Es kam sogar vor, dass er den Wecker nicht hörte und so sehr verschlief, dass er die Morgenbesprechung verpasste.

Aber die Alternative war, dass er kurz nach Mitternacht aufwachte und nicht wieder einschlafen konnte, weil ihm die Gedanken wieder und wieder durch den Kopf gingen, wie ein Film, der kein Ende nehmen wollte. Dann sorgte der Schlafmangel dafür, dass er den ganzen nächsten Tag benommen war.

»Ich dachte, ich suche die Familie auf und spreche noch einmal mit ihnen.«

Er klang unsicher, er hörte es selbst und straffte die Schultern. Mit festerer Stimme sagte er:

»Ich finde, das sind wir dem Jungen schuldig. Er war erst zweiundzwanzig.«

»Meinetwegen«, sagte der Alte. »Aber verschwende nicht zu viel Zeit damit. Wir brauchen dich dringend für andere Sachen, Thomas, jetzt wo du wieder da bist.«

Der Alte packte seine Zettel zusammen und erhob sich. Die Sitzung war beendet.

 

Familie Nielsen wohnte in einem weißen Backsteinhaus in einem nördlichen Vorort von Stockholm.