Kapitel 1
Tabak
Alle Siebenjährigen haben Superhelden verdient. So ist das einfach. Und wer anderer Meinung ist, der ist ein bisschen blöd im Kopf.
So drückt es Elsas Oma aus.
Elsa ist sieben Jahre alt, allerdings fast acht. Im Sieben-Jahre-alt-Sein ist sie nicht besonders gut, das weiß sie auch. Sie weiß, dass sie anders ist. Der Rektor in der Schule sagt, dass sie sich »anpassen müsse«, um »mit den Gleichaltrigen besser auszukommen«, und Leute im Alter von Elsas Eltern meinen immer, sie sei »sehr reif für ihr Alter«. Elsa weiß, dass das nur ein anderer Ausdruck ist für »schrecklich vorlaut für ihr Alter«, denn sie sagen es immer, wenn sie sie gerade korrigiert hat, weil sie »Déjà vu« falsch aussprechen oder nicht zwischen »mich« und »mir« unterscheiden können. So wie Schlaumeier es in der Regel nicht können. Dann sagen sie »reif für ihr Alter«, die Schlauköpfe, und lächeln Elsas Eltern dabei angestrengt an. Als wäre es eine Behinderung, als würde Elsa sie damit kränken, dass sie nicht ganz dumm im Kopf ist, obwohl sie erst sieben ist. Das ist auch der Grund, warum sie keine Freunde hat außer Oma. Weil alle anderen Siebenjährigen in ihrer Schule genauso dumm im Kopf sind, wie es Siebenjährige nun mal sind. Aber Elsa ist anders. Oma sagt, das könne ihr egal sein. Denn alle Superhelden seien anders. Und wenn Superkräfte normal wären, dann hätte sie ja jeder.
Oma ist siebenundsiebzig Jahre alt. Allerdings fast achtundsiebzig. Und sie ist darin auch nicht besonders gut. Man sieht ihr an, dass sie alt ist, denn ihr Gesicht sieht aus wie Zeitungspapier in durchnässten Schuhen, aber es kommt nie jemand auf die Idee zu sagen, Oma sei reif für ihr Alter. »Fit« für ihr Alter, das sagen die Leute manchmal zu Elsas Mutter. Und dabei schauen sie in der Regel ziemlich besorgt oder ziemlich wütend drein, und dann seufzt Mama und fragt, wie hoch der Schaden diesmal sei. Zum Beispiel, wenn Oma findet, die Leute seien schließlich selbst schuld, wenn sie sich so verflucht unsolidarisch verhalten und in ihren Autos die Handbremse anziehen, wenn sie Renault rückwärts einparken muss. Oder wenn sie im Krankenhaus raucht und der Feueralarm losgeht und sie schreit: »Das ist doch ein Riesenmist, dass heutzutage alles so politisch korrekt sein muss!«, und dann das Sicherheitspersonal kommt und sie zwingt, ihre Zigarette auszudrücken. Oder wie damals, als sie den Schneemann gebaut, ihm echte Kleider angezogen und ihn auf dem