: Philipp Gurt
: Bündner Sturm Ein Fall für Giulia de Medici
: Kampa Verlag
: 9783311704027
: 1
: CHF 14.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Sturm zieht über das herbstlich gefärbte Engadin, als Giulia de Medici, Alpinpolizistin und Chefermittlerin der Kantonspolizei Graubünden, zu einer Leiche auf den Roseggletscher gerufen wird. Dort angekommen, ist Giulias Verwunderung groß: Die fast gänzlich eingefrorene Tote trägt ein rotes Sommerkleid, und die zum Fundort gerufene Forensikerin stellt fest, dass die junge Frau bereits vor über zwanzig Jahren ermordet wurde. Als Giulia auf dem Weg zurück ins Tal in der Berghütte Chamanna Coaz Rast macht und dabei auch noch auf die tote Hüttenwartin stößt, beginnt eine aufreibende Jagd nach den Schuldigen. Liebe, Verrat, Leidenschaft und Intrigen zwingen die temperamentvolle Berglerin beinahe in die Knie.

PHILIPP GURT wurde 1968 als siebtes von acht Kindern einer armen Bergbauernfamilie in Graubünden geboren und wuchs in verschiedenen Kinderheimen auf - eine Zeit, die er in seinem autobiographischen Buch »Schattenkind« (2016) verarbeitete, für das er 2017 mit dem Schweizer Autorenpreis ausgezeichnet wurde. Bereits als Jugendlicher verfasste Gurt Kurzgeschichten, mit zwanzig folgte der erste Roman. Schon immer hatte er ein inniges Verhältnis zur Natur, das auch sein hochatmosphärisches Schreiben prägen sollte. Seine Verbundenheit mit dem Kanton Graubünden, wo er noch heute als freier Schrift­steller lebt, ist in jedem seiner Romane spürbar, so auch in »Bündner Abendrot«, Giulias letztem Fall, der 20 Wochen lang ununterbrochen auf der Schweizer Bestsellerliste stand.

2


Am selben Tag,14:28 Uhr – Kriminalpolizei Chur, Fahndung Hansahof

Giulia de Medici betrat soeben das Gebäude unterhalb des Bahnhofs und stieg die zwei Stockwerke zu ihrem Büro hoch, als ihr Handy surrte. Sie blickte auf das Display:Nadia Caminada (KAPO).

»Nadia, bin in einer Minute im Office …«, sagte die dreiunddreißigjährige Chefermittlerin der Kriminalpolizei und steckte, ohne eine Antwort abzuwarten, das Gerät zurück in die rechte Gesäßtasche ihrer Jeans, während sie das alte Treppenhaus emporstieg, in dem es nach Putzmittel roch.

Nadia saß allein im gemeinsamen Dreierbüro hinter ihrem Schreibtisch, Sigron war im Urlaub. Draußen drückte die Herbstsonne immer wieder zwischen Wolkenlücken durch.

»Was gibt’s?« Giulia legte ihren Schlüsselbund auf den Tisch, stellte danach ihre Tasse unter die Kaffeemaschine, die auf einem niedrigen Aktenschrank stand, und blickte fordernd zu Nadia, während sich die Tasse füllte. Nach dem ersten Schluck lehnte sie sich gegen die Tischkante ihres Schreibtisches, während sie weiter ihrer Ermittlerkollegin und besten Freundin zuhörte.

»Aha?« Giulia stellte die Tasse ab, als Nadia fertig war. »Du verarschst mich doch, oder?« Sie zurrte ihren schwarzen Pferdeschwanz zurecht und öffnete den Reißverschluss ihrer dünnen graublauen Parka, wodurch ihr Waffenholster zum Vorschein kam. Nadia, die im sechsten Monat schwanger war, schüttelte ihren Kopf, lachte verhalten. »Kam tatsächlich genau so vor wenigen Minuten via Einsatzzentrale rein …«

Giulia sah ihr an, dass sie nicht flachste. »Also, Madame Caminada, nur damit ich es richtig verstanden habe; vor einer halben Stunde meldete sich im Polizeiposten Samedan ein gewisser Le-der-ho-sen Djan-go, ein Tiroler, per Telefon während des Aufstiegs zur Chamanna Coaz.« Sie betonte den Namen mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ihm sollen unterwegs zwei holländische Alpinisten den Fund einer Gletscherleiche, die auf dem Roseggletscher liegt, gemeldet haben?«

»Das sagte er, ja.«

»Okay«, sagte Giulia gedehnt. »Nach diesem Hitzesommer und dem damit verbundenen Rekordschwinden der Gletscher wäre dies nicht der erste derartige Fund in diesem Jahr. Doch der Kerl berichtete weiter, dass es sich bei der Toten um eine Frau in einem knallroten Sommerkleid handelte. Ein Sommerkleid auf einem Gletscher?«

»Genau, oder wie mein Neni, der Landjäger Caminada, gesagt hätte: präzis.« Nadia erinnerte sich gerne an ihren legendären Großvater Walter Caminada, der viele Jahre als einfacher Polizist in Graubünden Fälle gelöst hatte.

»Und weiter informierte dieser Le-der-ho-sen Djan-go die Einsatzzentrale auch darüber, dass er den Weg zur Berghütte Chamanna Coaz weiter hochsteige. Doch seither ist weder er noch die Hüttenwartin zu erreichen«, schloss Giulia ihre Zusammenfassung.

»Die Dame hat einhundert Punkte.«

Giulia trank nachdenklich weiter Kaffee. Draußen wehte der aufkommende Herbststurm Blätter an die Scheiben, ein Postauto fuhr brummend über die bogenförmige Tivolibrücke, gedämpft drang der Lärm in den Raum, während die Sonne hinter der nächsten Wolke verschwand. »Ein schlechter Scherz des Anrufers? Wäre ja nicht der erste. Sag Nadia, hat dieser, ähm, Lederhosen-Django wenigstens die ungefähre Position der Gletscherleiche benennen können?« Ihrem spöttischen Ton war zu entnehmen, dass sie die Sache nicht ganz ernst nahm. »Wenn nicht, dann muss sowieso der Heli her. Die abzusuchende F