: Dora Heldt
: Drei Frauen und ein falsches Leben Roman | Der Nr.-1-Spiegel-Bestseller
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423441308
: Die Haus am See-Reihe
: 1
: CHF 13.30
:
: Erzählende Literatur
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Vergangenheit und Zukunft: Die Frauen-am-See-Erfolgsgeschich e geht weiter Wie geht man damit um, wenn alle Lebensträume zerplatzen? Wie gut kennen wir unsere Eltern? Über ein Projekt im Pflegeheim ihrer Mutter ist Friederike zum ersten Mal gezwungen, sich mit Esthers Leben auseinanderzusetzen. Vieles erscheint in einem anderen Licht ... Alex recherchiert für ein Buchprojekt über die Industriellenfamilie Hohnstein, deren weiße Weste angesichts der Verstrickungen in das Nazi-Regime immer mehr Risse bekommt. Jule, deren Tochter Pia - wie sie selbst einst - ihren Alltag als alleinerziehende Mutter stemmt, muss lernen, dass sie jetzt, mit Mitte Fünfzig, die vielleicht letzte Chance hat, ihr Leben noch einmal zu ändern. Frauenleben: Nur mit der Kraft der Erinnerung kann der Weg in die Zukunft gelingen.

Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, hat sich mit ihren Romanen und Krimis auf die Spitzenplätze der Bestsellerlisten und in die Herzen von Millionen von Leserinnen und Lesern geschrieben. Wie kaum eine andere Autorin in Deutschland kennt sie den Buchmarkt von allen Seiten: Die gelernte Buchhändlerin war über 30 Jahre lang Verlagsvertreterin für einen großen Publikumsverlag. Neben humorvollen Familien- und Frauenromanen (u.a.>Urlaub mit Papa<,>Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt< oder>Drei Frauen am See<,>Drei Frauen, vier Leben<) begeistert sie ihr Publikum mit lustig-skurrilen Sylt-Krimis, Erzählungen und Kolumnen. Die Liebe zu ihrer norddeutschen Heimat ebenso wie die zu den Menschen dort fängt Dora Heldt auf unnachahmliche Weise in all ihren Büchern ein.

1.


Ihre Mutter hatte einen Sahnefleck am Kinn. Friederike überlegte, ob sie ihr das sagen sollte, ließ es aber, weil ein solcher Hinweis auch schnell einen Wutausbruch zur Folge haben konnte.

»Schmeckt dir die Torte?«

Esther sah hoch und fragte undeutlich, aber freundlich: »Was ist das für ein Obst?«

»Maracuja.«

»Das gab’s früher auch nicht«, Esther kratzte den Rest der Torte vom Teller. »Meine Mutter hat zu besonderen Feiertagen Erdbeertorte gemacht. Oder Nuss. Aber diese Mara…dings, das gab’s noch nicht.«

»Mhm«, Friederike nickte. »Möchtest du noch ein Stück?«

»Nein.« Esther hob den Kopf und sah Friederike unsicher an. »Mehr als eines gibt es nie. Das ist ja viel zu teuer.«

Bevor Friederike etwas sagen konnte, klopfte es an der Tür, die sofort danach geöffnet wurde. »Frau Brenner, es gibt Kaffee«, die blonde Frau mit der Thermoskanne blieb sofort stehen. »Ach, Sie haben Besuch von Ihrer Tochter, guten Tag, ich habe Sie gar nicht kommen sehen.«

»Hallo Schwester Sandra«, Friederike lächelte, blieb aber sitzen. »Ich habe Kaffee mitgebracht. Und zu viel Torte. Möchten Sie auch ein Stück? Maracuja-Sahne.«

»Sie hat immer Erdbeertorte gemacht«, murmelte Esther, »oder Nuss.«

»Nusstorte mag ich auch gern«, Sandra hatte die Stimme gehoben und ihre Hand wie beiläufig auf Esthers Schulter gelegt. »Aber Maracuja-Sahne auch. Haben Sie schon genug Kaffee oder möchten Sie noch eine Tasse?«

Esther schüttelte nur den Kopf, schob den Teller zur Seite und legte ihre Hände in den Schoß. »Ich muss jetzt gleich arbeiten«, sagte sie. »Meine Mittagspause ist fast vorbei. Und Frau von Mandel holt nachher ihr Cape ab.«

»Ja, ich weiß«, antwortete Sandra ernsthaft, bevor sie sich an Friederike wandte und leise sagte: »Können Sie nachher noch mal in mein Büro kommen, bevor Sie fahren? Ich wollte gern noch was mit Ihnen besprechen.«

»Natürlich«, Friederike nickte. »Ich komme gleich.«

»Fein«, Sandra lächelte kurz, dann legte sie die Hand auf den Türgriff. »Und falls wirklich Torte übrig ist, nehme ich sie gern. Die Kollegen freuen sich. Dann gehe ich mal wieder. Ach, Frau Brenner, bevor Sie ins Geschäft gehen, Sie haben ein bisschen Sahne am Kinn.«

Sofort zog Esther ein Taschentuch aus dem Ärmel und rieb sich den Fleck weg. Sie kicherte kopfschüttelnd. »Na, das wäre was gewesen. Danke. Oh Gott, oh Gott.«

Erstaunt hob Friederike die Augenbrauen, Sandra zog die Tür leise hinter sich zu.

»So«, Esther schob das Taschentuch zurück in den Ärmel und stand etwas schwerfällig auf. »Ich müsste mich dann jetzt umziehen. Hilde ist sonst allein.«

»Hilde?«

»Ja«, Esther blickte sie fragend an. »Natürlich. Wollen wir uns ein anderes Mal treffen? Wenn ich mehr Zeit habe? Oder passt es Ihnen nur heute?«

»Esther«, mit einem kleinen Seufzer erhob Friederike sich. »Weißt du nicht, wer ich bin?«

Ihre Mutter starrte sie an. Plötzlich lächelte sie. »Doch, natürlich. Friederike. Aber ich muss jetzt trotzdem los. Frag doch Marie oder Jule, ob sie Zeit für dich haben. Bis später.« Hoheitsvoll nickte sie ihr zu, dann ging sie langsam in ihr Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.

Unschlüssig blieb Friederike noch einen Moment stehen. Anscheinend war ihr Besuch jetzt beendet. Sie nahm die Tortenschachtel, die mitgebrachte Thermoskanne und ihre Handtasche, warf einen letzten Blick ins Zimmer ihrer Mutter und machte sich auf den Weg zu Schwester Sandra.

 

Das Büro lag am Ende des breiten Flurs, in den das Sonnenlicht durch die bodentiefen Fenster schien und die blühenden Zimmerpflanzen zum Leuchten brachte. Irgendjemand hier musste einen grünen Daumen haben. Friederike blieb vor einem der Fenster stehen und sah in den Garten. Es gab sch