1.
Der Conde Topilzin Axitl saß auf einem Kopf. Die riesigen Wedel einer Corozo-Palme bildeten einen grünleuchtenden Baldachin über ihm, der ihn vor der heißen Sonne Mexikos schützte.
Der Kopf war drei Meter hoch und wog vierhundert Zentner. Er bestand aus dunklem Basalt. Sein Schöpfer hatte ihn aus einem Block herausgehauen. Es war unverkennbar der Kopf eines Vollblutnegers.
Der junge Conde ruckte herum. Ein Geräusch hatte ihn alarmiert.
Ein Mann stolperte durch das brütende Dickicht von Unterholz, Büschen und dornigen Ranken. Seine Knie waren halb eingeknickt und trugen ihn kaum mehr. Er ging, als würde er beim nächsten Schritt fallen. Seine Hände kämpften fahrig mit den Dornen, die ihn festhalten wollten.
Er trug eine dick wattierte, vielfach übersteppte Hose, die in ein polares Klima gehörte, dazu ein verwaschenes, zerrissenes Wollhemd von einem fahlen Gelb. Zwischen seinem struppigen Haar und meinem wilden Vollbart brannten fiebrige Augen in einem mageren, knochigen Gesicht.
Auf der linken Brustseite war das Hemd nicht mehr gelb. Es hatte mich rot gefärbt und klebte auf der Haut.
Er taumelte in die kleine Lichtung hinein. Als seine Augen den riesigen Basaltkopf vor sich entdeckten, zuckte er zusammen und blieb stehen. Dann brachen seine Knie ein. Der Oberkörper folgte langsam. Die Hände fingen ihn auf. Die Ellbogen gaben ebenfalls nach. Er legte sich die linke Seite, versuchte aber auch weiterhin, sich mit der rechten Hand zu stemmen, als wollte er noch nicht aufgeben.
Der junge Conde Topilzin Axitl glitt von dem Kopf herunter, kam mit einer geschmeidigen Bewegung auf die Füße und beugte sich über den Sterbenden, der eine Schusswunde in der Nähe des Herzens trug.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«
Der Mann hob mit großer Anstrengung den Kopf. Seine Augen hatten schon fast die Leere des Todes.
Er sank vollends auf die linke Seite herunter. Seine rechte Hand schleifte krallend über den Boden, Sie tastete nach seiner rechten Hosentasche, fand sie endlich und griff in sie hinein. Nach langen Sekunden kam sie schwerfällig wieder heraus, als könnte sie es kaum mehr schaffen.
Die krallenden Finger öffneten sich. Sie gaben einen zerknüllten Zettel und einige Geldscheine frei. Die Lippen lallten dazu.
»Blitzfunk – dringend – bringen ihn um –Blitzfunk – Blitzfunk …«
Das letzte Wort war nur noch ein Hauch. Der Mann fiel auf sein Gesicht. Sein Körper streckte sich.
Er war tot.
*
Acapulco liegt im Süden Mexikos an einer der schönsten Meeresbuchten der Erde. Nachdem Präsident Aleman die Avenida Aleman bauen ließ, eine Prachtstraße von sieben bis acht Kilometer Länge, die sich parallel zur Küste um die Bucht herumschwingt, entstanden zwischen Straße und Meer jene Luxushotels, mit denen Acapulco zum Urlaubsziel der Millionäre wurde. Heute kommen jährlich Hunderttausende von Gästen aus aller Welt mit dem Flugzeug oder mit dem Wagen durch das Tal der Geier, um auch einmal unter Millionären zu sein.
Auf halber Höhe über der Avenida Aleman leuchtete das weiße Haus von Silvio Manassos aus dem Grün der aufsteigenden Hügel heraus, ein ausgedehntes Gebäude im flachen Bungalowstil, das sich wie die verglaste Kommandobrücke eines Schiffe aus dem Felsen herausschob, unterfangen von einem zurückgesetzten, dunkel gehaltenen Unterbau. In einigem Abstand von ihm befanden sich beiderseits unauffällige Nebengebäude, die sich ebenfalls in den Be