JOCHEN WITT /DR. GERD WEBER/ JWC, Köln
Messeformate verändern sich
Schon seit geraumer Zeit ist festzustellen, dass sich Messen und ihre Formate in Deutschland und Europa verändern. Die Ursachen sind vielfältig; sie liegen unter anderem im veränderten Kostenbewusstsein und Marketingverhalten der Aussteller: Neue Online-Marketingkanäle sind entstanden, die verstärkt Einfluss auf die Budgetierung haben. Viele Unternehmen denken darüber nach, ihre Budgets umzuverteilen und kleiner oder weniger auf Messen präsent zu sein. Ein aktuelles Beispiel liefert die Motorradsparte von BMW, die zukünftig auf eine Beteiligung an den Motorradmessen in Mailand und Köln verzichtet. Trotz nicht erfolgter Messeteilnahme und Konzentration auf das Online-Marketing war das letzte Geschäftsjahr für BMW-Motorrad das zweitbeste in der Geschichte. Nennenswerten Einfluss auf Messebeteiligungen hat zudem der wachsende Trend, Wertschöpfungsketten zu nationalisieren. Die Globalisierung ist rückläufig, das macht insbesondere ein Blick nach China deutlich: Das Land war in den letzten Jahren der maßgebliche Wachstumstreiber für die Weltwirtschaft. Mit der Hinwendung zu einer mehr national und auf heimischen Konsum ausgerichteten Politik wird diese Funktion abnehmen. Die Pandemie hat die zuvor beschriebenen Tendenzen lediglich beschleunigt.
Die rückläufige Globalisierung – verbunden mit den fortbestehenden Reisebeschränkungen oder der Reisezurückhaltung vieler Geschäftsleute wird sich insbesondere auf internationale Messen negativ auswirken. Die Luftfahrtbranche rechnet damit, dass im internationalen Geschäfts-Reiseverkehr das Niveau des Jahres 2019 (wenn überhaupt) erst nach Jahren wieder erreicht wird. Insbesondere bei stark international ausgerichteten Messeveranstaltungen werden Besucherzahlen daher tendenziell abnehmen – mit entsprechenden Folgen für die Ausstellerbeteiligungen. Zudem hat die Pandemie viele Unternehmen in eine Schieflage gebracht, das daraus resultierende verschärfte Kostenbewusstsein wird Einfluss auf die Messebudgets haben. Und: Viele Marktteilnehmer haben festgestellt, dass sich Dinge auch online abwickeln lassen, selbst wenn das physische Treffen dadurch nicht ersetzt wird. Auch wenn viele Aussteller und Besucher sagen “Wir müssen uns wieder persönlich treffen“ geht der Trend zu weniger Fläche pro Aussteller weiter: Stände mit einer Größe von mehreren tausend Quadratmetern werden bis auf wenige Ausnahmen verschwinden.
Der Trend, Ausstellungsflächen zu verkleinern, besteht unseres Erachtens nach schon seit längerem. Nur hat in guten Zeiten vielen Ausstellern oft der Mut gefehlt, diesen Wunsch tatsächlich in die Tat umzusetzen. Dafür gab es nicht zuletzt psychologische Gründe: Ein Fernbleiben oder ein verkleinerter Messeauftritt war mit der Sorge um aufkommende Negativ-Spekulationen verbunden. Jetzt sind die Schutzzäune eingerissen und die Corona-Krise liefert einen begründeten Anlass, um Flächen oder Beteiligungen zu reduzieren.
Und wenn Messen pandemiebedingt zweimal hintereinander nicht stattfinden können, besteht die Gefahr, dass die Teilnahme ganz in Frage gestellt wird. Oder es entwickelt sich eine neue Erkenntnis: Man muss gar nicht auf die Weltleitmesse, um nach China zu exportieren. Vielleicht reicht es aus ode