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Die mächtigen Türen des Kessels fielen mit lautem Krachen zu. Der Schlüssel knirschte im Schloss. Ich versuchte, die Übelkeit zu verdrängen, die in mir aufstieg, und zu begreifen, was hier vor sich ging. Nadia und Zoya – zwei Stürmerinnen –, Mal und David, ein harmloser Fabrikator.Heute, hatte er geschrieben. Was sollte das bedeuten?
»Ich frage noch einmal, Priester: Was soll das? Warum sind meine Freunde in Gewahrsam? Warumbluten sie?«
»Sie sind nicht Eure Freunde. Man hat eine Verschwörung aufgedeckt, die das Ziel hatte, die Weiße Kathedrale vor unseren Augen zu Fall zu bringen.«
»Was redet Ihr da?«
»Ihr habt den Ungehorsam des Jungen heute miterlebt …«
»Ach? Da liegt das Problem? Er zittert nicht genug in Eurer Gegenwart?«
»Wir haben es mit Verrat zu tun!« Er zog einen kleinen Stoffbeutel aus seiner Kutte und hielt ihn mir mit zwei Fingern hin. Ich runzelte die Stirn. Solche Beutel kannte ich aus den Werkstätten der Fabrikatoren. Man benutzte sie für …
»Sprengstoff«, sagte der Asket. »Von diesem nichtswürdigen Fabrikator aus Stoffen hergestellt, die von Euren angeblichen Freunden beschafft wurden.«
»David hat also Sprengstoff hergestellt. Dafür gibt es alle möglichen Gründe.«
»In der Weißen Kathedrale sind Waffen verboten.«
Ich zog eine Augenbraue hoch und warf einen Blick auf die Waffen, die auf Mal und meine Grisha gerichtet waren. »Und was sollen die Gewehre sein? Schöpfkellen? Wenn Ihr Beschuldigungen vorbringt, dann …«
»Ihre Pläne wurden belauscht. Tamar Kir-Baatar, tritt vor. Berichte, was du herausgefunden hast.«
Tamar verneigte sich tief. »Die Grisha und der Fährtensucher hatten vor, Euch unter Drogen zu setzen und an die Oberfläche zu entführen.«
»Ichwill ja auch auf die Oberfläche zurückkehren.«
»Der Sprengstoff war dazu gedacht, Verfolger aufzuhalten«, fuhr sie fort. »Er sollte die Grotten über dem Asketen und Euren Gläubigen zum Einsturz bringen.«
»Mal würde nie den Tod Hunderter unschuldiger Menschen in Kauf nehmen. Das würde niemand von ihnen tun.« Nicht einmal Zoya, diese Zicke. »Außerdem ergibt das keinen Sinn. Wie sollte ich unter Drogen gesetzt werden?«
Tamar nickte zu Genya und dem Tee hinüber, der zwischen uns stand.
»Ich trinke diesen Tee selbst«, fauchte Genya. »Er ist nicht mit Drogen versetzt.«
»Sie ist eine gewiefte Giftmischerin und Lügnerin«, erwiderte Tamar frostig. »Sie hat Euch schon einmal an den Dunklen verraten.«
Genya griff mit beiden Händen nach ihrem Tuch. Wir wussten beide, dass dieser Vorwurf nicht ganz unberechtigt war. Wider Willen verspürte ich einen leisen Verdacht.
»Ihr vertraut ihr«, sagte Tamar. Ihr Tonfall war sonderbar. Es klang eher wie ein Befehl denn wie eine Anklage.
»Sie haben nur darauf gewartet, die passende Menge Sprengstoff beisammenzuhaben«, sagte der Asket. »Dann wollten sie Euch an die Oberfläche schaffen und an den Dunklen übergeben.«
Ich schüttelte den Kopf. »Glaubt Ihr allen Ernstes, ich würde Euch abkaufen, dass Mal mich an den Dunklen übergeben würde?«
»Er wurde selbst hinters Licht geführt«, sagte Tolya gelassen. »Er war so darauf versessen, Euch zu befreien, dass er zu einer Spielfigur des Dunklen wurde.«
Ich sah zu Mal. Sein Gesichtsausdruck war unergründlich. Erster echter Zweifel wurde in mir wach. Ich hatte Zoya nie vertraut, und kannte ich Nadia wirklich gut genug? Genya – Genya hatte so schwer durch den Dunklen leiden müssen, aber sie waren tief miteinander verbunden. Kalter Schweiß trat auf meinen Nacken, und ich spürte, wie mich die Panik zu erfassen begann und mein Denken trübte.
»Ein Gespinst von Verschwörungen«, zischte der Asket. »Ihr habt ein weiches Herz, und es hat Euch genarrt.«
»Nein«, erwiderte ich. »All das ergibt keinen Sinn.«
»Sie sind Spione und Betrüger!«
Ich drückte die