: Andreas Winkelmann
: Bleicher Tod Psychothriller
: Goldmann
: 9783641066109
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sie dachten, der Tod wäre das Schlimmste. Sie haben sich getäuscht
Ein junges Mädchen, allein, gefangen in der Dunkelheit. Sie ahnt, dass ihr Leben bald vorbei sein wird - nur um festzustellen, dass es schlimmere Dinge gibt als zu sterben ... Derweil erfährt Kriminalkommissarin Nele Karminter von einer erschreckenden Studie: Einer von fünfundzwanzig Menschen hat kein Gewissen, ist ein potentieller Psychopath. Eine Erkenntnis, die sich für Nele bald in blutige Praxis verwandeln wird. Denn kurz darauf wird sie zu einem Tatort gerufen - und zu der grausam entstellten Leiche eines jungen, seltsam bleichen Mädchens ...

Andreas Winkelmann, geboren 1968, entdeckte schon früh seine Leidenschaft für unheimliche Geschichten. Er war unter anderem Soldat, Sportlehrer und Taxifahrer, hielt es aber in keinem Job lange aus und blieb nur dem Schreiben treu. »Der menschliche Verstand erschafft die Hölle auf Erden, und dort kenne ich mich aus«, beschreibt er seine Faszination für das Genre des Bösen. Er lebt heute mit seiner Familie in einem einsamen Haus am Waldesrand nahe Bremen.
Montag, 1. März 2010 (S. 142-143)

Um Punkt acht Uhr stand Frau Dr. Sternberg am Kopfende des Tisches im Besprechungsraum. Sie trug eine schwarze Stoffhose, eine violette Bluse unter einem schwarzen Blazer und eine Brille mit breitem Rahmen, durch den sich ein violetter Farbstreifen zog. Zur Besprechung hatten sich Nele Karminter, Anou Rossberg, Eckert Glanz, Holger Sälzle sowie die Streifenpolizisten Arthur Alpert und Steffen Roth eingefunden.

Außerdem war Kriminalrat Dag Hendrik anwesend, der sich nicht entgehen lassen wollte, was die OFA-Psychologin zu sagen hatte. Jeder hatte einen dampfenden Becher Kaffee vor sich stehen, Nele zusätzlich noch eine Flasche Wasser, die sie aber schon längst geleert hatte. Schon nach dem Aufstehen hatte sie sich regelrecht ausgedörrt gefühlt. Frau Dr. Sternberg räusperte sich.»Meine Damen und Herren, mir ist klar, wie sehr Sie alle in dieser Sache unter Zeitdruck stehen.

Deshalb habe ich mich auf Bitten von Kriminalrat Hendrik bereit erklärt, schon jetzt eine vorläufige Tatortanalyse vorzustellen. Anspruch auf Vollständigkeit erhebt sie durch die wenige Zeit, die mir zur Verfügung stand, nicht, ich hoffe aber trotzdem, Ihnen damit etwas an die Hand geben zu können, das Sie bei Ihren Ermittlungen unterstützt. Bei allem, was Sie gleich hören werden, geht es nicht darum, Ihnen eine psychodiagnostische Beschreibung der Persönlichkeitsstruktur des Täters zu liefern. Das würde Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt der Ermittlungen ohnehin nicht helfen. Vielmehr geht es darum, aus der Tatortanalyse einige Persönlichkeitsmerkmale des Täters herzuleiten, die helfen können, den Täterkreis einzuengen.

Hat dazu jemand Fragen?« Sie ließ ihren Blicküber die Runde schweifen. Niemand hatte Fragen.»Gut. Dann möchte ich zunächst die Fakten zusammenfassen. Der Täter benutzt Wasserstoffperoxid. Die Haut und das Haar des Opfers werden blass oder weiß, es leidet unsagbare Schmerzen. Der Täter beginnt aber mit einer niedrigen Konzentration, das wissen wir seit gestern Abend, deswegen sterben die Opfer nicht sofort.

Er quält sieüber einen Zeitraum von mehreren Tagen. Am Ende verwendet der Täter eine hoch konzentrierte Lösung, welche die Haut großflächig verätzt und tief ins Gewebe eindringt. Das Opfer stirbt aber schon vorher durch das Einatmen der Dämpfe. Ich habe diese bekannten Fakten für einen Abgleich in die ViClas-Datenbank eingegeben und folgendes Ergebnis erhalten: Es gibt keine weiteren,ähnlich gelagerten Fälle.

Andere Taten, bei denen Säuren eingesetzt wurden, hatten das Töten des Opfers oder das zuverlässige Vernichten von Spuren zum Ziel. Bei unserem Täter aber steht die Misshandlung des Opfers im Vordergrund. Das Töten scheint hierbei zweitrangig zu sein.« Dr. Sternberg machte eine Pause, schlug etwas in ihren Unterlagen nach und sah dann wieder auf.»Am Beginn einer Tatortanalyse steht immer eine Frage: Was hat der Täter getan, was er nicht hätte tun müssen, um das Opfer zu töten? Was hat also nichts mit der rein pragmatischen Ausführung des Mordes zu tun? Denn genau an dieser Stelle offenbaren sich die Bedürfnisse und Phantasien des Täters. Hier gibt er sich ein Stück weit zu erkennen.