: Linda Castillo
: Grausame Nacht Thriller | Kate Burkholder ermittelt bei den Amischen: Band 7 der SPIEGEL-Bestseller-Reihe
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104033631
: Kate Burkholder ermittelt
: 1
: CHF 10.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mitreißend und überwältigend: Grausame Nacht von Linda Castillo ist der siebte mega-spannende Thriller mit Ermittlerin Kate Burkholder, der sie an einen unheimlichen Ort führt. Über die alte Scheune kursieren viele Geschichten. Die neunjährige Sally Ferman kennt sie alle. Sie weiß nicht, ob sie stimmen. Sie weiß nur, dass sie keinen unheimlicheren Ort kennt als dieses verfallene Gebäude mit seinem steinernen Fundament und den dunklen Fenstern. Als der Tornado über Painters Mill in Ohio hinwegfegt, legt er nicht nur die halbe Stadt in Schutt und Asche. Er bringt auch etwas zum Vorschein, was besser in der Erde geblieben wäre. Unter einer eingefallenen Scheune werden die Überreste eines menschlichen Skeletts gefunden. Wer ist der Tote? Und warum lag er jahrelang hier vergraben? Als Doc Coblenz die Leiche obduziert, wird klar, dass diese Leiche keines natürlichen Todes gestorben ist. Und plötzlich muss Kate noch einmal in einem 30 Jahre zurückliegenden Fall ermitteln, der damals die kleine Amisch-Gemeinde von Painters Mill beschäftigte, zu der sie auch gehörte. Ein altes Familiengeheimnis und ein ungesühntes Verbrechen - Kate Burkholders siebter Fall führt sie an einen unheimlichen Ort.

Linda Castillo wuchs in Dayton im US-Bundesstaat Ohio auf, schrieb bereits in ihrer Jugend ihren ersten Roman und arbeitete viele Jahre als Finanzmanagerin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Der internationale Durchbruch gelang ihr mit »Die Zahlen der Toten« (2010), dem ersten Kriminalroman mit Polizeichefin Kate Burkholder. Linda Castillo kennt die Welt der Amischen seit ihrer Kindheit und ist regelmäßig zu Gast bei amischen Gemeinden. Die Autorin lebt heute mit ihrem Mann und zwei Pferden auf einer Ranch in Texas.

Prolog


29. August1985

Über die alte Scheune kursierten viele Geschichten. Die neunjährige Sally Ferman kannte sie alle, und jede einzelne machte ihr Angst. Ihr Dad hatte erzählt, dass das Stück Land ursprünglich Hans Schneider gehört hatte, einem jungen deutschen Einwanderer. Hans baute eine Blockhütte darauf und heiratete Rebecca, eine Französin. Sie bekamen drei Söhne, und über die Jahre errichteten er und seine Söhne die Scheune, züchteten Rinder und Schafe und pflanzten Tabak und Mais an.

Dann, in einer verschneiten Nacht des Jahres1763, überfiel eine Bande Delaware-Indianer die Farm. Hans, der mit seinem Vorderlader am Fenster stand, wurde erschossen, seine Frau aus dem Haus gezerrt und skalpiert. Die drei Jungen – alle bewaffnet und bereit für den Kampf auf Leben und Tod – verbrannten bei lebendigem Leib, als die Delawaren das Blockhaus in Brand setzten. Es hieß, dass man nachts noch immer die Schreie Rebeccas hören könne, wie damals, als man ihr die Kopfhaut vom Schädel zog.

Sally wusste nicht, ob die Geschichte stimmte; sie hatte hier immer nur das Gurren der Tauben und gelegentlich das Quieken der Schweine gehört. Doch eines wusste sie sicher, nämlich dass sie keinen unheimlicheren Ort kannte als die alte Scheune mit dem steinernen Fundament und den dunklen Fenstern.

Sie wohnte auf dem Nachbargrundstück, von wo aus die Scheune mit dem verblichenen roten Anstrich und dem rostigen Blechdach ganz normal wirkte. Doch wenn man näher heranging, war sie ziemlich verrottet und sah unheimlich aus, nicht zuletzt wegen des schulterhohen Grases und Unkrauts um das brüchige Fundament herum. Letzten Sommer waren sie und ihre beste Freundin, Lola, dort hingeschlichen. Doch gerade als sie allen Mut zusammengenommen hatten und in die Scheune reingehen wollten, kam ein amischer Mann heraus. Sie bekamen einen Riesenschreck und versteckten sich im hohen Gras, was aber auch ziemlich aufregend war. Der Mann hatte dann aber nur vor die Tür gepinkelt, und obwohl sie sich vor Angst fast in die Hose gemacht hatten, mussten sie auf dem ganzen Nachhauseweg lachen. Sally hatte einige Mühe gehabt, ihrer Mutter die Kletten in ihren Haaren zu erklären.

Bei der Erinnerung seufzte Sally. Lola und sie hatten immer viel Spaß zusammen gehabt, doch Lola war letzte Weihnachten wegen des blöden Jobs ihres Vaters weggezogen, und sie fehlte ihr sehr. In letzter Zeit traf sich Sally öfter mit Fayrene Ehrlich, die vor kurzem aus Columbus nach Painters Mill gezogen war. Fayrene war hübsch und beliebt (ihre Mom erlaubte ihr sogar, Lippenstift zu tragen und die Beine zu rasieren) und hatte auch schon einen Platz im Softball-Teamund im Mädchenchor ergattert, was Sally bisher nicht gelungen war. Und das lag sicher nicht daran, dass sie es nicht eifrig genug versucht hätte. Alle hielten Fayrene für das Beste, was Painters Mill seit dem neuen Baseballfeld bei der Mittelschule passiert war. Sally hielt Fayrene für eine großmäulige Besserwisserin. Und sie wusste genau, dass Fayrene gar nicht so klug war, denn sie hatte schon zweimal die Hausaufgaben bei Sally abgeschrieben.

Aber durch Lolas Wegzug blieb ihr nur Fayrene als Freundin. Und Tatsache war, dass Sally sich anstrengen musste, um zu beweisen, dass sie mutig und reif genug für die fünfte Klasse war. Ihre Mom hatte gesagt, sie solle sich von den Amischen nebenan fernhalten, weil die nicht wollten, dass englische Kinder in ihrer Scheune rumschnüffelten. Aber genau das musste Sally jetzt tun, um allen zu zeigen, dass sie kühner und doppelt so interessant war wie Fayrene Ehrlich. Deshalb wollte sie in der Schulcafeteria eine coole Story zu bieten haben und am besten noch irgendeinen sichtbaren Beweis, dass sie sich das wirklich getraut hatte.

»Kinderleicht«, flüsterte sie, als sie die Böschung am Bach hochstieg. Was Fayrene wohl machen würde, wenn Sally mit Rebecca Schneiders Skalp zurückkäme? Das würde sie bestimmt für alle Zeiten zum Schweigen bringen.

Sally blickte sich um, ob die Luft rein war, und flitzte dann über den Fußpfad hinauf zur Scheune, die an einen Hang gebaut w