Apropos Deine Fähigkeiten. Ich konnte immer schon ganz gut zeichnen, hatte in der Schule eine Mappe über Albrecht Dürer zusammengestellt, darin mein Versuch, die bekannten betenden Hände abzuzeichnen. Das fand Deine Anerkennung, auch ein von mir mit Bleistift abgezeichnetes Passbild von Karl. Das sei so gut, sagtest Du, wolltest es ihm schenken, setztest unverzüglich Deinen Namen darunter – und schwups, hattest Du ein hübsches Geschenk für ihn. Karl hat nie etwas über die Urheberschaft erfahren.
Lese ich Deine schriftlichen Ergüsse heute, Deine astrologisch-christlichpsychologisch-buddhistischen und wieder astrologischen Vermengungen, die so seltsam spitzfindig anmuten, dieses Sammelsurium von Halbwissen und Unfug, womit Du uns alle regelmäßig erschlagen konntest, muss ich schamhaft bekennen, dass ich nicht weniger als alle anderen – und gewiss sogar mehr noch als die anderen – Dich anhimmelte, Dir gefallen wollte, besonders gut die von Dir gestellten Aufgaben zu lösen wünschte, Deine Bewertungen herbeisehnte, viele Punkte anstrebte und gute Zensuren, die besten Referate ausarbeitete und hielt, mit großem Ernst Deine Rotstift-Beurteilungen unter umständlichen Numerologie- und Astrologie-Tests oder seitenlangen Hausaufgaben empfing, stolz auf jedes Lob von Dir, auf jede Eins plus und, Lernen gelobend, mein großes Ungenügen beklagend, sofern Deine Kritik harsch ausfiel.
Was sehe ich heute, was ich damals nicht sah? Las ich über Wesentliches hinweg, wenn ich Deine weitschweifigen Episteln inhalierte? Überflog