: Christian David
: Mädchenauge Kriminalroman
: Deuticke im Paul Zsolnay Verlag
: 9783552062153
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mitten in der Innenstadt von Wien wird eine junge Frau vor ihrer Haustür überfallen und grausam ermordet. Und sie bleibt nicht das einzige Opfer. Jeden zweiten Samstag schlägt der Täter auf dieselbe brutale Art zu, verwertbare Hinweise hinterlässt er keine. Wie sollen Major Belonoz, der grantige Chef der Mordkommission, und sein Team diesen wahnsinnigen Serienmörder finden? Belonoz ist wenig erfreut, als man ihm in dieser schwierigen Situation ausgerechnet die unerfahrene Staatsanwältin Lily Horn zur Seite stellt. Doch nicht nur er unterschätzt die toughe junge Frau gewaltig. Ein spannender Krimi aus Österreich mit einem schrägen Ermittler-Duo.

Christian David, geboren in Wien, promovierte nach dem Studium in Mailand und Wien über Klaus Kinski (2006 erschien Kinski. Die Biographie). Er arbeitete für Film, Fernsehen und Theater sowie als Journalist. Mädchenauge ist sein erster Roman. Sonnenbraut (2015) ist der zweite Teil seiner Krimiserie rund um Major Belonoz und Lily Horn.

Samstag, 12. Juni


1


Das Wissen, zweimal ungestört gemordet zu haben, bestärkte ihn in seinem Glauben, ein Auserwählter zu sein. Zuversicht, Selbstvertrauen und Hass erfüllten ihn.

Mitten im dicht verbauten Häusermeer von Wien lebte ein Mensch, der ganz anders empfand als seine Nachbarn.

Aufrecht stand er an diesem Abend in seinem hell erleuchteten Schlafzimmer. Durch die herabgelassenen Rollbalken waren die Fenster nach außen abgedichtet. Vor einem großen Spiegel posierend und komplett in Schwarz gekleidet, unterzog er sein Kostüm einer letzten Kontrolle. Der von der hohen Decke hängende Luster spendete reichlich Licht. Und damit seiner Aufmerksamkeit wirklich nichts entging, war der scharfe Strahl einer Stehlampe zusätzlich auf ihn gerichtet.

Es ist gerecht, jene zur Verantwortung zu ziehen, die gesündigt haben.

Er war sich selbst der beste Freund. Bei sich musste er das Spiel der Masken und der permanenten Verstellung nicht mitmachen, dem er sonst unterworfen war.

Zur Gerechtigkeit gehört die Strafe. Durch sie wird die verletzte Ordnung wieder geheilt.

Was er sah, gefiel ihm. Jacke, Hose und Stiefel waren aus schwarzem, matt glänzendem Leder gefertigt, das seiner Erscheinung die angemessene Härte verlieh.

Ich fälle das gerechte Urteil und vollstrecke es.

Er stülpte den schwarzen Helm über seinen Kopf und schob das getönte Visier nach unten.

Die Verführung durch die Schlange bewirkte die erste Sünde. Ihretwegen mussten Adam und Eva den Garten Eden verlassen.

Aus dem Futteral zog er liebevoll das stählern schimmernde Militärmesser und strich mit der Fingerkuppe vorsichtig über dessen Klinge.

Zum Schlechten zu verführen ist schlimmer als lediglich Böses zu tun. Verführung ist die Methode des gefallenen Engels. Man muss sie bekämpfen und auslöschen.

Die Waffe war gewählt, die Mission stand fest. In dieser Welt oblag es ihm, Richter und Vollstrecker zu sein. Davon war er überzeugt.

Er verstaute das Messer im Futteral, steckte es zusammen mit dem Klebeband in eine Jackentasche und löschte die Lichter. Mit dem Gefühl aufkeimender Vorfreude stürmte er die geschwungene Treppe hinab.

Als er ins Freie trat, umfing ihn die paradiesische Wärme des Sommerabends. Er atmete tief ein und fühlte, wie die Erregung in ihm wuchs. In Gedanken flog er seinem Ziel entgegen. Er konnte es kaum noch erwarten.

*

Wild und unberechenbar strömte die Donau einst durch Wien. Bis man sie zähmte und in ein auf dem Reißbrett gezogenes Flussbett zwängte.

Als schämte man sich für diesen Akt der Domestizi