: Ulrike Schweikert
: Berlin Friedrichstraße: Novembersturm Eine historische Familiensaga
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644002821
: Friedrichstraßensaga
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bestsellerauto in Ulrike Schweikert entführt uns in ihrer neuen großen Familiensaga in die 1920er Jahre. Ein Zeit des Glanzes, aber auch eine Zeit, in der Frauen um ihren Platz in der Welt kämpfen mussten.  Der Bahnhof Friedrichstraße. Ein Jahrhundertbauwerk. Stolzes Herz einer Stadt auf dem Sprung zur modernen Weltstadt. Als der junge Architekt Robert 1920 den Auftrag bekommt, am Neubau des Bahnhofs und der Planung der ersten U-Bahn-Linie Berlins mitzuarbeiten, ist er überglücklich. Endlich kann er seiner großen Liebe Luise einen Heiratsantrag machen. Doch ihr Glück ist nicht ungetrübt. Seit dem Großen Krieg ist Roberts bester Freund Johannes, mit dem er gemeinsam an der Front kämpfte, verschollen. Johannes war Luises erste Liebe. Als sie glaubte, er sei tot, fand sie Trost bei Robert. Ausgerechnet am Tag ihrer Hochzeit taucht Johannes wieder auf, kriegsversehrt und ohne Hoffnung, Luise eine Zukunft bieten zu können ... Zwei Familien, verbunden durch eine unmögliche Liebe und ein einzigartiges Bauwerk. Ulrike Schweikert erzählt die Geschichte einer großen Liebe und einer Zeit voller Glanz und Schatten. 

Ulrike Schweikert arbeitete nach einer Banklehre als Wertpapierhändlerin, studierte Geologie und Journalismus. Seit ihrem Romandebüt «Die Tochter des Salzsieders» ist sie eine der bekanntesten deutschen Autorinnen historischer Romane. Beide Bände ihrer Erfolgsreihe «Die Charité» standen in den Top 10 der Bestsellerliste und verkauften sich insgesamt über 200.000-mal. Zuletzt begeisterte die Verfilmung ihrer Jugendbuchserie «Die Erben der Nacht» zahlreiche Zuschauer.  

Prolog


1882

Heute, am 6. Februar 1882, war es endlich so weit. Auguste kam es so vor, als habe ihr Verlobter seit Monaten über nichts anderes mehr gesprochen: Samuel Rosensteins erstes großes Projekt als Bauingenieur sollte gleich ein Jahrhundertbauwerk werden. Achtundzwanzig Jahre und damit noch ein blutiger Anfänger war er gewesen, als der Architekt Johannes Vollmer vor vier Jahren mit dem ersten, symbolischen Spatenstich den Beginn dieses Mammutbaus eingeläutet hatte. Und er war es auch gewesen, der sich den jungen Rosenstein an seine Seite geholt hatte, um ihm die Berechnungen und Detailplanungen des ehrgeizigen Objekts anzuvertrauen. Der Bahnhof Friedrichstraße sollte nicht nur irgendein Bahnhof in Berlin werden, an dem Züge hielten und Reisende ein- und ausstiegen. Er würdedas Herz des modernen, mobilen Berlins werden!

Wie die Viaduktstrecke selbst, auf der die Schienen durch die Stadt verliefen, wurde der gesamte Bahnhof Friedrichstraße auf gemauerten Bögen errichtet, zwischen und unter denen hindurch man bequem von einem Bahnsteig zum anderen gelangte.

«Die weitläufigen, niedrigen Räume mit ihren Gewölben und mittelalterlichen Architekturformen erinnern an die Kreuzgänge in alten Klöstern. So ist die Wirkung umso stärker, steigt man die breite Granittreppe hoch zur Bahnsteighalle. Denn ohne Stützen in schwindelnder Höhe schwingt sich der Glasbogen überm lichten Raum, in dem der Mensch so klitzeklein sich ausnimmt», beschrieb der dänische Schriftsteller Georg Brandes das Wunderwerk moderner deutscher Baukunst. «Seine Perronhalle überspannt volle vierzig Meter! Ihre Höhe wird auf der Welt von keiner einzigen übertroffen.»

Und was noch außergewöhnlich war: Die Bahnsteighalle wölbte sich, der Biegung der vier Geleise mit ihren beiden Bahnsteigen folgend, was ihr zusätzlich einen optischen Reiz verlieh.

Während Auguste – am Arm ihres Verlobten untergehakt – ihm durch den Haupteingang an der Nordseite folgte, sprach Samuel vonFachwerkbindern unterschiedlicher Spannweite, die zur Errichtung der bogenförmigen Halle benutzt worden waren. Zwischen der tragenden Stahlkonstruktion sorgten die unzähligen Glasscheiben der Halle für ein Gefühl von Luft- und Leichtigkeit.

Auguste bemühte sich, Samuel aufmerksam zuzuhören, obgleich sie vieles nicht verstand, dabei war sie eine durchaus gebildete junge Frau, die eine der vornehmen höheren Töchterschulen besucht hatte, in denen Mathematik oder Physik allerdings nur sehr eingeschränkt als wichtig für die Bildung einer Tochter aus dem gehobenen Bürgertum erachtet wurden.

Augustes Gedanken schweiften für einen Moment ab. Ein wenig verstimmt stellte sie fest, dass Samuel ihr neues Kleid vermutlich gar nicht bemerkt hatte. Zumindest hatte er ihr kein Kompliment darüber gemacht.Seine Gedanken gehörten heute allein dem Gebäude, an dessen Errichtung er die Ehre gehabt hatte mitzuwirken, wie er das so schön formulierte.

Während er sich über weitere architektonische Details ausließ, betrachtete Auguste die Garderobe der anwesenden Damen und Herren, die der festlich mit Fahnen und viel Grün geschmückten Bahnsteighalle zustrebten, zu deren Eröffnungsfeier sich der Kaiser höchstpersönlich angekündigt hatte. Eine Musikkapelle spielte, doch die Menge wartete auf den Höhepunkt der feierlichen Eröffnung: die Ankunft ihres Monarchen, der die gesamte Stadtbahnstrecke mit einer Festfahrt einweihen wollte.

«Ich höre den Zug!»

«Der Kaiser kommt!»

Die Rufe breiteten sich wie eine Welle unter den Wartenden aus, und dann konnte man auch schon das Schnaufen der Lokomotive hören, die die Festwagen hinter sich herzog und mit einem Begrüßungspfiff einfuhr, um dann unter ohrenbetäu