: Ingo Bott
: Pirlo - Gefährlicher Freispruch Der dritte Fall für die Strafverteidiger Pirlo und Mahler
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104917009
: Strafverteidiger Pirlo
: 1
: CHF 13.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wir sprechen frei, wenn es keine Schuld gibt oder wenn sich nichts beweisen lässt. In diesem Unterschied kann ein Menschenleben liegen. Genau deshalb ist er so gefährlich.  Der dritte Fall für die beiden Strafverteidiger Sophie Mahler und Dr. Anton Pirlo von Strafverteidiger und Buchautor Prof. Dr. Ingo Bott Pempelfort brennt. In der Nacht ging ein riesiges Corona-Testzentrum am Düsseldorfer Rheinufer in Flammen auf. Emre Ben Hamid, Sohn einer Clan-Familie, die gerade richtig groß ins Maskengeschäft eingestiegen ist, soll sich auf diese Weise eines Konkurrenten entledigt haben. Doch Emre behauptet ganz was anderes. Dass er denjenigen kennt, der hier gezündelt hat. Und plötzlich weiß Pirlo, warum es besser ist, das Mandat anzunehmen und noch besser, einen Freispruch für Emre herauszuholen. »Das ist schon kriminell gut!« Ulli Wagner, Saarländischer Rundfunk SR3

Aus einem Vermerk der Staatsanwaltschaft: DR. INGO BOTT ist nicht Dr. Anton Pirlo. Es ist aber davon auszugehen, dass er ihn gut kennt. Beide leben in Düsseldorf. Beide haben eine Wohnzimmerkanzlei gegründet. Über Ingo Bott ist einiges bekannt. Er war erst Partner in einer Wirtschaftskanzlei. Danach hat sich seine Wohnzimmergründung zu einer renommierten Kanzlei mit einem großen Team entwickelt. Man kennt ihn als Verteidiger von Unternehmen und Privatpersonen in vielen namhaften Fällen. Die WirtschaftsWoche listet Ingo Bott als einen der renommiertesten Anwälte im Wirtschaftsstrafrecht und die von ihm gegründete Einheit als Top Kanzlei in den Bereichen Wirtschaftsstrafrecht und Compliance. Ingo Bott hat den Europarat in Strafrechtsfragen vertreten und hält Vorträge im In- und Ausland. Er liebt Sprache und schreibt Romane.

3.
Schieflage.


Am Nachmittag

Nachdem Sophie um kurz nach vier an Pirlos Büro geklopft hat, wartet sie eine kleine Weile. Dann wiederholt sie das Ganze mit noch mehr Schwung. Das sollte gereicht haben. Zumindest hofft sie das. Wenn es nach ihr geht, hat sie Pirlo in den vergangenen Wochen deutlich zu oft aus dem Schlaf gerissen. Was sie mindestens ebenso beunruhigt, wie es sie nervt. Selbst wenn sie versucht, sich das nicht anmerken zu lassen.

»Wir sollten dafür Verständnis haben«, hatte sie erst gestern noch gegenüber Wang erklärt. »Pirlo macht einfach aktuell eine Scheißphase durch.«

Wang hatte nicht besonders überzeugt ausgesehen. »Wenn du mich fragst, gehört zu einer Phase ein Anfang und irgendwie auch ein Ende.«

»Klar.« Sophie hatte genickt. Mehr war ihr nicht eingefallen.

Wang hatte sie allerdings nicht so leicht entkommen lassen. »Sophie, das geht jetzt schon seit Wochen so.«

»Ich weiß.« Was hätte sie sonst sagen sollen? Sophie hatte es mit einem Augenzwinkern versucht, der Standardantwort Pirlos auf alle Fragen. Zumindest des Pirlo, den sie mal kennengelernt hatte. Auch wenn diese Zeit verdammt lange her zu sein schien. »Mach dir keine Sorgen. Das geht vorüber.«

Wang hatte nachdenklich mit dem Kopf gewackelt. »Wann?«

Womit die entscheidende Frage gestellt war. Schon längst geht es nicht mehr darum, ob Pirlo in einer Krise steckt. Das ist auf jeden Fall so. Vielleicht ist es sogar eine Depression, ein Absturz, ein Trauma, was auch immer. Ihr Psychologe, Dr. Novincsak, hatte ihr erklärt, dass es gar nicht so sehr darauf ankam, wie man den Zustand bezeichnete. »Das Label ist nicht wesentlich, sondern das, was dahintersteckt.« Sophie hatte genickt. Mindestens ebenso wesentlich ist für sie allerdings, wann das alles endet. Für die Kanzlei übrigens auch.

Trotzdem bemüht sie sich bei ihren Terminen, Novincsak nicht allzu viel von ihrer Unsicherheit zu zeigen. Es mag zwar sein, dass das gerade gegenüber einem Therapeuten reichlich bescheuert ist. Die Ferndiagnosen über Pirlo fühlen sich für Sophie trotzdem irgendwie nicht richtig an. Der Psychologe kümmert sich schließlich um sie. Damit hat er genug zu tun.

Novincsak begleitet Sophie schon, seit ihr Bruder Patrick vor sieben Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Auch Sophies Mutter nimmt zumindest dann und wann seine Dienste in Anspruch. Nur Ernst Mahler, ihr allmächtiger Vater, hat von Anfang an keinen Wert darauf gelegt, sich helfen zu lassen, sondern sich stattdessen manisch in seine Arbeit, den Ausbau einer internationalen Großkanzlei, gestürzt. Die Therapiestunden hat er zwar bezahlt, ansonsten aber unkommentiert gelassen. Wahrscheinlich waren sie ihm einfach egal.

Ob Sophie tatsächlich von Novincsak überzeugt ist, kann sie gar nicht mehr sagen. Er ist eben schon immer da. Jedenfalls fühlt es sich so an. Schwierig ist die Lage eigentlich erst, seit er sie dabei unterstützen soll, irgendwie zu Pirlo durchzudringen und ihn wieder auf die Spur zu bringen. Kompliziert ist dabei nicht etwa nur, dass Pirlo keine Hilfe haben will. Er