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Das Dünengras bog sich im böigen Wind. Unterhalb des Dünenkamms trommelten Wellen im Sekundentakt gegen eine massige Mauer, jedes Auftreffen ein kleineres Erdbeben. Der Sturm pfiff, vereinzelte Regentropfen peitschten umher.
Eine Gestalt, ein Mensch von unbestimmbarer Statur, da dick eingekleidet, stemmte sich der Gewalt der Elemente entgegen, stand dicht an einer Kante, von der aus man in die Tiefe sehen konnte. Rund ein Dutzend Meter weiter unten schäumte die Brandung. Ein kräftig salziger Geruch wurde mit dem Aufwind nach oben getragen.
Die Gestalt wandte sich um. Zu ihren Füßen lag ein nackter Körper auf dem Bauch. Ein junger Mann, der schlanken Figur und den breiten Schultern nach zu urteilen. Er rührte sich nicht, trotz der eisigen Temperaturen lag er so still wie ein Toter, der er auch war.
Die dick vermummte Gestalt packte ihn an den Armen, zerrte ihn bis an den Rand und ließ ihn in die Tiefe fallen.
Das Meer verschluckte die Leiche augenblicklich. Im aufgewühlten Wellengang sah man noch einen Arm, als würde er winken.
Tag 1
Acht speziell beschichtete Rotoren erzeugten ein sanftes Flüstern. Der Oktokopter flog, dank seiner Tarnfolie nahezu unsichtbar, mit rund sechzig Stundenkilometern im strahlenden Sonnenschein. Niemand steuerte die Drohne, sie folgte lediglich dem Signal von weit unten am Boden.
Dazwischen lag eine dunkle Wolkenschicht, getränkt mit Nässe und Dreck. Gehirnwindungen gleich quollen schmutzige Ausstülpungen heraus, um zu verschwinden oder wieder zurückgesogen zu werden. Heftige Winde im Innern der Schlechtwetterfront ließen mit ihrer Energie die Wolken brodeln. Gelegentlich blitzte Wetterleuchten auf, verlieh dem Grau zusätzliche Schattierungen. All diese Bilder fing die Kamera der Sechzig-Zentimeter-Drohne ein und übertrug die Daten an die Kontrollstation. Bis zur Grenze des Aufnahmebereichs und darüber hinaus erstreckte sich die Unwetterfront, verbarg die Landschaft darunter. Es war der siebzehnte Frühjahrssturm, würden die Wetternachrichten am Abend vermelden. Nummer 18 und 19 standen in den Startlöchern.
Weit oberhalb der Wolken blies ein kräftiger Ostwind, der die Automatiksteuerung der Drohne zu Kurskorrekturen zwang. Unbeeindruckt von den Wetterphänomenen folgte die Überwachungseinheit dem Signal am Boden, das jedoch schwächer wurde. Gewaltige Potenzialunterschiede innerhalb der Wolke entstanden