: Chaoze One
: Spielverderber Mein Leben zwischen Rap& Antifa
: Polarise
: 9783947619177
: 1
: CHF 14.10
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 200
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
- Links-politischer Rapper der ersten Stunde - Hintergründe zu seiner Musik - Anekdoten aus seinem politischen Leben Entgegen des allgemeinen Medienechos ist Rap nicht nur rechts, sondern auch links-politisch aktiv. Als Musiker ist der Mannheimer Chaoze One seit 20 Jahren auf den Bühnen unterwegs. Von dort hatte er eine einzigartige Perspektive auf die politische Stimmung in Deutschland. In 'Spielverderber' berichtet er mit einer Offenheit aus seinem Leben, und zeigt, was ihn politisierte und wie das alles seine Musik beeinflusste. Es ist ein Buch, das Erlebtes schonungslos aus dem Alltag greift: die Zusammenarbeit mit Politisch-Gleichgesinnten, das Zusammentreffen mit Nazis, die Erfahrungen mit der Staatsmacht bei Demos - gerade das regt zum Nachdenken an. Manchmal muss man auf Missstände hinweisen, auch wenn es bedeutet, ein Spielverderber zu sein.

Der Mannheimer Rapper Chaoze One schreibt Songtexte, produziert Musik, dreht Musikvideos und spielt im Stadtensemble des Nationaltheater. Bei allem, was er tut, ist er ... und dabei auch ein politischer Mensch. Was ihn antreibt, ist Haltung: zum Mensch, zur Welt, zum Leben im Falschen.

4 - Danke, Antifa!


Der kurze Sommer der Diarrhoe


Mit meinem halben Dutzend Akkorden, die ich auf der Gitarre beherrschte, trieb mich lange Zeit die Idee um, eine Band zu gründen. Mitte der 1990er setzte ich das Vorhaben mit drei Freundinnen in die Tat um. Zwar träumte ich eigentlich davon, den jamaikanischen Ska mit Punk zu mischen und damit auf die Bühne zu gehen, allerdings spielten alle Blechblasinstrumentalisten, die mir bekannt waren, entweder bereits in einer anderen Band oder beim Feuerwehrmusikzug. Wir blieben also beim soliden Punkrock, der, das sollten wir bald merken, zwar technisch anspruchslos schien, aber dennoch in der Lage war, uns unsere Unfertigkeiten vorzuführen. Anja, die mit mir dieselbe Realschulklasse besuchte und deren Gegenwart mich zum Genuss diverser Kinofilme motiviert hatte, besaß seit einigen Wochen eine E-Gitarre der MarkeNo Name und hatte sich schon dadurch qualifiziert, Teil dieser zukünftigen Kultcombo zu werden. Thomas, in dessen Keller wir probten, weil dort sein Schlagzeug stand, hatte zum Gründungstag gerade mal elf Lebensjahre auf dem Tacho. Und Jared, der immerhin schon einen Führerschein besaß, kaufte sich kurzerhand einen Bass – damit war auch er qualifizierter Teil der Band. Was wir mit unseren mehr oder weniger vertrauten Instrumenten anzufangen hatten, würde sich dann schon beizeiten noch ergeben. Wir schrieben schnell unsere ersten Stücke, die wir auf Deutsch und Englisch vortrugen. Inhaltlich würde ich das Ganze heute als politisch überbemühten und gleichzeitig ziemlich sexistischen Funpunk betiteln. Wir nannten das ganze Projekt selbstbewusstDiarrhoe, was dem lateinischen Fachbegriff für Durchfall entspricht, und coverten zusätzlich zu drei überragenden Eigenkreationen noch vier bekannte Deutschpunkschinken, von denen mir gerade nur nochHooligans von Hass einfällt, und Ben E. KingsStand by me. Woche für Woche trafen wir uns im Proberaum und übten.

Nach einigen Monaten wurde aus den vier Solistinnen tatsächlich so etwas wie ein einheitlicher Soundmatsch. Da kam die Anfrage aus meiner Klasse gerade recht, die nach einer Band für das anstehende Sommerfest suchte und dabei dankenswerterweise an Anjas und meine Kapelle dachte. Keiner hatte jemals gehört, was wir da wirklich machten. Sowohl die Klasse als auch wir sahen, freilich aus unterschiedlichen Gründen, gespannt dem Tag unseres Auftritts entgegen.

Die Feier fand in einem Weingut unter freiem Himmel statt. Das Weingut gehörte dem Stiefvater eines meiner Klassenkollegen, der uns die Gartenwirtschaft zur Verfügung gestellt hatte. Die Krux bei der Sache war allerdings, dass sich neben unserer Klasse auch ganz normale Kundschaft auf dem Anwesen befand. Menschen, die von Hamburg oder aus dem Elsass in die Pfalz fuhren, um sich inmitten der Weinbergidylle auf einem Winzergut authentisch mit Riesling zuzulöten. Letzteren Plan verfolgte wohl auch Jared, unser Bassist, denn bereits kurz vor unserem ersten Song war der nicht mehr als nüchtern zu bezeichnen, während Schlagzeuger Thomas gerade mit seiner Mutter aushandelte, ob er eine Cola trinken durfte.

Was bleibt zu erzählen? Wir spielten unser Set und sorgten so zwar einerseits für erstaunte Gesichter bei der Realschulklasse 10 E, andererseits aber auch dafür, dass das Weingut bald nur noch von uns belebt wurde. Der Bit