: Christine Brand
: Der Unbekannte Kriminalroman
: Blanvalet
: 9783641275754
: Milla Nova ermittelt
: 1
: CHF 9.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 544
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Er löschte seine ganze Familie aus, nur sein Sohn überlebte - doch ist das die ganze Wahrheit?
Vor dreißig Jahren löschte sein Vater die gesamte Familie aus - nur Nathaniel überlebte, ist seitdem aber blind. Er beschließt, sich endlich seiner traumatischen Vergangenheit zu stellen, und verlangt Einsicht in die Fallakten von damals. Doch in diesen finden sich Ungereimtheiten, und Nathaniel muss sich fragen, ob sein Vater unschuldig sein könnte. Ist der wahre Mörder seiner Familie noch immer auf freiem Fuß? Auf der Suche nach Antworten kann Nathaniel diesmal nicht auf die Hilfe seiner guten Freundin, der TV-Reporterin Milla Nova zählen. Es scheint, als sei deren Freund - der Polizist Sandro Bandini - in die Vertuschung der Wahrheit über den Mord an Nathaniels Familie verwickelt ...


Ihnen gefallen die Milla-Nova-Krimis? Dann lesen Sie auch »Vermisst - Der Fall Anna«, Auftakt der neuen packenden Cold-Case-Reihe - inspiriert von wahren Begebenheiten, abgründig und nervenzerreißend spannend.

Christine Brand, geboren und aufgewachsen im Emmental in der Schweiz, arbeitete als Redakteurin bei der »Neuen Zürcher Zeitung«, als Reporterin beim Schweizer Fernsehen und als Gerichtsreporterin. Im Gerichtssaal und durch Recherchen und Reportagen über die Polizeiarbeit erhielt sie Einblick in die Welt der Justiz und der Kriminologie. Neben der erfolgreichen Milla-Nova-Reihe erscheinen bei Blanvalet auch ihre True-Crime-Titel »Wahre Verbrechen« über Kriminalfälle, die sie als Gerichtsreporterin begleitete. Christine Brand lebt in Zürich und auf Sansibar.

2


»Schläfst du noch?«

»Mmmmh.«

Nathaniel tastet nach Gundulas Kopf, der an seiner Schulter liegt, fährt ihr mit dem Finger über die Wange, hält auf ihren Lippen inne, lehnt sich vor und küsst sie sanft.

»Ich muss los.« Er versucht, sich aufzusetzen, doch die kurzen Arme, die ihn umschließen, ziehen ihn sanft ins Kissen zurück.

»Bleib doch noch ein bisschen.«

Im gleichen Moment hört Nathaniel das vertraute Tapsen von vier Pfoten auf dem Parkettboden, Sekunden später streift etwas Nasses seine Hand. Alisha, seine Blindenhündin, scheint nur auf das Wörtchenlos gewartet zu haben. Sie ist nicht mehr die Jüngste, ihre Blase war auch schon strapazierbarer, spätestens um neun Uhr morgens muss er mit ihr Gassi gehen, länger lässt sich der Morgenspaziergang kaum mehr hinauszögern.

»Alisha muss auch raus. Wir sind nicht solche Langschläfer wie du.«

Gundula ignoriert Nathaniels Worte und schmiegt ihren kleinen Körper an ihn.

Wie vertraut sie sich schon sind, denkt Nathaniel, als er den Arm um sie legt und sie an sich drückt. Fast sein ganzes Leben lang war er alleine. Das mit der Liebe war kompliziert; es ließ sich einfach keine Partnerin finden für ihn, einen Blinden. Irgendwie war das auch okay, er hatte sich damit abgefunden, nur selten plagte ihn eine kleine Sehnsucht nach der Zweisamkeit, die er bis vor Kurzem noch niemals in seinem Leben erfahren durfte. Doch just als er – aus formalen Gründen – seine lesbische Freundin Carole zum Schein geheiratet hatte, lief ihm Gundula über den Weg, eine kleinwüchsige Frau aus dem Tierwarengeschäft, die ihn mit ihrer forschen und direkten Art vom ersten Moment an verzaubert hat. Das Timing hätte zwar kaum schlechter sein können, trotzdem hat er sich auf Anhieb in sie verliebt. Er küsst Gundula erneut, dann löst er sich aus ihrer Umarmung.

»Ich sollte wirklich gehen, leider, aber heute ist ein großer Tag, ich muss eine Geburtstagsparty für einen Haufen unbändiger Sechsjähriger mitorganisieren.«

»Silas’ Geburtstag.« Gundula sagt es mit einem Unterton in der Stimme, der niemandem sonst auffallen würde, doch Nathaniel spürt sofort, dass noch etwas folgen wird.

»Ich wünschte, ich hätte auch ein Kind.«

Der Satz versetzt Nathaniel einen Stich ins Herz. Er setzt sich auf die Bettkante und möchte etwas erwidern, aber die richtigen Worte fallen ihm nicht ein. Heikles Terrain. Er hört, dass sich auch Gundula aufsetzt.

»Also ich könnte mir gut vorstellen, mit dir Kinder zu haben.«

Obwohl es keine Frage ist, klingt es, als würde sie eine Antwort erwarten. Eine Antwort, die Nathaniel nicht geben kann. Er erstarrt innerlich und versucht, sich nichts anmerken zu lassen; gleichzeitig drückt er Gundula unbeholfen an sich, sodass sie nach Luft ringen muss.

»Soll ich das als ein ›Ja, ich auch‹ verstehen?«, fragt sie halb scherzend, halb verunsichert.

Nathaniel schweigt noch immer, er fühlt sich überfordert und weiß nicht, wie er adäquat reagieren kann, ohne Gundula zu verletzen. Er weiß nur eines mit Bestimmtheit: Er will kein Kind, kein eigenes Kind, es geht nicht.

»Du scheinst von der Idee nicht ganz so begeistert zu sein«, hakt Gundula nach.

»Lass uns ein andermal darüber reden.«

»Es ist medizinisch möglich, du musst d