Kapitel 2
Ein Mann namens Ove dreht eine Kontrollrunde durch die Siedlung
Es war fünf vor sechs am frühen Morgen, als Ove und die Katze das erste Mal aufeinandertrafen. Die Katze mochte ihn von Anfang an nicht. Was absolut auf Gegenseitigkeit beruhte.
Ove war wie immer zehn Minuten zuvor aufgestanden. Er verstand die Leute nicht, die verschliefen und es darauf schoben, dass der »Wecker nicht geklingelt habe«. Ove hatte in seinem ganzen Leben noch keinen Wecker besessen. Um Viertel vor sechs wachte er auf, und dann begann sein Tag.
Er hatte die Kaffeemaschine angestellt und genau die Menge eingefüllt, die er zusammen mit seiner Frau an jedem Morgen in den letzten vier Jahrzehnten, in denen sie in der kleinen Reihenhaussiedlung gewohnt haben, getrunken hat. Ein Löffel pro Tasse und einen extra für die Kanne. Nicht mehr und nicht weniger. Das konnte ja heute keiner mehr, richtigen Kaffee kochen. Genau wie man heute auch nicht mehr mit der Hand schreiben konnte. Heute hatte man nur noch Computer und Espressomaschinen. Und wohin bewegte sich eine Gesellschaft, in der keiner mehr vernünftig mit der Hand schreiben und Kaffee kochen konnte? Wohin? Das fragte sich Ove.
Während seine richtige Tasse Kaffee durchlief, zog er die blaue Hose und die blaue Jacke an, fuhr in die Holzclogs, steckte die Hände in die Hosentaschen, so wie es ein Mann mittleren Alters tat, der ständig darauf gefasst sein musste, von einer durch und durch unfähigen Umwelt enttäuscht zu werden, und machte sich auf seine Kontrollrunde durch die Siedlung. So wie jeden Morgen.
In den anderen Reihenhäusern war es noch still und dunkel, als er aus der Tür ging. Hätte man sich denken können. In diesem Viertel gab es wirklich niemanden, der sich die Mühe machte, früher aufzustehen als nötig, das kannte Ove. Hier wohnten heutzutage ja nur Selbstständige und andere unzuverlässige Typen.
Die Katze saß mit gleichgültiger Miene mitten auf dem Weg zwischen den Häusern. Oder was man so Katze nennen konnte. Sie hatte nur noch einen halben Schwanz und ein Auge. Und hier und da fehlten ihr ganze Fellstücke, als hätte jemand faustdicke Büschel herausgeschnitten. Deshalb konnte von einem ganzen Katzenvieh eigentlich kaum die Rede sein, fand Ove.
Er stapfte ein paar Schritte auf sie zu. Die Katze erhob sich. Ove blieb stehen. Da standen sie und musterten sich ein paar Augenblicke lang gegenseitig, wie zwei potenzielle Raufbolde spätabends in einer Kneipe auf dem flachen Land. Ove spielte mit dem Gedanken, einen seiner Holzclogs nach ihr zu werfen. Die Katze sah aus, als verfluche sie die Tatsache, dass sie selbst keine Holzclogs besaß, um sie zurückzuschleudern.
»Schsch!«, brüllte Ove so plötzlich, dass die Katze zusammenfuhr.
Sie machte einen Schritt zurück. Sah den 59-Jährigen von oben bis unten an, betrachtete seine Holzclogs. Dann zuckte sie leicht, drehte sich um und trottete von dannen. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte Ove schwören können, dass sie erst noch die Augen verdreht hatte.
»Blödes Vieh«, dachte er und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Zwei Minuten vor sechs. Zeit, in die Gänge zu kommen, damit sich nicht die ganze Kontrollrunde wegen des Katzenviehs verschob. Das wäre ja noch schöner.
So marschierte er also den Weg zwischen den Häusern entlang bis hoch zum Parkplatz, wie jeden Morgen. Machte halt vor dem Schild, das den Autoverkehr innerhalb der Wohngegend untersagte. Trat ein bisschen provokativ gegen den Pfosten, auf dem es