: R. C. Sherriff
: Zwei Wochen am Meer Roman
: Unionsverlag
: 9783293311466
: 1
: CHF 8.00
:
: Hauptwerk vor 1945
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Voller Vorfreude bricht die Familie Stevens an die englische Südküste auf, mit sorgsam gepacktem Koffer und diesem wunderbar freien Gefühl im Bauch, wenn der Urlaub beginnt. Die geliebte Pension ist ein wenig in die Jahre gekommen, aber irgendetwas sagt Mr Stevens, dass diese Ferien die schönsten werden, die sie je hatten. Und so lassen sie sich verführen: vom Geflatter des Drachens und Cricket im warmen Sand, von einem behaglichen Glas Port und der erleuchteten Promenade am Abend. Und jeden Tag wieder lockt das Meer, das so sehr glitzert, dass man es vor Glück kaum fassen kann. Die Familie Stevens besitzt die Fähigkeit, das Dunklere, das jeder in sich trägt, zu verwandeln und die verborgene Größe des Selbstverständlichen zu genießen. Sie nimmt uns mit in einen unvergesslichen Sommer.

R. C. (Robert Cedric) Sherriff, geboren 1896 in Surrey, war Schriftsteller, Drehbuchautor und Versicherungsbeamter. Er besuchte die Kingston Grammar School und arbeitete anschließend im väterlichen Versicherungsunternehmen. Er diente im Ersten Weltkrieg in der britischen Armee und besuchte danach das New College in Oxford. In seinen Werken verarbeitete er auch seine Erfahrungen an der Front. Seine Filmskripte wurden u. a. zweifach mit BAFTA-Preisen ausgezeichnet und waren für den Oscar nominiert. Sherriff starb 1975 in London.

2


Und nun«, erklärte Mr Stevens, während er seinen Stuhl heranzog, »die Marschordnung.«

Das Abendessen war vorbei. Mrs Stevens und Mary waren mit dem Abräumen fertig. Der Abwasch konnte noch warten.

Der Begriff »Marschordnung« gehörte in diesem Haus zu den Witzworten. Genau genommen hörte sich allerdings nur dieses Wort witzig an, die Sache selbst war durchaus ernst. Es gab eine Menge zu tun, bevor man das Haus für zwei Wochen verlassen konnte; nur wenn alle zusammen die vielen anstehenden Dinge methodisch erledigten, konnte man fahren, ohne noch in letzter Minute in eine heillose Hetze zu geraten.

Mr Stevens zog ein Blatt Papier hervor, eng beschrieben, mit einem Stift. Es handelte sich um das Resultat jahrelang angehäufter, immer wieder durchdachter Erfahrungen, die sich ihren vielen Ferien verdankten und zu einer derart ausgefeilten Planung geführt hatten, dass es perfekter nicht mehr ging. Gelegentlich lieh man dieses Papier sogar Freunden aus.

Mr Stevens zündete nochmals seine Pfeife an, wischte den Rest Tabakasche vom Tisch und räusperte sich. Da es inzwischen nicht mehr allzu häufig vorkam, dass alle so vollzählig um den Tisch saßen, nutzte er die Gunst der Stunde.

Dick saß seinem Vater gegenüber, die Arme nach vorne geschoben, das Kinn in die Hände gestützt. Mrs Stevens ließ nach einem letzten schnellen Blick durchs Zimmer den Öl- und Essigständer im Schrank verschwinden, nahm im Kaminsessel Platz und starrte geistesabwesend auf den Fächer hinunter, der auf dem leeren Rost lag. Ihre Hände fingerten an ihrem Blusenausschnitt herum und huschten schließlich zu den Knien hinab, als könnten sie nicht einfach auf Befehl zur Ruhe kommen, vor allem nicht auf einen so plötzlichen.

Das Abendessen war bestens verlaufen. Anfangs schienen alle noch ein bisschen zu sehr darauf bedacht, alles richtig zu machen, als fürchteten sie, dass die Lust auf einen solchen Abend im nächsten Jahr nicht mehr so groß sein könnte. Als sie sich aber allmählich warm geredet hatten, war auf magische Weise die gute alte Stimmung der früheren Aufbruchsabende zurückgekehrt.

Fragen waren über den Tisch geflogen, die auf Gegenfragen stießen: Würde Uncle Sam mit seiner Minstrel-Show wohl auch wieder da sein? Uncle Sam musste langsam uralt sein, obwohl er seit mindestens fünfzehn Jahren immer gleich aussah. Würden die gleichen Clowns da sein? Durfte man den Feldweg, der über die Kleewiese zum Meer führte, nicht mehr benutzen, weil dort, wie es hieß, gebaut wurde? Würde die echte Militärkapelle wie