1. KAPITEL
Demi
(Heute)
»Du bist eine Heilige, Demi. Wirklich. Brooks hat so ein Glück, dass er dich hat.« Brenda Abbott küsst mich auf die Stirn, als ich am Fußende des Krankenbettes ihres Sohnes sitze und Lotion in seine trockenen, reglosen Beine einmassiere. »Er wird bald aufwachen. Ich weiß es einfach.«
Sie macht einen Schmollmund mit ihren dünnen Lippen, und mir wird klar, dass ich meine künftige Schwiegermutter bisher nie ohne Lippenstift gesehen habe. Aber Brenda trägt Mascara. Ganze Schichten. Dick und wasserfest. Tiefschwarz, das ihre grünen Augen schimmern lässt.
Der protzige, fünfkarätige eingebettete Diamant an meinem linken Ringfinger schimmert im trüben Licht über Brooks’ Bett und zieht meinen Blick auf sich. Ich finde immer noch, dass er unecht aussieht, obwohl ich weiß, dass er überaus echt ist, überaus zertifiziert und überaus versichert. Ich dachte, Brooks sei verrückt, weil er ihn gekauft hat. Ich habe ihm gesagt, dass niemand in Rixton Falls so einen Ring hätte. Ich wäre auch mit einem Edelstein zufrieden gewesen, der nur einen Bruchteil dieser Größe hat, aber er bestand darauf.
Vor achtundvierzig Stunden habe ich diesen Briefbeschwerer abgenommen, in seine blaugrüne Ringschachtel zurückgelegt und diese unten in einer Schublade verstaut. Vor achtundvierzig Stunden habe ich den Catering-Service angerufen, die Band abgesagt und den Fotografen angefleht, uns wenigstens einen Teil unserer Anzahlung zurückzugeben. Vor achtundvierzig Stunden kam das Leben, wie ich es kenne, zum zweiten Mal in sieben kurzen Jahren mit kreischenden Bremsen zum Stehen.
Ich schätze, ich habe eine Neigung, mir immer Typen auszusuchen, die mich lieben und dann verlassen.
Neulich abends hat Brooks mit irgendeiner dämlichen Ausrede, dass er noch nicht so weit wäre, unsere Hochzeit abgesagt und ist mit seinem roten Mercedes C-Klasse aus der Einfahrt gefahren. Mit genau dem, den er geschrottet hat, als er von der Straße abkam und in die Leitplanke krachte. Dem, der jetzt nur noch ein Haufen Altmetall auf einem Autofriedhof außerhalb der Stadt ist.
Es war spät. Ich weiß immer noch nicht, wohin er wollte, aber er hatte es offensichtlich eilig, dorthin zu kommen.
Ich hatte mir ein Glas Wein eingeschenkt, nachdem er weg war und war zu Bett gegangen. Aus reinem Trotz hatte ich ein altes T-Shirt eines Ex-Freundes angezogen. Ich konnte nicht schlafen, sondern lag nur wach und machte mir Vorwürfe, weil ich mehr Erleichterung als Kummer empfand. Ich konnte nicht verstehen, wieso ich nicht aufgebrachter darüber war, dass er mich verließ. Ich versuchte sogar, mich zum Weinen zu zwingen. Doch die Tränen wollten nicht kommen.
»Er kommt wieder in Ordnung«, beteuere ich seiner Mutter, obwohl ich nicht wirklich qualifiziert bin, diese Art Hoffnung zu äußern. Ich bin darin ausgebildet, Vorschulkinder zu unterrichten, nicht um die ungewisse Zukunft von Trauma-Patienten zu diagnostizieren.
Das regelmäßige Zischen einer Maschine, die für Brooks atmet, erfüllt das