»Wir sind die Kinder der kleinen Mehrheiten. Unsere Stimmen müssen in der Gesellschaft gehört werden.«
Was für eine Geschichte! Gianni Jovanovic hat mit 43 Jahren mehr erfahren als andere in ihrem ganzen Leben: 1978 in Rüsselsheim geboren, erlebten er und seine Familie immer wieder rassistische Anfeindungen. Mit 14 verheirateten seine Eltern ihn. Mit 17 war er bereits zweifacher Vater, Anfang 20 outete sich Gianni Jovanovic als schwul. Inzwischen ist er seit 18 Jahren mit seinem Ehemann zusammen, zweifacher Großvater und die wohl bekannteste Stimme der Rom:nja und Sinti:zze in Deutschland. Gemeinsam mit der Journalistin Oyindamola Alashe erzählt er diese Geschichte einer Selbstermächtigung und entwirft dabei auch seine Vision einer antirassistischen, diversen Gesellschaft. Gianni Jovanovic' Geheimwaffen: Charme und Humor. Besonders auch dann, wenn es weh tut.
»Gianni Jovanovic sprengt Erwartungen auf wundervolle Weise! Er kann eine Sache so gut wie kein anderer: Ambivalenzen zulassen, ohne Scham, ohne Beschönigung. Dabei ist er alles andere als zynisch, sondern ansteckend lebensbejahend.« Alice Hasters
»Mit diesem Buch hat Gianni Jovanovic sich noch mal selbst übertroffen. Mit jedem Satz, den ich gelesen habe, konnte ich mehr Verständnis für sein Leben und seine Herausforderungen gewinnen.« Louisa Dellert
»Di se fast unglaubliche Geschichte muss gelesen werden. Wie aus einem Menschen, der so viel Ablehnung und Gewalt erleben musste, ein Streiter wurde für Toleranz, Vielfalt und Herzlichkeit.« Bettina Böttinger
Aus Teenagern werden Mann und Frau
Mann, war ich ein gut aussehender Teenager – ein bisschen moppelig, aber ein cooler Typ. Ich war kommunikativ, laut und sehr lustig. Ich machte gerne Witze in diversen Dialekten und imitierte meine Lehrer*innen oder Bundeskanzler Helmut Kohl. Letzteren konnte ich besonders gut. Ich machte ein Doppelkinn, verzog das Gesicht zu einer Birne und ließ meine Stimme Kohl-typisch blubbern. Ich liebteMTV. Wenn ich es irgendwo schauen konnte, war ich im Himmel. Obwohl ich kein Wort der Songs verstand, feierte ich die Videos. Jedes Mal, wenn ich Englisch hörte, war das für mich die weite Welt. Englisch war cool. Mit meinen Cousins und Cousinen tanzten wir zur Musik vonMC Hammer, Whitney Houston, Michael Jackson oder Madonna. Bei aller Fröhlichkeit war ich aber auch oft allein. Es konnte in meiner Großfamilie sehr einsam sein. Dann hockte ich irgendwo, litt still vor mich hin und kaute wie besessen an den Fingernägeln. Manchmal schnitt ich mir mit Scherben an den Unterarmen herum. Ich wollte mich nur für einen Moment anders erleben und die Welt da draußen vergessen. Es war meine Art, die vielen seelischen Schmerzen zu verdrängen, die ich täglich spürte. Ich schnitt nie zu tief, denn ich war eitel. Ich wollte keine bleibenden Spuren davontragen – meistens gelang mir das. Heute verdecken meine Tätowierungen alle Stellen, an denen ich mich unabsichtlich doch zeichnete.
Draußen hing ich viel mit Gleichaltrigen herum – mit People of Color undweißen Deutschen. Was uns einte: Wir alle kamen aus armen Verhältnissen. Ansonsten las ich viel.BRAVO. Ich konnte die Donnerstage kaum erwarten, und dann las ich eine Woche lang jede e