: Mary Sharratt
: Die Töchter der Heilerin Historischer Roman
: beHEARTBEAT
: 9783751721318
: 1
: CHF 4.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 431
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Ihre Hände heilen, ihre Sprüche geben Schutz, ihre Kräuter lindern Schmerz. Aber wer schützt sie?

Lancashir , 16. Jahrhundert: Die Witwe Demdike lebt mit ihrer Tochter Liza und ihrer Enkelin Alison in einem Turm am Rand des Pendle Forest. Die Frauen sind Heilerinnen und verfügen über besondere Kräfte. Sie gehen sehr vorsichtig damit um, denn die Menschen reden über sie, und zur Zeit der Hexenverfolgung ist der Grat zwischen guter Magie und Hexerei schmal ...
Als Demdikes Freundin Annie sie jedoch um Hilfe bittet, weil ihre Tochter von einem Adligen bedrängt wird, gibt Demdike ihr Können an sie weiter. Aber das magische Wissen ist ein gefährliches Werkzeug in Annies Händen, denn sie ist wild und leidenschaftlich. Als dann auch noch ein ehrgeiziger Richter nach Pendle Forest kommt, sind die Frauen in großer Gefahr. Denn der Richter hat sich der Hexenjagd verschrieben ...

'Die Autorin entwirft ein großes Gemälde des Zeitgeists, verbunden mit den Schicksalen dieser Frauen und führt uns hinein in eine Geschichte über Menschen, die wir lieben und schätzen lernen.'Minneapolis Star-Tribune

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<p>Mary Sharratt stammt aus Minneapolis, Minnesota. Sie lebt seit sieben Jahren in Pendle, einer Region in Lancashire, England. Die Inspiration für<strong>Die Töchter der Heilerin</strong> entsprang dieser wilden, ungezähmten Landschaft. Sharratt hat ausführlich in historischen Dokumenten recherchiert: Alle zentralen Figuren und Ereignisse dieses Romans entstammen den Aufzeichnungen des Gerichtsschreibers Thomas Potts über die Hexenprozesse des Jahres 1612 in Lancaster.<br><i> lt;strong></strong>& t;/i>Mary Sharratt bekam 2005 für den Roman<i><strong>T e Real Minerva</strong></i& t; den WILLA Literary Award, benannt nach der amerikanischen Pulitzerpreis-Gewinnerin Willa Cather.<br></p>

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1582

In der Abenddämmerung sah ich ihn zum ersten Mal, einen Knaben, der aus dem Steinbruch in Goldshaw geklettert kam. Die untergehende Sonne ließ sein blondes Haar aufleuchten. Schlank war er und so jung und schön. Und rein. Er hatte nichts Niederträchtiges an sich, keine Tücke oder Bosheit. Ich wusste gleich, dass er mich nicht anspucken würde, weil ich ein barfüßiges Bettelweib war. Er würde mich nicht mit Flüchen überschütten oder versuchen, mich in den Straßengraben zu stoßen. Da war etwas in seinen Augen; eine Sanftheit, ein Wissen. Wenn er mich ansah, schienen sich meine schmerzenden Knie in Butter zu verwandeln. Wenn er lächelte, zerschmolz etwas tief in meinem Inneren, und mein Herz schlug, pochte und polterte, bis ich beinahe ohnmächtig wurde. Was sollte so ein Bursche von einer fünfzigjährigen Witwe wie mir wollen?

Es war Mai, doch ein kalter Abend. Sein Rock war halb schwarz, halb braun. Bei mir dachte ich, dass er genauso arm sein musste wie ich, denn da bleibt einem nichts anderes übrig, als seine Kleider aus verschiedenfarbigen Lumpen zusammenzunähen. Er streckte die Hand aus, als wollte er einen alten Freund begrüßen.

»Elizabeth«, sagte er. »Meine Bess.« Die Namen, unter denen ich als Mädchen mit schlanker Taille, starken Beinen und wallendem kastanienbraunen Haar bekannt war. Woher kannte er meine wahren Namen? Auch damals war ich den meisten schon als Demdike bekannt. Der Knabe lächelte strahlend, mit sauberen weißen Zähnen, von denen keiner fehlte, und seine Augen blitzten teuflisch, so als wäre ich noch diese junge Frau, deren Haut war wie frische Milch.

»Na so was«, sagte ich, denn ich war niemals jemand, der lange schweigen konnte. »Du kennst also meinen Namen. Und wie heißt du?«

»Tibb«, sagte er.

»Dein Familienname.« Ich nickte, obwohl ich in Pendle Forest keine Tibbs kannte. »Und dein Rufname?« Schließlich, dachte ich, kannte er auch meinen, Gott weiß, woher.

Er hob das Gesicht dem rötlich glühenden Himmel entgegen und lachte, als die Sonne endgültig hinter dem Pendle Hill versank. Dann hörte ich hinter mir ein Geräusch: das verblüffte Kreischen eines auffliegenden Fasans. Als ich mich wieder zu dem Burschen umwandte, war er verschwunden. Ich schaute den Weg auf und ab, doch ich entdeckte ihn nirgendwo, konnte nicht einmal seine Fußabdrücke auf dem schlammigen Pfad erkennen. Ließ mein Verstand mich im Stich? War der Knabe überhaupt wirklich gewesen? Da wurde mir ängstlich zumute, und mich fror am ganzen Körper, als hätte sich Reif über meine Haut gelegt.

Zuerst erzählte ich niemandem von Tibb. Wer hätte mir auch geglaubt, da ich es ja selbst kaum fassen konnte? Ich hegte nicht den Wunsch, mich noch mehr zum Gespött zu machen, als ich es ohnehin schon war.

Mein Mann Ned Southerns war kurz nach der Geburt unserer schielenden Liza vor neunzehn Jahren verschieden. Er gab mir die Schuld an der Missbildung unserer Tochter, weil er fand, ich hätte zu viel Umgang mit Tieren gehabt, als ich mit ihr schwanger ging, denn in meinen Ehejahren hielt ich fünf Hühner und sogar eine Milchziege. Ich hatte noch ein Kind, Christopher, der drei Jahre älter war als Liza und nicht von meinem Mann. Er war bei Weitem nicht der einzige Bastard in Pendle Forest. Der Adel und die Freibauern zeugten genauso viele illegitime Kinder wie wir armen Leute; sie verstanden sich nur besser darauf, es zu vertuschen. Liza, Kit und ich wohnten in einem alten verfallenen Wachturm am Rande von Pendle Forest. Unser Turm war älter als Adam und so zugig, dass man dort nicht einmal Viehfutter aufbewahren konnte, aber für uns reichte er. Malkin Tower hieß er, und wie Ihr sicher wisst, kann »malkin« entweder »Feldhase« oder »loses Weib« bedeuten. Hätte es einen besseren Platz geben können für mich und meine Brut?

Trotzdem flüsterten die Leute, es sei schon merkwürdig, dass eine wie ich in einem Turm aus dickem Stein lebe, der sich unten am Fuß sogar einer Außenküche mit einer richtigen Feuerstätte rühmen konnte, während manch arme Witwe sich mit einer Kate aus nur einem einzigen Raum ohne Herd, nur mit einer Feuerstelle im nackten Erdboden, begnügen musste. Die Wahrheit ist, dass meiner armen toten Mutter der Turm auf Lebenszeit zugesprochen wurde – Türme, die nach gefallenen Mädchen benannt waren, bargen stets peinliche Geheimnisse.

Als meine Mam jung und ansehnlich war, diente sie bei den Nowells von Read Hall. Sie