: Sigrid Grabner
: Traum von Rom Historischer Roman um Cola di Rienzo
: EDITION digital
: 9783965216723
: 1
: CHF 6.40
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: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 251
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Wer war Cola di Rienzo? Jene Zeiten, in denen er gelebt, gekämpft und gelitten hat, sind von der Gegenwart ziemlich weit entfernt. Es war das 14. Jahrhundert, und sein Leben spielte sich hauptsächlich in Rom ab. Im Internet-Lexikon Wikipedia heißt es eingangs eines längeren Eintrages über ihn: 'Cola di Rienzo (* Frühjahr 1313 in Rom; ? 8. Oktober 1354 ebenda) war ein römischer Politiker und Volkstribun. Er wurde der Nachwelt besonders bekannt durch das dreibändige Romanwerk Rienzi, or the Last of the Tribunes (Rienzi, der letzte Tribun, 1835) von Edward Bulwer-Lytton und die davon inspirierte Oper Rienzi (1842) von Richard Wagner. Cola di Rienzo ist bis heute eine umstrittene Figur: Für die einen ist er ein Humanist und Fixstern der Renaissance, für die anderen ein größenwahnsinniger Tyrann.' In ihrem historischen Roman 'Der Traum von Rom' überwindet Sigrid Grabner die erwähnte große Entfernung zwischen heute und Rienzos Lebzeiten nahezu mühelos: Die schwere Tür schlägt zu. Cola hört, wie man den Riegel vorlegt. 'Nein', flüstert er, schreit dann: 'Lasst mich heraus!' Er donnert gegen das Holz, bis er, aufweinend vor Schmerz, zu Boden sinkt. Durch eine Mauerluke fällt Licht in das enge Verließ. Ein roher Holztisch, ein Schemel, eine Bettstatt aus Stroh. Cola widersteht dem Verlangen, sich auf dem Lager auszustrecken. Er stellt den Schemel vor die Luke und zieht sich an der Mauer hoch. Die Öffnung ist zu schmal, als dass er sich hindurchzwängen könnte. Gelänge es ihm dennoch, stürzte er in eine tödliche Tiefe. Voller Hoffnung und Vertrauen kam er im Juli 1350 nach Prag, um Karl IV. zu bitten, Rom nicht länger dem Verderben preiszugeben. In Rückblicken wird nachvollziehbar, um welche Kämpfe es damals eigentlich ging und welche Rolle jeweils Papst Clemens IV., König Karl IV. und Rienzo selbst spielten, der in Erinnerung an das untergegangene Römische Reich seinen 'Traum von Rom' träumte - von Aufschwung und Volkssouveränität. Das aber war zu viel für den König und Kaiserkandidaten, und er ließ Rienzo an den Papst ausliefern. Clemens aber starb bald und sein Nachfolger erlaubte ihm die Rückkehr nach Rom. Doch dort zeigte Rienzo vor allem seine tyrannische Seite und brachte das Volk gegen sich auf. Eine Zeittafel am Ende des spannenden Romans erleichtert die historische Orientierung und Einordnung des Lebens von Cola di Rienzo, der am 8. Oktober 1354 mit nur 41 Jahren in Rom erschlagen wurde. Zu Ostern 1355 wurde ebenfalls in Rom Karl IV. zum Kaiser gekrönt.

Am 29.10.1942 in Tetschen-Bodenbach geboren, ab 1947 in Merseburg. Nach dem Abitur in Halle und einjährigem Praktikum in der Landwirtschaft studierte sie von 1962-1967 an der Berliner Humboldtuniversität Kulturwissenschaft und Indonesienkunde, 1972 Promotion. Seit 1972 freischaffende Schriftstellerin. Sie lebt in Potsdam, war mit dem Schriftsteller und KZ-Überlebenden Hasso Grabner verheiratet und hat zwei Kinder. 1992 Ehrengast der Villa Massimo 2000 Stipendiatin im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf
Im Traum sieht Cola eine Frau auf einer Wiese liegen. Ihr Gewand ist zerrissen, ihr Körper von Wunden bedeckt. In dem Verlangen zu helfen kniet er neben ihr nieder, da schlägt sie die Augen auf. Aber sie blickt nicht ihn an, sondern einen Mann, der plötzlich neben ihm steht. Er ist von hochgewachsener schöner Gestalt, ein blonder Bart bedeckt das Gesicht. Zärtlich und zugleich kraftvoll hebt er die Frau vor sich aufs Pferd, und ruft: Viva Italia! Die Frau setzt sich lachend im Sattel auf, dann sprengen beide davon. Cola will ihnen nachsetzen, aber vor seinen Füßen öffnet sich ein gähnender Abgrund. Er kann den Schwung seines Körpers nicht mehr aufhalten und fühlt sich stürzen. Den ganzen Tag sinnt Cola über den Traum nach. Schickt ihm der Himmel mit diesem Gesicht eine Botschaft? Italien, von Kämpfen zerrissen, blutet aus vielen Wunden. Es wartet auf seinen Retter, der ihm den Frieden bringt. Ist er, Cola, der Mann, der Italien aufrichtet und lachen macht? Er sieht den Abgrund, der ihn im Traum verschlang, und erschaudert. Gegen Abend kommt Bartholomäus und sagt ihm, dass seine Abreise nach Avignon unmittelbar bevorstehe. Überschwänglich umarmt Cola Bartholomäus, als hätte ihm dieser die Rückkehr nach Rom verheißen. 'So sehr freust du dich?', fragt Bartholomäus beklommen. 'Ach, mein Freund', erwidert Cola, 'Schlimmeres als die Monate in Raudnitz kann mir nicht mehr begegnen. Was ist schon der Tod gegen diese sich hinziehende Marter. Aus der Verzweiflung heraus bin ich furchtlos geworden. Ich werde mich in Avignon verteidigen und dann bald vor dem himmlischen Richterstuhl stehen, wo mir Gerechtigkeit werden wird. Wie sollte ich mich da nicht freuen!' Von dem Traum erzählt er Bartholomäus nichts. Ein letztes Mal begegnen sich Cola und Ernst von Pardubitz. Der Erzbischof verbirgt nur mit Mühe sein Erschrecken. Ein Jahr ist vergangen, seitdem er den Römer gesehen hat. Damals war er bleich und hager. Jetzt steht ein beleibter Mann vor ihm, aus dessen schlaffem Gesicht ihn müde rot geäderte Augen anblicken. Schwerfällig sind seine Bewegungen. Es gibt nicht mehr viel zu sagen. Ein paar gut gemeinte Ratschläge, für die Cola mit leichtem Kopfneigen dankt. Colas höfliche Grüße an König Karl. Keine Bitterkeit ist in ihnen, nur ein leises Bedauern. Wären sie einander unter anderen Umständen begegnet, hätten sie Freunde werden können. Das wissen beide, und für einen Augenblick drängt es sie, das auszusprechen. Der Erzbischof mahnt sich zur Besonnenheit. Schließlich wurde Cola auf seine Weisung hin eingekerkert. Vor zwei Jahren hätte er dem Römer noch raten können, Prag auf schnellstem Wege zu verlassen, doch damals sah er in ihm ein Faustpfand. Der Plan ist misslungen, und Cola droht der Scheiterhaufen. Ernst von Pardubitz weiß, dass er seine Schuld am Schicksal Colas nicht durch ein freundliches Wort aus der Welt schaffen kann. Er und dieser Römer sind Schuldige und Opfer zugleich. Auch Cola widersteht der Regung, seine Gedanken preiszugeben. Der Erzbischof könnte seine Worte als Unterwerfung missdeuten. So verlässt er mit angestrengt aufrechtem Gang das Gemach des Erzbischofs. Vom Fenster aus sieht Ernst von Pardubitz zu, wie Cola, umringt von den Knechten der päpstlichen Gesandten, das Pferd besteigt. Es war ein guter Einfall, Bartholomäus mit den Abgesandten des Papstes auf die Reise zu schicken. So wird er die Briefe, die er bei sich trägt, gefahrlos nach Avignon bringen und kann gleichzeitig darauf achten, dass man den Gefangenen gut behandelt. Hoffentlich habe ich nicht doch einen Fehler gemacht, denkt der Erzbischof, als er sieht, wie Bartholomäus an die Seite Colas reitet und beide lebhaft miteinander sprechen. Bartholomäus ist ein kluger, manchmal aber auch ein unbeherrschter junger Mann. Wenn er nun eine Flucht des Römers begünstigte ... Der Erzbischof ertappt sich bei dem Gedanken, dass ihm dies nicht einmal unrecht wäre. Schließlich sind die päpstlichen Gesandten jetzt für Cola verantwortlich. So steht es in dem Dokument, das sie vor der Übergabe unterzeichnet haben. Dem eitlen Fant Johann, Bischof von Spoleto, gönnte er eine Niederlage. Kommt hier an, bunt wie ein Pfau, und führt sich auf, als ob er der Papst selber wäre. Von Cola di Rienzo redete er nur wie von einem gefährlichen Tier, das er der Kurie gegen gute Belohnung zuführen werde. Den Dummen ist eben alles dumm. Bartholomäus wird es schwer haben. Ihn, Ernst von Pardubitz, betrifft diese Sache nicht mehr. Aber ein Schmerz bleibt doch. Die Reiter auf dem Hof setzen sich in Bewegung. Der Erzbischof schaut ihnen nach, bis sie hinter den Büschen am Moldauufer verschwinden. Ihm ist, als verdunkle sich der Himmel über Prag und ein fernes Grollen erschüttere den Boden unter seinen Füßen. 'Gott beschütze dich, Cola, und uns alle', murmelt der Erzbischof. Cola erinnert sich nicht, einen Frühling wie diesen je erlebt zu haben. Über den Wiesen schweben lilafarbene und gelbe Schleier von Schaumkraut und Löwenzahn. Bunte Schmetterlinge tanzen zwischen rosa umflorten Zweigen, aus denen die Bienen schon ihre Tracht einbringen. So weit das Auge reicht, schwelgt die Welt im Blütenrausch. Geblendet von den Farben des Himmels und der Erde, betäubt von den Düften, fühlt Cola, wie eine süße Mattigkeit seine Glieder durchströmt. So muss einem Verhungernden zumute sein, der plötzlich an einer reichgedeckten Tafel sitzt, voll heißen Verlangens, doch zu schwach, die dargebotenen Freuden zu genießen. Die Bauern auf den Feldern unterbrechen die Arbeit, so bald sie des Reitertrupps ansichtig werden. Manche kommen auch neugierig an den Wegrand. Cola schaut in ihre Gesichter, als wolle er sie sich für alle Zeiten einprägen. Er spricht kaum. Am späten Nachmittag kann er sich nur noch mit großer Anstrengung im Sattel halten. Bartholomäus sieht seine Schwäche und verlangt, in der nächsten Herberge Übernachtung zu suchen. Bischof Johann und seine Begleiter widersprechen. In den Herbergen verkehrt allerlei Gesindel aus dem dunklen Böhmerwald. Sie drängen, bis zum Augustinerkloster nach Taus zu reiten. Dort erwarten sie weiche Betten und eine gute Küche. 'Wie Ihr wollt', sagt Bartholomäus, 'aber dann werdet Ihr Euren Gefangenen nicht lebendig bis nach Regensburg bringen.' Diese Vorstellung erschreckt Bischof Johann. Die Worte des Papstes klingen ihm im Ohr: Ich will diesen Mann haben, wagt nicht, ohne ihn zurückzukommen! Bischof Johann berät sich mit seinen Begleitern und teilt dann Bartholomäus herablassend mit, er habe aus verschiedenen Gründen beschlossen, heute nicht mehr bis nach Taus zu reiten.