: William Shakespeare
: Ein Sommernachtstraum
: SAGA Egmont
: 9788726885934
: 1
: CHF 1.80
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: Erzählende Literatur
: German
: 72
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Liebe ist eine ganz schön komplizierte Angelegenheit. Das müssen Hermia, Lysander, Helena und Demetrius in William Shakespeares Komödie 'Ein Sommernachtstraum' am eigenen Leib erfahren. Gleichzeitig befinden sich Titania und Oberon, das Königspaar der Feen, in einem großen Streit - ein Konflikt, der auch für die Welt der Sterblichen Konsequenzen hat. Als die vier Liebenden sich nachts ins Feenreich verirren, beginnt ein magisches Chaos voller Verwechslungen: kann sich am Ende alles wieder zum Guten wenden?-

William Shakespeare (1564 - 1616) ist einer der bedeutendsten Dramatiker und Dichter aller Zeiten. Zunächst machte er sich als Schauspieler in London einen Namen, verfasste dann jedoch auch selbst zahlreiche Dramen und legte so den Grundstein für seinen Erfolg. Shakespeares Theaterstücke, wie etwa 'Romeo und Julia', 'Macbeth' oder 'Ein Sommernachtstraum' werden bis heute auf der ganzen Welt begeistert gelesen, aufgeführt und neu adaptiert.

Erste Szene


Ein Saal im Palaste des Theseus

Theseus, Hippolyta, Philostrat und Gefolge treten auf.

Theseus.

Nun rückt, Hippolyta, die Hochzeitsstunde

Mit Eil heran; vier frohe Tage bringen

Den neuen Mond; doch, o wie langsam nimmt

Der alte ab! Er hält mein Sehnen hin,

Gleich einer Witwe, deren dürres Alter

Von ihres Stiefsohns Renten lange zehrt.

Hippolyta.

Vier Tage tauchen sich ja schnell in Nächte,

Vier Nächte träumen schnell die Zeit hinweg:

Dann soll der Mond, gleich einem Silberbogen,

Am Himmel neu gespannt, die Nacht beschaun

Von unserm Fest.

Theseus.

Geh, Philostrat, berufe

Die junge Welt Athens zu Lustbarkeiten!

Erweck den raschen, leichten Geist der Lust,

Den Gram verweise hin zu Leichenzügen:

Der bleiche Gast geziemt nicht unserm Pomp.

(Philostrat ab.)

Hippolyta! ich habe mit dem Schwert

Um dich gebuhlt, durch angetanes Leid

Dein Herz gewonnen; doch ich stimme nun

Aus einem andern Ton, mit Pomp, Triumph,

Bankett und Spielen die Vermählung an.

Egeus, Hermia, Lysander und Demetrius treten auf.

Egeus.

Dem großen Theseus, unserm Herzog, Heil!

Theseus.

Mein guter Egeus, Dank! Was bringst du Neues?

Egeus.

Verdrusses voll erschein ich und verklage

Mein Kind hier, meine Tochter Hermia. –

Tritt her, Demetrius. – Erlauchter Herr,

Dem da verhieß mein Wort zum Weibe sie.

Tritt her, Lysander. – Und, mein gnädger Fürst,

Der da betörte meines Kindes Herz.

Ja! Du, Lysander, du hast Liebespfänder

Mit ihr getauscht: du stecktest Reim ihr zu;

Du sangst im Mondlicht unter ihrem Fenster

Mit falscher Stimme Lieder falscher Liebe;

Du stahlst den Abdruck ihrer Phantasie

Mit Flechten deines Haares, buntem Tand,

Mit Ringen, Sträußen, Näschereien (Boten

Von viel Gewicht bei unbefangner Jugend);

Entwandest meiner Tochter Herz mit List

Verkehrtest ihren kindlichen Gehorsam

In eigensinngen Trotz. – Und nun, mein Fürst,

Verspricht sie hier vor Eurer Hoheit nicht

Sich dem Demetrius zur Eh, so fordr ich

Das alte Bürgervorrecht von Athen,

Mit ihr, wie sie mein eigen ist, zu schalten.

Dann übergeb ich diesem Manne sie,

Wo nicht, dem Tode, welchen unverzüglich

In diesem Falle das Gesetz verhängt.

Theseus.

Was sagt Ihr, Hermia? Laßt Euch raten, Kind.

Der Vater sollte wie ein Gott Euch sein,

Der Euren Reiz gebildet; ja, wie einer,

Dem Ihr nur seid wie ein Gepräg, in Wachs

Von seiner Hand gedrückt, wie's ihm gefällt,

Es stehnzulassen oder auszulöschen.

Demetrius ist ja ein wackrer Mann.

Hermia.

Lysander auch.

Theseus.

An sich betrachtet wohl;

So aber, da des Vaters Stimm ihm fehlt,

Müßt Ihr für wackrer doch den andern achten.

Hermia.

O säh mein Vater nur mit meinen Augen!

Theseus.

Eur Auge muß nach seinem Urteil sehn.

Hermia.

Ich bitt Euch, gnädger Fürst, mir zu verzeihn.

Ich weiß nicht, welche Macht mir Kühnheit gibt,

Noch wie es meiner Sittsamkeit geziemt,

In solcher Gegenwart das Wort zu führen;

Doch dürft ich mich zu fragen unterstehn:

Was ist das Härtste, das mich treffen kann,

Verweigr ich dem Demetrius die Hand?

Theseus.

Den Tod zu sterben oder immerdar

Den Umgang aller Männer abzuschwören.

Drum fraget Eure Wünsche, schönes Kind,

Bedenkt die Jugend, prüfet Euer Blut,

Ob Ihr die Nonnentracht ertragen könnt,

Wenn Ihr der Wahl des Vaters widerstrebt,

Im dumpfen Kloster ewig eingesperrt

Als unfruchtbare Schwester zu verharren,

Den keuschen Mond mit matten Hymnen feiernd.

O dreimal selig, die, des Bluts Beherrscher,

So jungfräuliche Pilgerschaft bestehn!

Doch die gepflückte Ros ist irdischer beglückt,

Als die am unberührten Dorne welkend

Wächst, lebt und stirbt in heilger Einsamkeit.

Hermia.

So will ich leben, gnädger Herr, so sterben,

Eh ich den Freiheitsbrief des Mädchentums

Der Herrschaft dessen überliefern will,

Des unwillkommnem Joche mein Gemüt

Die Huldigung versagt.

Theseus.

Nehmt Euch Bedenkzeit; auf den nächsten Neumond,

Den Tag, der zwischen mir und meiner Lieben

Den ewgen Bund der Treu besiegeln wird;

Auf diesen Tag bereitet Euch, zu sterben

Für Euren Ungehorsam, oder nehmt

Demetrius zum Gatten, oder schwört

Auf ewig an Dianens Weihaltar

Ehlosen Stand und Abgeschiedenheit.

Demetrius.

Gebt, Holde, nach; gib gegen meine Rechte,

Lysander, deinen kahlen Anspruch auf.

Lysander.

Demetrius, Ihr habt des Vaters Liebe:

Nehmt ihn zum Weibe; laßt mir Hermia.

Egeus.

Ganz recht, du Spötter! Meine Liebe hat er;

Was mein ist, wird ihm meine Liebe geben;

Und sie ist mein; und alle meine Rechte

An sie verschreib ich dem Demetrius.

Lysander.

Ich bin, mein Fürst, so edlen Stamms wie er;

So reich an Gut; ich bin an Liebe reicher;

Mein Glücksstand hält die Waag auf alle Weise

Dem seinigen, wo er nicht überwiegt;

Und (dies gilt mehr als jeder andre Ruhm)

Ich bin es, den die schöne Hermia liebt.

Wie sollt ich nicht bestehn auf meinem Recht?

Demetrius (ich will's auf seinen Kopf

Beteuern) buhlte sonst um Helena,

Die Tochter Nedars, und gewann ihr Herz:

Und sie, das holde Kind, schwärmt nun für ihn,

Schwärmt andachtsvoll, ja mit Abgötterei

Für diesen schuldgen, flatterhaften Mann.

Theseus.

Ich muß gestehn, daß ich dies auch gehört

Und mit Demetrius davon zu sprechen

Mir vorgesetzt; nur, da ich überhäuft

Mit eignen Sorgen bin, entfiel es mir.

Doch ihr, Demetrius und Egeus, kommt!

Ihr müßt jetzt mit mir gehn, weil ich mit euch

Verschiednes insgeheim verhandeln will.

Ihr, schöne Hermia, rüstet Euch, dem Sinn

Des Vaters Eure Grillen anzupassen;

Denn sonst bescheidet Euch Athens Gesetz,

Das wir auf keine Weise schmälern können,

Tod oder ein Gelübd des ledgen Standes.

Wie geht's, Hippolyta? Kommt, meine Traute!

Ihr, Egeus und Demetrius, geht mit!

Ich hab euch noch Geschäfte aufzutragen

Für unser Fest; auch muß ich noch mit euch

Von etwas reden, was euch nah betrifft.

Egeus.

Dienstwillig und mit Freuden folgen wir.

(Theseus, Hippolyta, Egeus, Demetrius und Gefolge ab.)

Lysander.

Nun, liebes Herz? Warum so blaß die Wange?

Wie sind die Rosen dort so schnell verwelkt?

Hermia.

Vielleicht, weil Regen fehlt, womit gar wohl

Sie mein umwölktes Auge netzen könnte.

Lysander.

Weh mir! Nach allem, was ich jemals las

Und jemals hört in Sagen und Geschichten,

Rann nie der Strom der treuen Liebe sanft;

Denn bald war sie verschieden an Geburt –

Hermia.

O Qual! zu hoch, vor Niedrigem zu knien!

Lysander.

Bald war sie in den Jahren mißgepaart –

Hermia.

O Schmerz! zu alt, mit jung vereint zu sein!

Lysander.

Bald hing sie ab von der Verwandten Wahl –

...