: Heinrich Thies
: Susanne Mischke
: Das Mädchen im Moor Kriminalroman
: zu Klampen Verlag
: 9783866741102
: 1
: CHF 4.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 368
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Der Gymnasiallehrer Mathias Mahnke wird für den Mord an seiner Schülerin Annika zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Als Mahnke nach 17 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird, setzt er alles daran, seine Unschuld zu beweisen - vor allem mit Blick auf seinen Sohn Sören. Mit Hilfe einer Journalistin müht sich der frühere Lehrer, Licht in den mysteriösen Mordfall in einem Moorgebiet in der Lüneburger Heide zu bringen. Wer tötete Annika? Was geschah am Ufer des Grundlosen Sees? Was verschweigen Annikas frühere Mitschüler? Die Ermittlungen wühlen die Kleinstadt Walsrode auf und ziehen weitere Verbrechen nach sich. Der Mord an Annika verfolgt die Beteiligten von der beschaulichen Löns-Landschaft in der Heide bis zum Timmendorfer Strand.

Heinrich Thies, Jahrgang 1953, studierte Germanistik, Politik, Philosophie und Journalistik. Er ist Reporter bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und Autor der Bücher 'Geh aus, mein Herz, und suche Freud. Das Leben der Bäuerin Hanna' sowie 'Wenn Hitler tot ist, tanzen wir. Das Leben der Hilde Heart.'

Mittwoch, 5. September 2007, Benzen


 

»Johanna Freifrau von Seewald.« Johanna musste lächeln, als sie den Namen las, der in akkurater, steiler Schönschrift auf das Kuvert geschrieben war. Auch der Absender ließ sie schmunzeln: »Marie-Luise Gräfin von Seewald-Stieglitz.«

Als sie den Brief las, verging ihr das Lächeln.

 

»Liebe Johanna,

ich hoffe, es geht Dir gut in Deinem Geisterhaus in der Heide. Ich lese mit Bewunderung Deine Artikel im ›Forum‹. Ganz großartig. Wir sind stolz auf Dich.

Leider gibt es von uns nicht so schöne Dinge zu berichten. Die Gebrechen des Alters verwandeln uns allmählich in schwachsinnige Greise. Dein Großvater hört nun auch immer schlechter. Da ich selbst, wie du weißt, schon lange so gut wie taub bin, müssen wir uns anschreien, wenn wir uns unterhalten wollen. Würdest Du zufällig bei uns hereinschneien – worauf ich immer hoffe –, dächtest Du wahrscheinlich, wir hätten einen heftigen Streit. Man könnte lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Dabei verstehen wir uns noch recht gut. Wenn ich mich mal wieder über Deinen Großvaters ärgere – er ist immer noch so furchtbar vergesslich –, mache ich einfach einen kleinen Spaziergang durch den Drömling. Meine Beine tragen mich immerhin noch. Und wenn ich auch so kurzsichtig bin, dass ich zum Schreiben und Lesen eine Lupe brauche, so kann ich wenigstens noch den Wald und den Himmel sehen.

Aber diese Wehwehchen sind es nicht, deretwegen ich Dir schreibe. Ich wollte Dir berichten, dass mich Dein Vater besucht hat. Ja, ich weiß, Du wirst denken, ich sei verrückt geworden, einwenden, dass Dein Vater tot ist und ich mir das alles nur einbilde. Aber so ist es nicht, nein. Ich schwöre dir: Dein Vater war bei mir – so leibhaftig wie die beiden Spaziergänger, die in diesem Moment gerade an unserem Haus vorbeigehen.

Es war am Sonntagabend, kurz nach acht. Ich war dabei, diese neue Biografie über Friedrich den Großen zu lesen, da stand er auch schon vor mir.

›Guten Abend, Mutter‹, sagte er. Mehr nicht. Nur: ›Guten Abend, Mutter.‹

Ich muss gestehen, dass ich im ersten Moment zusammengezuckt bin, denn im Wohnzimmer war es schon ziemlich dämmrig und ich war ganz vertieft in meine Lektüre, sodass ich die Tür gar nicht gehört hatte. Außerdem sah Dein Vater etwas blass aus und brachte einen Kälteschub mit herein. Aber dann ist alles Erstaunen von mir abgefallen und ich habe mich