: Sunil Mann
: Der Kalmar Kriminalroman
: Grafit Verlag
: 9783894257965
: 1
: CHF 8.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zürich noir: eine Nacht, nach der nichts mehr ist, wie es war ... Ein schwüler Sommerabend in Zürich. Auftragskiller Herbert Russo soll den in der Auftragskiller Herbert Russo soll den in der Schweiz untergetauchten Mafiaboss Lorenzo Sposato eliminieren, der für seinen Clan zur Gefahr geworden ist. Gleichzeitig finden die Privatermittler Marisa Greco und Bashir Berisha heraus, dass ein renommierter Anwalt die Einnahmen aus dem Kokainhandel der kalabrischen Mafia in Luxusimmobilien investiert. Ein lukrativer Deal für beide Seiten, der nun aufzufliegen droht. Kurzerhand wird Russos Auftrag ausgeweitet, er soll die beiden Ermittler ebenfalls auslöschen. Auf die Agentur für unliebsame Angelegenheiten warten finstere Stunden - doch damit ist sie nicht allein ...

Sunil Mann wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren und gilt als einer der renommiertesten und vielfältigsten Autoren der Schweiz. Zwanzig Jahre lang hat er als Flugbegleiter gearbeitet, seit einigen Jahren ist er freischaffender Autor. Er schreibt Kriminalromane, Hörspiele, Kinder- und Jugendbücher. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. www.sunilmann.ch

Freitag, 17:36 Uhr
Langstrasse


»Vaffanculo!« Wütend stiert er dem Mann hinterher, der vor wenigen Sekunden noch neben ihm gesessen hat. Ein dunkler Umriss im Türrahmen, der sich mit dem nächsten Schritt im flirrenden Nachmittagslicht auflöst.

Und mit ihm die einzig saubere Lösung für sein Problem. Unter keinen Umständen hatte er den Auftrag am Telefon besprechen wollen, da er sich nicht sicher ist, ob er abgehört wird. Deshalb die überstürzte Verabredung in dieser Bar. Der Kerl harrte nicht einmal aus, bis er sein Anliegen zur Gänze vorgebracht hat, sondern lehnte umgehend ab und gab sich weder von seinem Flehen noch von der Aussicht auf Verdoppelung des ohnehin mehr als großzügigen Honorars beeindruckt. Mit einem Schnalzen glitt er vom Barhocker und ließ ihn einfach sitzen.

Albanischer Türsteher mit erstaunlich wenig Dreck am Stecken, dafür permanent klamm. Einer, der für Geld alles tut. Er hat sich im Milieu umgehört und dann telefonisch einen Kontaktmann beauftragt, das kurzfristige Treffen zu arrangieren. Aus irgendwelchen Gründen ist das gehörig in die Hose gegangen und um andere Auswege aufzutun, fehlt ihm die Zeit. Bleibt also doch alles an ihm hängen.

»Porca miseria!« Ächzend pult er ein zerknülltes Stofftaschentuch aus der Hosentasche und deponiert es auf dem Tresen, den Autoschlüssel legt er daneben. Hebt den Zeigefinger, um einen weiterenChivas zu ordern.

Zwischen den Flaschen hinter der Bar verschwimmt sein Spiegelbild auf schlierigem Glas. Ein Mann im mittleren Alter. Weiche Konturen, die Haut teigig. Der Schweißfilm lässt sein Gesicht speckig glänzen, durch das lichte Haar leuchtet helle Kopfhaut. Er ist untersetzt, isst gern, treibt kaum Sport. Das Familienleben hat ihn lasch werden lassen.

Die Kellnerin wirft ihm einen scharfen Blick zu, dem er ungerührt standhält. Schließlich schnappt sie sich die Whiskyflasche und füllt das Glas zwei Fingerbreit. Ehe er sich bedanken kann, steuert sie auf die beiden jungen Frauen am anderen Ende des Tresens zu.

Zwei Gören, kaum achtzehn, in knappen und teuer aussehenden Kleidern. Sie sind eben erst hereingerauscht, die eine blond, die andere rothaarig. Eiskalte Visagen und diese genervte Was-willst-du-Attitüde, wiegender Hüftschwung und hart auf den Boden knallende Absätze. Jeder Schritt ein Pistolenschuss. Und jetzt sitzen sie aufgedreht kichernd nebeneinander und bestellen Drinks mit bunten Schirmchen. In einem Moment tough bitches, im nächsten feiern sie Kindergeburtstag. Wie Mädchen sind in dem Alter. Vorglühen für eine lange Nacht auf der Zürcher Sündenmeile, nimmt er an, bevor sich seine Gedanken wieder verdüstern.

Acht Jahre, führt er sich vor Augen. Acht friedvolle Jahre. Er hat darauf spekuliert, dass sie ihn vergessen haben, dass sie keine Verwendung mehr für ihn gehabt, ihn womöglich sogar absichtlich übersehen hatten. Wieso auch nicht? Hat es alles schon gegeben. Glück hat viele Gesichter. Dass sie ihn für einen Schwächling halten, stört ihn nicht. Im Gegenteil, in seiner Familie ist das ein Vorteil. Deshalb haben sie ihn bislang nie behelligt. Keine Aufträge, keine Befehle, die als fadenscheinige Bitten daherkommen. Keine ominösen Treffen mit zwielichtigen Gestalten, keine schmutzigen Deals, keine Waffen, Drogen, Leichen im Kofferraum. Acht Jahre lang haben sie ihn in Ruhe gelassen. An guten Tagen hat er geglaubt, es wäre für immer.

Wie sehr er sich