: Jörg Maurer
: Hochsaison Alpenkrimi
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104007113
: Kommissar Jennerwein ermittelt
: 1
: CHF 9.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sterben, wo andere Urlaub machen Nach dem Bestseller ?Föhnlage? der zweite Alpenkrimi mit Kommissar Jennerwein. Beim Neujahrsspringen in einem alpenländischen Kurort stürzt ein Skispringer schwer - und das, wo Olympia-Funktionäre zur Vergabe zukünftiger Winterspiele zuschauen. Wurde der Springer etwa beschossen? Kommissar Jennerwein ermittelt bei Schützenvereinen und Olympia-Konkurrenten. Als ausgerechnet in einem Gipfelbuch per Bekennerbrief weitere Anschläge angedroht werden, kocht die Empörung im Ort hoch: Jennerwein muss den Täter fassen, sonst ist die Hochsaison in Gefahr...

Jörg Maurer liebt es, seine Leserinnen und Leser zu überraschen. Er führt sie auf anspielungsreiche Entdeckungsreisen und verstößt dabei genussvoll gegen die üblichen erzählerischen Regeln. In seinen Romanen machen hintergründiger Witz und unerwartete Wendungen die Musik zur Spannungshandlung.All dies hat Jörg Maurer auch schon auf der Bühne unter Beweis gestellt. Als Kabarettist feierte er mit seinen musikalisch-parodistischen Programmen große Erfolge und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine inzwischen fünfzehn Jennerwein-Romane sind allesamt Bestseller. Sein Roman »Shorty« war ebenfalls erfolgreich.Jörg Maurer lebt zwischen Buchdeckeln, auf Kinositzen und in Theaterrängen, überwiegend in Süddeutschland.

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Der Kameramann auf der Großen Olympiaschanze wusste gar nicht, wo er zuerst hinschwenken sollte, so babyaugenblau war der Himmel an diesem Neujahrstag, so dröhnend spannte er sich über das Werdenfelser Tal – so anzüglich glitzernd und dampfend buhlte jeder Einzelne der schneebedeckten Berge um die Aufmerksamkeit der sechsundzwanzigtausend Sportbegeisterten, die zum Neujahrsspringen gekommen waren. Unten im Loisachtal pflügte sich der namensgebende Fluss quer durch den Kurort – gerade eben noch war die Loisach als quicklebendiges Wildwasser über die nahe österreichische Grenze gepoltert, jetzt floss sie träge durch die leere Gemeinde – denn alle waren zur Schanze gepilgert: Adler gucken, Flugkurven bewundern, Deutschlanddaumen drücken. Eine Bombe hätte man werfen können im Ortskern, man hätte kaum jemanden getroffen.

 

Der Kameramann drehte sich nun um und schwenkte über den Hintergrund der Schanze, den dicht bewaldeten Gudiberg, an dessen Hang die beiden Sprungschanzen standen wie zwei vergessene Stöckelschuhe, aus denen gerade eine Riesin mit zwei unterschiedlich großen Füßen geschlüpft war. Gemessen am Alpenstandard war der Gudiberg natürlich nur ein Hügelchen, ein Dackelspaziergang – der gegenüberliegende Berg wiederum, auf den die Springer zuschossen, war schon eine Nummer felsiger: Die Kramerspitze schraubte sich da aus dem Schneemantel – ein frei stehender, knapper Zweitausender, quasi der Kilimandscharo des Werdenfelser Landes. Das Gipfelkreuz blinkte heute besonders frech von dort droben herunter, das ganze urtümliche Monstrum sah, mit ein bisschen Phantasie, wie ein schlafendes Nashorn aus, das zu wecken nicht ratsam war.

Die Wintersonne funkelte, kein Lüftchen regte sich hier oben auf dem Schanzenkopf. Das WetterhochCharlotte hatte den Himmel sorgfältig leergepustet, und der Föhn tat vielleicht noch ein Übriges, um die hingestreuten felsigen Schmuckstücke zum Greifen nah erscheinen zu lassen. Lange hielt der Kameramann auf die auffälligste Preziose in der Wettersteinkette, auf das markante Dreieck der Alpspitze, das etwas von einer Haifischrückenflosse hatte – das unvermeidliche Logo der ganzen Region. Das stramme Dreieck stellte für den wahren Bergfex wiederum nur einen Dackelspaziergang dar, klar. Aber vom Design her: Erste Sahne. Schließlich schwenkte der Kameramann noch hinüber zum Kleinen Waxenstein, dem unzugänglichen Kegelstumpf, der eigenbrötlerisch und trotzig nach vorn aus der Kulisse ragte. Abweisend war er wie ein nepalesischer Achttausender: Nur gucken, nicht raufsteigen! Trotzdem versuchten es jedes Jahr einige aufs Neue – und wurden zurückgeworfen ins herrliche Loisachtal.

 

Der Skispringer der dänischen Nationalmannschaft, der jetzt mit der Seilbahn die Große Olympiaschanze hinauffuhr, hatte momentan keinen Blick für all die Drei-Sterne-Sehenswürdigkeiten rundherum. Als er ausgestiegen war, schnaufte er ein paar Mal kräftig durch, als ob hier oben die Luft schon wesentlich dünner geworden wäre.

Der Stadionsprecher kündigte das Finalspringen an, und der Jubel der verkaterten Menge unten war gewaltig. Gerade vorhin noch hatte man Sekt gebechert, Blei gegossen, nach verlorenen Rindsfiletstückchen im Fonduetopf gefischt, gute Vorsätze gefasst, jetzt stand