1.
Das Licht an diesem Sommermorgen fiel zart flimmernd in das gemütliche Wohnzimmer der Wohnung meines Freundes im Hamburger Treppenviertel. Ich klappte den letzten Karton zu, schrieb groß »Erinnerungen« darauf und schob ihn zu den anderen. So viele Abschiede. Auch der von dieser wunderschönen Wohnung fiel mir nicht leicht. Die Schatten der Bäume neben dem Haus tanzten auf dem alten Parkett, welches knarzend jeden meiner Schritte beantwortete, als ich zum Balkon ging. Ich öffnete die Tür, und der leichte, cremefarbene Vorhang hob sich, vom Luftstoß erfasst. Die Vögel zwitscherten idyllisch, und die Blätter eines Ahorns wehten im Wind. Es sah aus, als winkten sie mir zum Abschied. Ich war unter der Woche selten um diese Zeit hier, weil ich sonst vormittags immer im Laden stand. Die sommerliche Atmosphäre der Ruhe mit diesem wunderschönen Ausblick über Blankenese täuschte eine freundliche Sorglosigkeit vor. Dabei ging es mir alles andere als gut. Denn all meine Gedanken drehten sich um die Frage, was mit Johann geschehen war. Auch zwei Tage nach der Übergabe meines Ladens, wo ich vergeblich auf ihn gewartet hatte, hatte ich nichts von ihm gehört. Dabei sollte es bald für uns losgehen nach Sylt.
Mein Puls raste, als ich zum gefühlt hundertsten Mal seine Nummer wählte.
»Derzeit bin ich leider nicht persönlich zu erreichen. Hinterlassen Sie gerne eine Nachricht, und ich melde mich. Danke.« Die fröhlich-lockere Ansage auf Johanns Anrufbeantworter machte mich wahnsinnig. Obwohl ich bereits zigmal aufs Band gesprochen hatte, hatte er nicht zurückgerufen. Mehrfach hatte ich ihm geschrieben. Die Nachrichten waren bei ihm angekommen, und er hatte sie gelesen. Eine Antwort kam nicht. Entweder hatte er kalte Füße bekommen und war untergetaucht, oder aber es war ihm etwas Schlimmes passiert.
»Johann, es reicht mir langsam«, wetterte ich mit zorniger Stimme nach dem Piepton auf das Band. »Ich fasse es nicht, dass du mich mit dem ganzen Stress jetzt hier einfach so allein lässt. Solltest du dich nicht heute noch bei mir melden, gehe ich davon aus, dass die Sache für dich eine Nummer zu groß war und du dich feige aus dem Staub machst. Wie widerlich dein Verhalten ist. Erst recht, wo du meine Geschichte kennst.« Schäumend vor Wut legte ich auf.
In den letzten Stunden hatte ich wie ferngesteuert weiterhin