: Judith Pein
: Im Einsatz für die Tiere Wenn Tiere vernachlässigt, gequält und im Stich gelassen werden - Die bewegendsten Fälle der Tierschutzdetektivin aus hundkatzemaus
: Heyne
: 9783641257743
: 1
: CHF 8.00
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: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 352
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Tier-Schicksale die unter die Haut gehen: Judith Pein über ihre spannenden Recherchen, emotionalen Tierrettungen und besonders schwere Fälle von Tierquälerei
Nie waren Tierhaltung und Tierschutz mehr Thema als jetzt: In Deutschland leben 30 Millionen Haustiere und 200 Millionen Nutztiere und viele davon unter schlimmen Umständen. Judith Pein ist Tierschutzdetektivin, sie deckt - unter anderem für die VOX-Sendung 'hundkatzemaus' - Fälle von Tierquälerei auf und rettet so viele Tiere, wie sie nur kann. Hier erzählt sie erstmals von ihren spannenden Recherchen, besonders schweren Fällen von Tierquälerei und emotionalen Tierrettungen: Sie findet unfassbare Mengen von Katzen bei sogenannten Animal Hoardern (Menschen, die krankhaft Tiere sammeln), rettet Ponys, die zu krank zum Stehen sind, und kämpft als Lockvogel der Polizei gegen die Welpen-Mafia. Neben den Schicksalen von Haustieren geht ihr auch das Leid der Tiere in der industriellen Tierhaltung sehr nahe: Um Missstände aufzuzeigen, recherchiert sie in Mastanlagen und findet Puten, deren Füße so entzündet sind, dass sie eingeschläfert werden müssen, und tote Kälber und Ziegen, die als ungewollte Nebenerzeugnisse der Milchindustrie einfach weggeworfen wurden. Sie erzählt von ihren Erfahrungen mit Behörden, trifft auf überforderte Amtsveterinäre und eingeschüchterte Zeugen. Und kommt manchmal auch an ihre Grenzen, wenn mangelhafte Gesetze, milde Strafen und Behördenwillkür ihre Arbeit erschweren. Berührend und aufrüttelnd!

Judith Pein hat Ethnologie, Philosophie und Germanistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster studiert. Nach einem journalistischen Volontariat und der Arbeit als Redakteurin bei einem Fernsehsender in Hamburg führte sie internationale Recherchen für die Tierrechtsorganisation PETA durch. Heute arbeitet die freie Journalistin für diverse Filmproduktionsfirmen und ist regelmäßig als Tierschutzdetektivin beihundkatzemaus auf VOX zu sehen. 2018 gründete sie den Verein 'Die Tierschutzdetektivin e.V.'. Judith Pein lebt mit ihren drei Hunden und vielen weiteren Pflegetieren in Nordrhein-Westfalen.

1. Ekelhafte Zustände bei einem Katzen-Hoarder

Es war Hochsommer im Jahr 2018. Ich bekam eine Meldung über ein Messie-Haus in Niedersachsen. In diesem sollten zahlreiche Katzen schon seit einigen Jahren unter katastrophalen Zuständen vegetieren. Die Rollläden des Hauses sollten immer geschlossen sein, die Katzen im Dunkeln leben. Wahrscheinlich vermehrten sie sich unkontrolliert, waren krank und womöglich starben immer wieder Tiere. Der Whistleblower, der mich alarmiert hatte, berichtete, niemand wisse genau, wie viele Katzen in dem Haus seien und unter welchen Bedingungen sie dort lebten. Man munkele nur. Man könne nur erahnen, wie es im Inneren des frei stehenden Einfamilienhauses aussehen müsse. Das Veterinäramt sei bereits vor Monaten darüber informiert worden, dass in diesem Haus Katzen litten. Doch nichts sei geschehen. Der Tierhalter selbst wohne schon gar nicht mehr dort, sondern komme nur vorbei, um die Samtpfoten zu füttern.

Ich bat den Mann um mehr Informationen. Er schickte mir daraufhin Fotos, auf denen sehr verschwommen eine Katze hinter einem dreckigen Fenster sowie ein vermüllter Hauseingang zu sehen waren. Mehr nicht. Er sagte, er wolle mir das Haus lieber persönlich zeigen, ich solle unbedingt rasch kommen. Das ließ mich erst mal daran zweifeln, dass an den Vorwürfen tatsächlich etwas dran war. Beweise für eine schlechte Tierhaltung waren diese Fotos jedenfalls nicht. Und sie hätten überall aufgenommen worden sein können. Mir kam der Gedanke, dass mich möglicherweise jemand in eine Falle locken wollte. Nicht immer mache ich mir Freunde, wenn ich Tierquälerei aufdecke. Deshalb bin ich lieber vorsichtig. Ich bat meinen Zeugen um weitere Beweisaufnahmen. Es musste doch möglich sein, ein Rollo hochzuschieben und in das Haus hineinzusehen. Vor allem, da es unbewohnt war. Aber weitere Bilder bekam ich nicht. Und auch der Zeuge meldete sich eine Zeit lang nicht. Der Fall wirkte irgendwie suspekt auf mich.

Doch die Gedanken an die Katzen, die dort angeblich leben und sterben sollten, ließen mir keine Ruhe. Ohne meinem Informanten Bescheid zu geben – für den Fall, dass er mir tatsächlich auflauern wollte –, fuhr ich mit einem Tierschutz-Kollegen drei Stunden lang zu dem Haus mitten in Niedersachsen. Ich musste mir ein Bild vor Ort machen und versuchen, einen Blick auf die Katzen zu werfen. Es konnte doch nicht sein, dass mitten in einer ruhigen Straße, umgeben von Nachbarn, seit Jahren solch ein Elend herrschte. Wie schlimm dieses Elend tatsächlich war, würde mich schon bald überraschen.

Am helllichten Tag erreichten mein Helfer und ich das Haus. Wir parkten ein Stück die Straße runter und spazierten unauffällig zu dem Grundstück. Wir begegneten niemandem. Das Haus war umwuchert von Hecken. Die Rollläden waren tatsächlich alle heruntergelassen. Wir blickten uns um. Niemand war zu sehen, kein Auto kam. Dann liefen wir schnell an einer Seite des Hauses entlang in dessen Garten, wo uns das dichte Grün vor neugierigen Blicken schützte. Das Gartengrundstück war weder für die Nachbarn noch für Passanten auf der Straße einsehbar. Wir waren also erst einmal perfekt getarnt. Von hier gingen wir auf eine verdreckte Terrasse und standen vor der Hintertür des Hauses. Auch hier waren die Rollläden heruntergelassen. Auf und neben der Terrasse lagen Gerümpel und Müll herum – wie bei einer typischen Messie-Wohnung. Von Tieren allerdings gab es noch keine Spur. Mit Gummihandschuhen versehen versuchten wir die Rollläden der Terrassentür hochzuhieven. Diese waren ziemlich schwer, aber wir schafften es und konnten sie etwa zwanzig Zentimeter anheben. Gleichzeitig strömte ein widerlicher Geruch unter dem Rollo hervor. Mir wurde direkt schlecht. Keine Frage, das war der typische Geruch von Katzenfäkalien. Und zwar von viel Katzenfäkalien. Das Ekelgefühl musste ich unterdrücken, um nicht zu würgen. Ich wollte jetzt umso mehr ins Innere des Hauses schauen. Nun war klar, dass Tiere in dem Haus waren oder zumindest gewesen waren. Ich leuchtete mit meiner Kameralampe durch das Fenster, das so dreckig war, dass ich kaum etwas erkennen konnte. Nun verstand ich, warum auf dem Foto des Informanten nur verschwommen eine Katze zu sehen war und er mir nicht mehr Bilder geschickt hatte. Mein Adrenalinpegel stieg. Sollten tatsächlich Tiere hier drin gefangen und in Not sein? Ich konnte durch die trübe Sicht nur erahnen, was sich im Inneren des Hauses abspielte. Es gab keinerlei Lichtquelle darin.

Blick ins Katzenmessie-Haus

Plötzlich sprang eine Katze von innen ans Fenster. Sie blinzelte gegen das Licht meiner